Kleine Moleküle – Große Herausforderungen: Science & Technology Cafés
Greifswald, 11. September 2016
Zum Kaffee Ammoniak und Kohlendioxid: Zwei kleine Moleküle mit großer Bedeutung standen im Mittelpunkt der acatech Science Cafés auf der 129. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Dialogveranstaltungen.
Ernährung und Energie, Klimawandel und Fotosynthese – Ammoniak und Kohlendioxid sind im Spiel. Deshalb waren sie das Thema zweier Science Cafés, zu denen acatech auf der GDNÄ-Tagung in Greifswald einlud. Unter anderem ging es um Umwandlungsprozesse: Wie gelingt Chemikern die Stickstofffixierung? Wie ist der Stand bei der künstlichen Fotosynthese? Was können wir uns von der Natur abschauen? Darüber diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einer Tasse Kaffee.
Ob Düngemittel oder Sprengstoff – Ammoniak ist ein Schlüsselmolekül. Ammoniak besteht aus Stickstoff, der 70 Prozent unserer Luft ausmacht, und Wasserstoff. Stickstoff selbst, wie er in der Luft vorkommt, ist ein träges Molekül, das nur schwer chemische Reaktionen eingeht. Deshalb ist die Stickstofffixierung, also die Aktivierung von Stickstoff durch Verbindung mit anderen Elementen, ein Schlüsselprozess in Natur und Technik. Kerstin Berlin von YARA GmbH & Co. KG erläuterte die Bedeutung der Stickstofffixierung für die Ernährung von Pflanze und Mensch. Unsere Landwirtschaft sei auf Düngemittel angewiesen, die auf der Stickstofffixierung beruhen. Sie verdeutlichte auch, wie schwierig eine effiziente Düngeplanung auf dem Acker ist angesichts wechselnden und nicht vorhersagbaren Wetters. Intelligente Technologien in der Landwirtschaft zielen auf einen immer präziseren und damit reduzierteren Einsatz von Düngemitteln.
Jürgen Renn vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte beleuchtete die Geschichte der Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens zur technischen Herstellung von Ammoniak, das wiederum die Grundlage zur Herstellung von Stickstoffdünger ist. Mehr als 100 Millionen Tonnen aktiven Stickstoffs werden weltweit produziert. Er erhöht die Produktivität der Landwirtschaft, hat aber auch ökologische Folgen, wie etwa die Überdüngung von Gewässern. Noch immer ist die technische Ammoniakgewinnung ein energiehungriger Prozess. Robert Schlögl vom Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft erläuterte aktuelle Forschungsansätze, die es der Natur gleichtun und Stickstoff ohne Hitze und Hochdruck fixieren möchten. Man sei jedoch noch weit davon entfernt, den biologischen Prozess der Stickstofffixierung wirklich nachahmen zu können.
Die künstliche Fotosynthese könnte in Zukunft aus einem Treibhausgas einen Rohstoff machen. So groß das Potenzial der Fixierung und Nutzung von Kohlendioxid ist, so groß sind bis heute die wissenschaftlich-technischen Herausforderungen. Die Gäste des Cafés diskutierten über Forschungsansätze in Deutschland und blickten voraus bis ins Jahr 2050. Dazu stellte Bärbel Friedrich, Leopoldina und Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald, das natürliche Vorbild vor: Pflanzen und Mikroorganismen beherrschen die Fotosynthese seit Milliarden Jahren. Sie erläuterte, wie Forscher die natürliche Fotosynthese mit molekularbiologischen Methoden untersuchen und verändern. Günter Schmid von der Siemens AG stellte einen Prozess vor, der mit überschüssigem Strom aus Wind und Sonne das Treibhausgas Kohlendioxid in Kohlenstoffverbindungen umwandelt, die dann als Energieträger oder Rohstoff nutzbar sind.
Bereits bei den letzten GDNÄ-Versammlungen 2012 in Göttingen und 2014 in Mainz hatte die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften Science & Technology Cafés veranstaltet. Im Bereich Technikkommunikation setzt sich acatech mit der Frage auseinander, wie zukünftig die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Technik auf der einen sowie Medien und Öffentlichkeit auf der anderen Seite gestaltet werden sollte. Dafür strebt die Akademie die Entwicklung von neuen Kommunikationsformaten an, die eine bessere Information und Beteiligung ermöglichen sollen.
Weiterführende Informationen