acatech am Mittag: Bundestagsabgeordnete diskutieren die Zukunft der Gesundheit
Berlin, 17. November 2022
Was denken die Deutschen über die ePa, und was bedeutet das für die Politik? In Berlin kamen Bundestagsabgeordnete und Mitarbeitende aus Abgeordnetenbüros in einer parlamentarischen Gesprächsrunde zum TechnikRadar 2022 von acatech, Körber-Stiftung und ZIRIUS – Zentrum für interdisziplinäre Risikoforschung der Universität Stuttgart zusammen. Ortwin Renn, Mitglied im acatech Präsidium und wissenschaftlicher Direktor am IASS Potsdam präsentierte aktuelle Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Zukunft der Gesundheit. Sebastian Zilch, Unterabteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, stellte den laufenden Strategieprozess zur Digitalisierung des Gesundheitssystems vor und erläuterte Herausforderungen am Beispiel der elektronischen Patientenakte (ePA).
Das von acatech und Körber-Stiftung hausgegebene TechnikRadar fragt regelmäßig danach, was die Deutschen über Technik denken. Die jüngste Erhebung zeigt, dass die Technikskepsis der Bevölkerung seit 2017 kontinuierlich abnimmt. Nur noch 23,1 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass durch Technik mehr Probleme entstehen, als gelöst werden. Vor fünf Jahren waren es noch 35,5 Prozent. Auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens wird in der Bevölkerung positiv wahrgenommen – der Nutzen wird ähnlich hoch eingeschätzt wie in den Bereichen Wirtschaft und Verwaltung. Entscheidend für diese Akzeptanzwerte seien die hohe Datenschutzstandards in Deutschland, unterstrich Ortwin Renn. Bei der Einführung neuer digitaler Dienstleistungen im Gesundheitswesen seien grundsätzlich diejenigen besonders zu adressieren, die über die geringsten digitalen Gesundheitskompetenzen verfügten. Dabei seien nicht nur bestimmte alters- und geschlechtsspezifische Zielgruppen in den Blick zu nehmen, sondern genauso Unterschiede bei der Lebensweise und dem individuellen Ausstattungsniveau.
Die Digitalstrategie des Bundesgesundheitsministeriums soll in der Umsetzung genau diese Aspekte berücksichtigen. Der partizipative Prozess der Strategieformulierung ermögliche eine breite Beteiligung aller relevanten Akteure des Gesundheitswesens und der Pflege, erklärte Unterabteilungsleiter Sebastian Zilch. Auf diese Weise sei es gelungen, den Prozess konsequent am Menschen auszurichten, um eine digital unterstützte Gesundheits- und Pflegeversorgung zu schaffen. Ziel des Strategieprozesses seien – neben der Vorbereitung von Gesetzgebungsverfahren – begleitende Kommunikationsmaßnahmen, die konkrete Vorteile der Digitalisierung anschaulich vermitteln. Mit Beispielen einer höheren Ergebnisqualität von Behandlungen oder verbesserten Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen seien deutlich mehr Personen zu erreichen als mit vermeintlich abstrakten Digitalprojekten. Bis Ende November sei mit Eckpunkten einer neuen Digitalstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege zu rechnen. Die Veröffentlichung der Strategie ist für das erste Quartal 2023 geplant.
In der abschließenden Diskussion wurde auch Kritik an einzelnen Digitalisierungsprojekten laut – insbesondere an der bereits 2021 eingeführten, aber bislang wenig erfolgreichen ePA. Das Angebot wird heute von nur 0,6 Prozent aller Versicherten genutzt. Hintergrund seien unter anderem geänderte Verifikationsprozesse, die eine Nutzung durch Versicherte deutlich erschwerten. An dieser Stelle bestehe dringender Handlungsbedarf, darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der parlamentarischen Gesprächsrunde einig. Der Schlüssel zum Erfolg der Digitalisierung sei der Dreiklang aus Datenschutz, Datensicherheit und Datennutzung.