acatech am Dienstag: Straßenverkehr 2030 – alles automatisiert?
München, 20. Januar 2017
Sind wir bald Mitfahrer im eigenen Auto? Wer haftet bei einem Unfall? Und wie ändern sich die Anforderungen an die Entwicklung von Fahrzeugen? Zu Fragen rund um den automatisierten Straßenverkehr diskutierten Dirk Wisselmann (BMW), Peter Pfeffer (Hochschule München) und Helmut Schönenberger (UnternehmerTUM) am 17. Januar auf einer Veranstaltung der Reihe „acatech am Dienstag“ in München.
Auf den Straßen im Jahr 2030 herrscht ein Mischverkehr: Fahrzeuge unterschiedlicher Automatisierungsstufen sind gleichberechtigt unterwegs, kommunizieren untereinander und mit anderen Verkehrsteilnehmern. Die Grenzen zwischen individuellem und öffentlichem Transport verschwimmen, der Verkehr ist schneller, sicherer und zuverlässiger als heute. Dieses Zielbild skizzierte Dirk Wisselmann, Referent Automatisiertes Fahren bei der BMW AG, vor knapp 130 Gästen als Ergebnis einer kürzlich veröffentlichten acatech STUDIE zur Zukunft des automatisierten Fahrens. Autos werden demnach 2030 über einen längeren Zeitraum selbständig auf Autobahnen unterwegs sein. Vollautomatisiertes Fahren sei bis dahin nicht zu erwarten – und grundsätzlich erst dann, wenn die eingesetzten Systeme absolut sicher und vor möglichen Hackerangriffen geschützt seien, so Dirk Wisselmann.
Voraussetzung dafür seien autonome Systeme, die nicht auf digitale Infrastrukturen angewiesen sind, so Peter Pfeffer, Professor für Fahrmechanik an der Hochschule München. Aufgrund der Sicherheitsrisiken seien die Entwicklungsanforderungen in der Automobilbranche generell weit höher als in anderen Branchen und erforderten umfangreiche Tests, die alle denkbaren Sonderereignisse berücksichtigen.
Technologisch erdacht und erprobt ist und wird aktuell vieles – rasant schnell. Start-ups entwickelten innerhalb weniger Wochen Prototypen für spezifische Anwendungen, so Helmut Schönenberger, Mitgründer und CEO von UnternehmerTUM, Innovations- und Gründungszentrum der TU München und seit Ende 2016 Digital Mobility Hub des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wichtig für den Standort Deutschland sei, den Gründern optimale Bedingungen zu bieten, um ihr Know-how im Wettbewerb mit Ländern wie Israel, den USA und China zu halten.
Verantwortung trägt weiterhin der Mensch
Moderiert wurde die Veranstaltung, die aufgrund der großen Teilnehmerzahl ausnahmsweise in den Räumen des TÜV SÜD stattfand, von Stefanie Baumann, wissenschaftliche Referentin bei acatech. Die Diskussion mit den Gästen fokussierte auf Fragen der Sicherheit und Haftung. So sei beim teilautonomen Fahren sicherzustellen, dass Fahrerinnen und Fahrer trotz abnehmender Routinen in der Lage sind, in kritischen Situationen das Lenkrad verlässlich zu übernehmen – etwa durch regelmäßige Trainings an Simulatoren, wie im Luftverkehr üblich.
Einigkeit herrschte in dem Punkt, dass ein öffentlicher Diskurs nötig sei, um die Fragen zu disuktieren, die der Bevölkerung beim automatisierten Straßenverkehr am Herzen liegen. Dabei sollte deutlich werden, welche Absicherungen die Hersteller bieten und wo die Fahrerinnen und Fahrer weiterhin die Verantwortung tragen. Dass sich die Verantwortung nicht an ein System abgeben lässt, bekräftigte acatech Mitglied Klaus Mainzer, Wissenschaftsphilosoph und Emeritus of Excellence der TU München, in einem abschließenden Plädoyer für ein verantwortungsbewusstes Ingenieurwesen. Hinter jeder Technologie stünden Menschen, so Klaus Mainzer. Sie müssten bei der Entwicklung von Algorithmen die damit abgebildeten Situationen durchdringen – und zudem stets die aktuellen Grenzen von bestimmten Anwendungen anerkennen.
Über acatech am Dienstag
Mit der Veranstaltungsreihe „acatech am Dienstag“ lädt acatech einmal im Monat zu aktuellen und kontroversen Technikthemen in das acatech Forum am Münchner Karolinenplatz ein. Eingeladen sind interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien.