Technik und Gesellschaft: acatech Symposium berät über Fracking, Gentechnik und Industrie 4.0
Potsdam, 18. Januar 2016
Was denken die Menschen in Deutschland über Industrie und Infrastruktur, wie entstehen Einstellungen und wie lassen sie sich messen? Am 18. Januar diskutierten Wissenschaftler, Politiker, Wirtschafts- und Medienvertreter auf dem acatech Symposium „Industrie – Infrastruktur – Gesellschaft“ über die Akzeptanz von Technik und Infrastrukturen. Am Beispiel der Fracking-Technologie, der Gentechnik und chemischen Industrie wurden Herausforderungen der Technikkommunikation erläutert. Diskutiert wurde auch ein regelmäßiger Technik-Radar, um die Akzeptanz neuer Technologien in Deutschland besser zu verstehen.
Die gesellschaftliche Akzeptanz von Technik, Industrie und Infrastruktur beeinflusst die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft unmittelbar. Aber wie formen sich Zustimmung, Kontroversen und ablehnende Haltungen gegenüber Technologien und Infrastrukturen? Und wie gelingt eine sachorientierte Debatte? Diesen Fragen widmete sich das von acatech Präsidiumsmitglied Ortwin Renn geleitete Symposium in der Akademie der Deutschen Bahn in Potsdam. Rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellten sich diesen Fragen anhand von sechs Themen: Industrie-Produktion, Industrie 4.0, Infrastruktur für Mobilität, Gentechnik und Fracking. Ein Methodenworkshop diskutierte ein Konzept für ein Technik-Radar, eine jährliche Studie zu Technikeinstellungen in Deutschland.
Ein Expertengespräch zur Akzeptanz von Technik, Industrie und Infrastruktur widmete sich der Frage, wie Bürgerinnen und Bürgern besser über Technologien und Infrastrukturen informiert werden können, damit gesellschaftliche Dialoge zu immer komplexeren technischen Zusammenhängen auf möglichst hohem Niveau geführt werden können. Martin Bachmann, Vorstandsmitglied der Wintershall GmbH, plädierte neben einer Stärkung der MINT-Bildung dafür, Dialoge zu Technologien wie zum Beispiel Fracking vorrangig auf lokaler Ebene mit Betroffenen zu führen, statt auf institutionelle Multiplikatoren wie Verbände zu setzen.
Stefan Haver, Leiter Corporate Responsibility bei Evonik, betonte, dass Wissenschaft und Wirtschaft den Nutzen von Technologien besser für Laien darstellen müssten. Die Informationstechnologie sei ein gutes Beispiel, wie Technologie und Infrastrukturen als Erfolgsgeschichten erzählt werden können, mit denen sich Anwender und Konsumenten identifizieren können.
Die Bundestagsabgeordnete Simone Raatz verwies auf eine grundsätzlich sehr positive Einstellung der Bevölkerung zu Wissenschaft und Forschung. Am Beispiel der Stiftung Haus der kleinen Forscher erläuterte sie, wie bereits im Kindesalter Interesse und Begeisterung für Naturwissenschaften und Technik geweckt werden kann.
Im Abschlusspanel regte Steffi Ober, Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende, an, Akteure der Zivilgesellschaft stärker in die Wissenschaftskommunikation einzubinden. Ferner gelte es, nicht nur die Wissenschaftskommunikation im Sinne einer scientific literacy zu stärken, sondern vor allem die Urteilskompetenz der Bevölkerung zu stärken (transformative literacy).
Auch die Wissenschaftspublizistin Heidi Blattmann mahnte an, ein hohes Maß an Technikbildung in der Gesellschaft werde immer wichtiger, angesichts zunehmend komplexer technologischer Herausforderungen. Es sei darüber hinaus zu erforschen, warum Menschen bestimmten Technologien hohes Vertrauen entgegenbringen, anderen wiederum nicht.