Schulen fit für den digitalen Wandel machen – Perspektiven aus der Bildungswissenschaft
München, 26. Oktober 2018
Während Frankreich ein Handyverbot an Schulen einführt, formulieren Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Vorschläge für die „Schule in der digitalen Transformation“. Heranwachsende sollen in ihrer digitalen Mündigkeit gestärkt werden – das ist das Anliegen des Diskussionspapiers, das eine Arbeitsgruppe von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften am 26. Oktober vorgelegt hat.
Mit dem DigitalPakt Schule wollen Bund und Länder für eine bessere Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik sorgen. Ab 2019 sollen die Mittel bereitstehen. Das Grundgesetz muss zuvor so geändert werden, dass der Bund allen Ländern und Kommunen Finanzhilfen für die Bildungsinfrastruktur gewähren kann. Doch wie lassen sich die Mittel am besten einsetzen? Bildungswissenschaftlerinnen und Bildungswissenschaftler formulieren in der acatech DISKUSSION „Schule in der digitalen Transformation“ Vorschläge.
„Viele Initiativen, Schulen fit für das digitale Zeitalter zu machen, und auch öffentliche Diskussionen verlieren sich allzu häufig in Details. Die Ausstattung mit Tablets oder Whiteboards allein bringt keine digitale Bildung und Mündigkeit. Vielmehr muss es in der digitalen Bildung um die Fähigkeit zur Reflexion, zum selbstständigen Lernen und zum schnellen Problemlösen gehen. Deshalb wollen wir mit unserem Papier Erkenntnisse aus der Bildungsforschung in die Diskussion einbringen“, so Mitautorin Kristina Reiss, Sprecherin des acatech Arbeitskreises Bildung und Inhaberin des Heinz Nixdorf-Stiftungslehrstuhls für Didaktik der Mathematik an der TU München.
Grundkompetenzen für die digitale Transformation
Die Digitalisierung muss von den Menschen gestaltet werden. Damit sie dazu in der Lage sind, müssen sie in Schulen in ihrer digitalen Mündigkeit gestärkt werden. Die Fähigkeit zum souveränen Umgang mit digitalen Technologien und Medien ist dabei unerlässlich. Schülerinnen und Schüler benötigen Wissen über die Funktionsweise von digitalen Technologien (informatische Grundkompetenzen), um diese praktisch anwenden und verstehen, ihren Einfluss erkennen und sich eigene Urteile bilden zu können. Aber auch die Förderung der Fähigkeiten zur Reflexion, zum selbstständigen und lebenslangen Lernen oder zum Problemlösen müssen im schulischen Lehrplan einen Platz finden.
Gerade im Austausch mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft könnten Schülerinnen und Schüler diese Fähigkeiten entwickeln, weshalb sich die Autorinnen und Autoren für eine größere Offenheit von Schulen aussprechen.
Grundsätzlich empfehlen die Forscherinnen und Forscher eine stärkere Verwendung digitaler Medien in der Schule. Der bloße Einsatz von Tablets oder Whiteboards im Unterricht, so zeigen es Untersuchungen, reiche dabei jedoch nicht aus. Die Unterrichtsmethoden und Didaktikkonzepte müssten mit den technischen Entwicklungen Schritt halten. Gute Ergebnisse seien z.B. eher mit Blended Learning zu erreichen, also mit einer aufeinander abgestimmten Kombination von Präsenzveranstaltungen und digitalen Lernangeboten.
Bewusstseinswandel muss durch eine veränderte Lehrkräftebildung erreicht werden
Der Grundstein für diesen Bewusstseinswandel müsse bereits in der Lehrkräftebildung gelegt werden, heißt es im Papier. Deshalb sollte die Lehramtsausbildung an Hochschulen nicht nur finanzielle und organisatorische Unterstützung erhalten. Modellhaftes Lernen mit digitalen Technologien müsse stärker im Curriculum verankert werden. Nach Studienabschluss – in der Referendariatszeit sowie der weiteren Lehrerlaufbahn – sollten den Lehrkräften darüber hinaus Anreize für eine kontinuierliche Weiterqualifizierung geboten werden.
„Die Digitalisierung ist als Unterrichtsgegenstand und zugleich als Mittel des Lehrens und Lernens eine Kernaufgabe. ‚Digital Literacy‘, also Kenntnisse zur Aneignung und Verarbeitung von Wissen mithilfe digitaler Tools, muss zu einer Querschnittskompetenz für alle Fächer und aller Lehrkräfte werden“, erklärt acatech Mitglied Olaf Köller, Leiter der Autorengruppe und Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor des IPN Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik.