Die Blockchain vergisst nichts – Experteninterview mit Claudia Eckert
10. Oktober 2018
Die Blockchain-Technologie ist stark gehyped, aber ebenso umstritten. Was macht sie aus? Welche Chancen bietet sie? Welche Missverständnisse gibt es? Und wie kann eine Blockchain-Strategie der Bundesregierung aussehen? Antworten gibt Claudia Eckert, Mitglied der Blockchain Projektgruppe der acatech HORIZONTE.
1. Das Thema Blockchain ist derzeit in aller Munde – gibt es zu dieser Technologie auch noch offene Fragen?
Im Kontext der Blockchain gibt es noch viele Missverständnisse und offene Punkte. Zum Beispiel wird oft vorausgesetzt, dass die Daten in einer Blockchain immer vertrauenswürdig und korrekt seien. Tatsächlich wird der Wahrheitsgehalt der Daten aber nicht notwendigerweise geprüft, bevor sie in die Blockchain übernommen werden.
2. In einer Blockchain können Daten nicht gelöscht werden. Was hat das für Auswirkungen?
In der Tat sind die Daten in einer Blockchain permanent abgespeichert. Dies führt einerseits zu Verlässlichkeit, bedeutet aber auch, dass fehlerhafte Informationen, die einmal in einer Blockchain eingeschrieben sind, nicht mehr gelöscht werden können. Ob Fake-News oder Beleidigungen, eine Blockchain speichert alles. Auch steht der Aspekt der Unlöschbarkeit in Konflikt zum ‚Recht auf Vergessenwerden‘, das in der EU-Datenschutzgrundverordnung verankert ist.
3. Bleiben wir beim Thema Privatsphäre: Wie steht es um die Teilnahmebedingungen an einer Blockchain – sind alle Nutzer anonym?
An einer öffentlichen, genehmigungsfreien Blockchain kann im Prinzip jeder teilnehmen. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer ist mit einem Pseudonym registriert, seine Identität wird also nicht auf den ersten Blick für alle anderen Teilnehmer sichtbar. Jedoch bedarf es in vielen Anwendungsfällen der Kopplung des Pseudonyms mit einer nachvollziehbaren Identität des Nutzers. Wie dies geschieht, muss aber in vielen Einsatzbereichen noch geklärt werden.
4. Ein oft genannter Vorteil von Blockchain liegt darin, dass die Technologie die Funktion eines Notars übernehmen kann. Hat diese Eigenschaft auch Nachteile?
Blockchain kann durchaus notarielle Beglaubigungen und andere Aussagen, die einer geprüften Autorität bedürfen, ersetzen. Jedoch gibt es dazu meiner Kenntnis nach noch keinen ausgearbeiteten Rechtsrahmen. Auch stellt sich mir in diesem Kontext die Frage, inwiefern der Ersatz solcher Instanzen überhaupt gewünscht ist. Notare beispielsweise haben ja auch eine beratende Funktion.
Claudia Eckert leitet das Fraunhofer Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AISEC) sowie den Arbeitskreis Security des Münchner Kreises. Sie hat den Lehrstuhl für IT-Sicherherheit an der TU München inne. Zudem ist Claudia Eckert acatech Präsidiumsmitglied und Mitglied der acatech HORIZONTE Projektgruppe Blockchain.
Die Beiträge im HORIZONTE logbuch geben die Meinungen und Experteneinschätzungen der Autorinnen und Autoren wieder und nicht Positionen von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.