2024: Das Jahr, in dem Wissensaufbau und Use Cases über KI-Readiness entscheiden?
München, 12. Juli 2024
Schnell einsteigen, zügig erste Erfolge feiern und die gewonnene Expertise operativ weiterentwickeln – ist das die Formel, um den Großteil der Organisationen ohne Umschweife fit für generative Künstliche Intelligenz zu machen? Oder verlangen unterschiedliche Unternehmen auch unterschiedliche Strategien und Strukturen für die Adaption von KI-Anwendungen? Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Mitbestimmung gingen in der #FutureWorkDebatte zu KI-Readiness diesen Fragen nach und stellten fest: Es sind längst nicht nur die KI-Profis, die Unternehmen KI-ready machen.
Thema: Fit for Future – auf welche Metakompetenzen kommt es an?
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Den Blick für die verbindende Kraft von KI schärfte Marianne Janik, Corporate Vice President bei Microsoft Deutschland und Mitglied des Aufsichtsrats KMPG Deutschland bereits zu Beginn. KI bringe im Unternehmen Menschen zusammen: Angefangen bei Mitarbeitenden, die Strategien entwickeln, über jene, die Prozesse analysieren und verstehen, bis hin zu denen, die die Produkte gestalten. Nach Jahren des Experimentierens werde es im Jahr 2024 daher handfester: Es gehe um Konkretes, um Use Cases und quantifizierbaren Nutzen, aber auch um Fragen der Ethik und Regulierung. Der EU AI Act werde einiges zu unternehmensübergreifenden Diskussionen beitragen und die Stakeholder dazu bewegen, sich nun mit der Materie eingehender zu beschäftigen.
Ihre Erfahrungen aus der Praxis: Bei der Einführung von KI-Anwendungen gelte es auch, die Bedeutung der Fehlerkultur einzuplanen, um Erfahrungen zu teilen und selbst lernen zu können. Bei den wichtigen Punkten wie interne und externe Regulatorik am Ball zu bleiben, verschiedene Perspektiven innerhalb des Unternehmens einzubeziehen und die Beurteilungsfähigkeit zu schulen – all das sei mitentscheidend für den Einführungsprozess von generativen KI-Anwendungen. Es brauche darüber hinaus aber auch generell mehr Austausch und Öffentlichkeit zu KI, auch regional und im Mittelstand.
„Demokratisieren heißt also, gemeinsam zu beurteilen und zu skalieren.“
Helmuth Ludwig, Professor of Practice in Strategy and Entrepreneurship an der Southern Methodist University (U.S.) und ehemaliger CIO bei Siemens, brachte die Erkenntnisse aus zwei Studien zur Einführung von KI bei Siemens und der Einführung von AI Governance auf Vorstandsebene in die Diskussion ein: Es gelte eben nicht, von der Seite der Daten-Spezialistinnen und -Spezialisten zu denken, sondern von der Problemstellung her, die eine KI-Anwendung lösen soll – stets mit dem Gedanken, dass die KI nur ein unterstützender Co-Pilot sein soll. Voraussetzung dafür: Kreativ zu denken und KI nur an sinnvollen Stellen einzusetzen, statt kategorisch alle bisherigen Prozesse zu ersetzen.
Stakeholder aus Vertrieb, Fertigung und weiteren Bereichen mit den Data Scientists zusammenzubringen und in kurzen, intensiven Sprints gemeinsam zu arbeiten, habe sich dabei bewährt. „Demokratisieren heißt also, gemeinsam zu beurteilen und zu skalieren“, fasste Frank Riemensperger, acatech Präsidiumsmitglied und Co-Gastgeber diese Vorgehensweise zusammen.
Weniger Daten – aber mehr Bewusstsein für das Daten-Rendezvous
Je mehr Daten, desto besser – das funktioniere nicht, führte Helmuth Ludwig weiter aus. Es gehe darum, relevante Datensätze zu verarbeiten und darum, wie diese im passenden Zeitrahmen und der benötigten Qualität verlässlich zu beschaffen seien. Marianne Janik bestätigte diese Einschätzung. Dass tatsächlich viel weniger Daten nötig seien als allgemein angenommen, zeige sich in dem Training der Modelle. Viel wichtiger sei hingegen die Fähigkeit, Datensätze zu analysieren und die entscheidenden Verbindungspunkte der Daten – sogenannte Daten-Rendezvous – zu definieren. Generell müsse man in Daten-Ökosystemen denken, die von einem Geben und Nehmen gekennzeichnet sind und daher ein kulturelles Umdenken erfordern.
Daten teilen, analysieren und mitbestimmen
Das Teilen der Daten habe jedoch auch Grenzen, so Constanze Kurz. Sie ist Geschäftsführerin des Gesamtbetriebsrats und Konzernbetriebsrat der Robert Bosch GmbH. Bei Produktionsdaten sei die Datenverfügbarkeit meist gut. Service- oder HR-Prozesse hingegen ließen die Massendatengrundlage oftmals vermissen. Dazu kämen unterschiedliche Vorstellungen in der Handhabung. Das betreffe auch die Mitbestimmung, deren Auslegung insbesondere in Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Unternehmen stark differieren.
Prinzipiell erfordere die Adaption der KI-Anwendungen von allen Beteiligten eine neue Herangehensweise. Es gehe darum, sich das Verständnis dafür gemeinsam zu erarbeiten, was einen neuen Lernweg erfordere: Verschiedene innerbetriebliche Perspektiven zu vereinen, sei wichtig, so Constanze Kurz. Denn selbst in der Fertigung könne digital gelernt werden. Eine KI-Fast-Lane könne dabei unterstützen, KI-Anwendungen schnell und standardisiert nutzbar zu machen.
Für den Bereich HR-Analytics bedeute KI zwar mehr Transparenz für die Personalplanung, bringe aber auch neue Frage nach den benötigten Skills und den Rollen mit sich. Hier seien externe Partner gefragt, die unabhängiger als Unternehmensberatungen agieren. Viele Institute würden sich hier allerdings schwertun, die starke betriebliche Dynamik zeitgerecht abzubilden. Herkömmliche Langzeitstudien scheiterten oft an den langen und daher nicht praxisgerechten Laufzeiten. Dies müsse grundsätzlich überdacht werden.
Digital-Readiness vor KI-Readiness sicherstellen?
Einen weiten Bogen in der Bestandsaufnahme der Unternehmen spannte Daniel Rabe. Der Gewerkschaftssekretär Team Transformation der IG Metall Baden-Württemberg stellte bei vielen Unternehmen fest, dass sie oftmals erst noch an ihrer Digital-Readiness arbeiten müssten. Bezüglich KI beobachte er in zahlreichen Unternehmen einen Mangel an systematischer Erprobung – vielfach fange man in den Betrieben jetzt erst an, sich mit einzelnen KI-Use-Cases zu beschäftigen. Das hänge zum einen von der Betriebsgröße ab, aber auch von den Geschäftsmodellen, die häufig handwerklich geprägt oder Hardware getrieben sind. Es brauche hier Menschen, die sich ganz klar für den innerbetrieblichen Einsatz von KI entscheiden, um dann über transparenten, offenen und inklusiven Umgang das Vertrauen der Mitarbeitenden in die positiven Effekte der KI aufzubauen.
Wichtig seien die Quick Wins, also die schnell zu erreichenden Erfolge. Sie können dabei helfen, schneller in die Umsetzung zu kommen und für Akzeptanz zu sorgen. Es brauche nur wenige, aber klare Rahmenbedingungen, um zu starten. Es gelte, so Daniel Rabe abschließend, nicht dieselben Fehler beim KI-Einstieg zu machen wie bei der Industrie 4.0 – nämlich zu zögerlich zu agieren.
Mitschnitt der Debatte
Über die Debattenreihe Fit for Future Work
Wie gute Zusammenarbeit funktionieren kann und wie die Digitalisierung vom Schreckgespenst und mutmaßlichen Jobkiller zur Chance für gute Arbeit werden kann, bringen aktuelle Impulse des HR-Kreises auf den Punkt. In seiner Debattenreihe „Fit for Future Work“ stellt der HR-Kreis seine Thesen öffentlich zur Diskussion. Aktuelles und Positionen rund um die Debattenreihe in den sozialen Medien:
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