Künstliche Photosynthese – die Mondlandung des 21. Jahrhunderts?
Berlin, 10. Januar 2019
Ähnlich wie die Mondlandung vor einem halben Jahrhundert ist die Künstliche Photosynthese heute ein Sehnsuchtsziel der Wissenschaft. Seit einigen Jahren schon begleitet acatech die Mission, mit Hilfe von Sonnenlicht künstlich chemische Produkte herzustellen. Gelingt das, können mittelfristig fossile Rohstoffe ersetzt und in nachhaltiger Weise Roh- und Brennstoffe erzeugt werden. Allerdings sind die Potenziale der Künstlichen Photosynthese noch zu wenig bekannt. In einem Workshop Anfang des Jahres in Berlin wurde darüber diskutiert, wie sich das ändern lässt.
Wie geht es weiter mit dem visionären Thema „Künstliche Photosynthese“, wie kann Kommunikation dazu gestaltet werden? Zum Workshop „Künstliche Photosynthese – den gesellschaftlichen Dialog fortführen“ kamen am 10. Januar 2019 in Berlin 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen, aus so unterschiedlichen Bereichen wie Chemie und Biophysik, Sozialwissenschaften und Industrie, aber auch Kommunikatorinnen und Kommunikatoren aus Medien und Ausstellungshäusern. Der Workshop wurde geleitet von acatech Präsidiumsmitglied Armin Grunwald (KIT) und moderiert durch Marc-Denis Weitze (acatech Geschäftsstelle).
Matthias Beller (Leibniz-Institut für Katalyse, Rostock) und Holger Dau (FU Berlin) stellten zunächst die Ergebnisse des Akademienprojekts „Künstliche Fotosynthese – Entwicklung von Technikzukünften“ vor, in dem eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit in die Diskussion zu einer neuen Technologie erprobt wurde. Maren Schüpphaus (dialog:impulse, München) und Philipp Schrögel (KIT) berichteten anschließend von Dialogveranstaltungen der Akademien zum Thema und bewerteten diese aus kommunikativer Sicht. So seien durch Dialogveranstaltungen wie Science Cafés oder Comicworkshops durchaus verschiedene Zielgruppen erreicht worden. Die Ergebnisse dieser Dialoge könnten jedoch, so die Referenten, noch stärker inhaltlich ausgewertet werden. Darüber hinaus empfahlen sie, sich stärker mit der Frage auseinanderzusetzen, wie Synergien in der Zusammenarbeit mit Journalisten und (Massen-)Medien möglich gemacht werden können.
Im Anschluss stellte Thomas Haas (Evonik Creavis GmbH) Kommunikationsaktivitäten zum Rheticus-Projekt dar, das im Rahmen der Kopernikus-Initiative durch das BMBF gefördert wird und einen ersten industriellen Schritt in Richtung Künstlicher Photosynthese darstellt. Herausforderungen von Dialog und Partizipation waren das Thema des Vortrags von Marion Dreyer (Dialogik, Stuttgart) und Stefan Böschen (RWTH Aachen). Diese kritisierten, dass Dialog- und Partizipationsprozesse noch immer teilweise mit zu wenig spezifizierten Zielen durchgeführt würden.
Schließlich deutete Uwe Schneidewind (Wuppertal Institut für Umwelt, Klima, Energie) die Künstliche Photosynthese als einen Experimentierraum für das Zusammenspiel von Technik und Gesellschaft. Dabei stünden weniger die technischen Details der Künstlichen Photosynthese im Vordergrund als vielmehr die Idee und damit zusammenhängende Fragestellungen: Das Thema habe Berührungspunkte mit den großen soziotechnologischen Diskussionen unserer Zeit wie z.B. die Energiewende oder die Rohstoffversorgung und mache auf blinde Flecken aufmerksam. Insofern, so Schneidewind, sei Künstliche Photosynthese vergleichbar mit der Raumfahrt: Sie biete einen Erzähl- und einen Denkraum zu unserem Verständnis von Technik und Welt, der zunächst unabhängig sei von konkretem technischen Nutzen.