Wie sich Vertrauen in die Marktwirtschaft zurückgewinnen lässt
München, 13. Dezember 2018
Eine Autorengruppe um den Wirtschaftsweisen Christoph M. Schmidt und acatech Gründungspräsident Joachim Milberg wirbt dafür, das Vertrauen in die Marktwirtschaft zurückzugewinnen. Die Autoren rufen Eliten in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf, entsprechend Verantwortung im öffentlichen Diskurs wahrzunehmen. Sie schlagen Leitgedanken für ein neues Narrativ vor – ein Debattenanstoß weit über das ausklingende Jahr hinaus.
Die Marktwirtschaft hat ein Imageproblem. Viele Menschen scheinen einen Widerspruch zu empfinden zwischen ihren moralischen Vorstellungen von Freiheit, Würde, Solidarität und Gerechtigkeit einerseits und den ökonomisch-technischen Erfordernissen der Marktwirtschaft andererseits. Solche Widersprüche, heißt es in einem heute veröffentlichten Diskussionspapier, gefährdeten langfristig das Vertrauen in die hierzulande vorherrschende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung – und damit auch die Innovations- und Zukunftsfähigkeit Deutschlands.
Die Autorengruppe empfiehlt den Eliten in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im öffentlichen Diskurs einen offensiveren, kompetenteren und theoretisch belastbaren Beitrag für ein tragfähiges Narrativ zu leisten, das die normativen Grundlagen unserer Kultur stärker mit den Grundlagen der Marktwirtschaft versöhnt. Als Leitgedanken für ein solches Narrativ schlagen sie vor:
- Die Marktwirtschaft ist das beste bekannte Wirtschaftssystem zur Verwirklichung der Freiheit jedes Einzelnen und der Solidarität aller Menschen innerhalb einer modernen Gesellschaft.
- Sie ist deshalb anderen bekannten Systemen nicht nur ökonomisch überlegen, sondern auch moralisch.
- Diese Perspektive dient gleichzeitig als wichtiger Referenzpunkt für den Umgang mit Fehlentwicklungen real existierender Marktwirtschaften und für einen glaubwürdigen sowie verantwortungsbewussten Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs.
Die Eliten müssen in diesem Zusammenhang auch ihre eigene Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Vor allem durch kongruentes Reden und Handeln und durch Einhalten des Regelsystems, das den Markt und den Wettbewerb erst ermöglicht (insbesondere kein Protektionismus). Von unternehmerischem Fehlverhalten (z.B. Marktmanipulationen und Sozialisierung von Verlusten, wenn Haftung und Handeln auseinanderfallen) müssten sie sich entschieden distanzieren. Zudem sei eine Bereitschaft zum öffentlichen Diskurs unabdingbar, um Transparenz und Vertrauen herzustellen.
Die Autoren des Diskussionspapiers sind Christoph M. Schmidt (acatech Präsidium und Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung), Karl Homann (acatech Mitglied und Begründer der Wirtschaftsethik in Deutschland), Joachim Weimann (acatech Mitglied und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Magdeburg), acatech Gründungspräsident Joachim Milberg, und Thomas Lange (Leiter des acatech Themenschwerpunkts Volkswirtschaft, Arbeit und Bildung). Mit ihrem Beitrag setzen sie sich für einen intensiveren Dialog von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu Funktionsweise und Sinn unserer Wirtschaft ein.