Bundespräsident Steinmeier: „Abschottung, das sollten wir gelernt haben, schafft Stillstand.“

Berlin, 12. Oktober 2023
Souveränität in der Transformation – und der Beitrag technologischer Innovationen: Das waren Leitthemen der acatech Festveranstaltung am 10. Oktober im Berliner Konzerthaus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach sich für einen offenen Wettbewerb der besten Ideen aus und unterstrich gleichzeitig das Ziel strategischer Souveränität.
Der Abend in Berlin war ein Aufbruchssignal. Mehr als 700 Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft folgten der Einladung von acatech ins Berliner Konzerthaus, darunter neben dem Bundespräsidenten viele Abgeordnete des Deutschen Bundestags und führende Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach als Festredner und als Schirmherr der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und stellte Fragen der Transformation in den Mittelpunkt. „Ich denke, wir sollten unsere Perspektive mehr an Max Frisch orientieren und uns als Individuen und Gesellschaft gleichermaßen zutrauen, Zukunft gestalten zu können. Und das bedeutet: Perspektiven entwickeln, den Horizont erweitern und ja, auch immer wieder Neues wagen. All das brauchen wir in der Phase des Umbruchs, in der wir sind. An der Vergangenheit festzuhalten, Wandel zu ignorieren, Veränderung zu verweigern, das ist keine Option – erst recht nicht in einer offenen Gesellschaft wie der unseren. Aber: Wir müssen der Veränderung – das ist Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – eine Richtung geben!“
Dabei unterstrich er das von acatech vertretene Ziel strategischer Souveränität: „Der Weg dahin ist in unterschiedlichen Branchen und Technologien unterschiedlich weit. Der Anspruch ist groß, aber das Ziel völlig richtig. Wir dürfen nicht Getriebene einer technischen oder geopolitischen Entwicklung werden, sondern müssen sie beeinflussen, gestalten oder – wie ich ganz am Anfang gesagt habe – dieser Entwicklung eine Richtung geben!“
Gleichzeitig sprach sich der Bundespräsident für Offenheit und internationale Kooperation aus: „Abschottung, das sollten wir gelernt haben, schafft Stillstand. Vernetzung dagegen schafft Ideen – im Idealfall einen Wettbewerb der besten Ideen. Daher meine Bitte an Sie: Erheben Sie Ihre Stimme gegen all diejenigen, die Abschottung propagieren! Erheben Sie Ihre Stimme für eine freie, offene, international vernetzte Gesellschaft!“
Am Beispiel Künstlicher Intelligenz sprach sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für eine innovationsfreundliche, aber an Individuum, Gesellschaft und Demokratie ausgerichtete Regulierung aus: „Technik wird nie, auch nicht in Form einer KI, am Ende zu besseren, stärker am Gemeinwohl orientierten Ergebnissen kommen, als wir Menschen sie erreichen können. Für Gerechtigkeit, für Kompromisse, für zukunftsweisende Entscheidungen – dafür, und das ist nicht technikfeindlich, sondern meine politische Überzeugung, dafür braucht es die Demokratie, dafür braucht es Menschen. Es braucht daher eine kluge Regulierung. Eine Regulierung, die Raum lässt für Innovation, für neue Möglichkeiten, aber Gefahren wie die eben beschriebenen für die liberalen Demokratien gleichermaßen in den Blick nimmt.“
Rede des Bundespräsidenten auf der acatech Festveranstaltung 2023
Jan Wörner antwortete als acatech Präsident auf die Rede des Bundespräsidenten. „Ich bedanke mich im Namen der Akademie: Für Ihre Unterstützung und für Ihre Impulse, wie sich acatech und wie sich die Technikwissenschaften zum Wohle unseres Landes und seiner internationalen Partner einbringen können.“ Er nahm die Abwägung des Bundespräsidenten zwischen Kooperation und Souveränität im internationalen Wettbewerb auf: „Wettbewerb ist ein Treiber, Kooperation ist ein Ermöglicher. Wir brauchen beides. Wir alle sind Astronauten auf einem winzigen Objekt im Weltall, unserer Erde. Auch in politischen schwierigen geopolitischen Situationen müssen Wissenschaft und Forschung eine ‚Bridge over Troubled Water‘ bilden.“
Rede des acatech Präsidenten Jan Wörner auf der acatech Festveranstaltung 2023
Marion Merklein gab der acatech Festveranstaltung 2023 einen wissenschaftlichen Impuls. Die Produktionsforscherin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ist Mitglied des Rats für Technologische Souveränität. Diese erfordere Verständnis der zugrundeliegenden Systeme und die Fähigkeit, Schlüsseltechnologien zu beherrschen und zu gestalten. Die wichtigste Voraussetzung technologischer Souveränität jedoch seien gebildete, technologieoffene Menschen. Deshalb forderte sie eine Stärkung der Bildung – von der frühkindlichen Bildung bis zur Förderung lebenslangen Lernens.
Rede von Marion Merklein (FAU) auf der acatech Festveranstaltung 2023
acatech Präsident Thomas Weber bedankte sich für das Vertrauen und Engagement aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und gesellschaftlichen Organisationen. „Mir ist es ein Anliegen, diese Zusammenarbeit weiter zu stärken und insbesondere den Schulterschluss zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu intensivieren. Die Akademie muss Kompass und Korrektiv sein, um die Transformation durch technologische Innovation zu bewirken und zu ermöglichen. Eine starke Forschung, verbunden mit innovativen Unternehmen und einer innovationsfördernden Politik: Dafür setzt sich acatech und setzen sich viele Menschen hier in diesem Saal ein.“
Rede des acatech Präsidenten Thomas Weber auf der acatech Festveranstaltung 2023
Eindrücke der Veranstaltung
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