Nachhaltige Mobilität durch synthetische Kraftstoffe?

München, 24. Mai 2019
Synthetische Kraftstoffe haben potentiell viele Vorteile: sie können aus erneuerbaren Rohstoffen und durch den Einsatz erneuerbarer Energien hergestellt werden, sind leicht transportierbar, kompatibel mit aktuellen Technologien, lagerfähig und haben eine hohe Energiedichte. Warum Synthetische Kraftstoffe aktuell dennoch keine Marktchancen haben und wie die Nutzungschancen für die Zukunft aussehen, diskutierten am 21. Mai in München die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von acatech am Dienstag. Die Veranstaltung wurde diesmal in Kooperation mit der Katholischen Akademie in Bayern ausgerichtet.
Aus dem Zusammenwirken verschiedener chemischer Stoffe entstehen synthetische Kraftstoffe, wie zum Beispiel Wasserstoff, Oxymethylenether (OME), Methanol oder auch Diesel, der durch Fischer-Tropsch-Synthese hergestellt werden kann. Einige Herstellungsprozesse sind altbekannt, andere noch in der verfahrenstechnischen Entwicklung, wie Jakob Burger, TUM Campus Straubing, erklärte. Die Herstellung synthetischer Kraftstoffe sei allerdings komplizierter als die Raffinierung von Erdöl zu fossilen Kraftstoffen und darüber hinaus würden große Mengen an Energie dafür benötigt, sagte er. Um einen fairen Wettbewerb anhand der Gesamt-CO2 Emissionen zu ermöglichen, sei die Art der Bilanzierung wichtig, so Jakob Burger. Nur mit dem richtigen Bilanzierungsverfahren sei es möglich, die CO2-Ausstöße entlang der gesamten Prozesskette zu erfassen.
Synthetische Kraftstoffe und die Alternativen
Synthetische Kraftstoffe seien immer in Konkurrenz zu Elektromobilität und Wasserstoffbrennstoffzelle zu betrachten, erklärte Matthias Altmann, Mitglied des Vorstands von Green City e.V. und Senior Consultant bei Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH. Die Energieeffizienz von synthetischen Kraftstoffen ist sehr viel niedriger im Vergleich mit Elektromobilität oder H2-Nutzung (siehe auch Stellungnahme Sektorkopplung). Und um synthetische Kraftstoffe nachhaltig zu produzieren, müsse die Gewinnung von erneuerbaren Energien hierzulande massiv gesteigert werden, sagte Matthias Altmann. Gelinge dies nicht, könnten die Kraftstoffe importiert werden, was jedoch zu weiteren politischen Abhängigkeiten führen könne. Der Umweltberater betonte, dass neben Treibstoff bzw. Antriebsart als wichtigem Aspekt der nachhaltigen Mobilität auch die Luftreinhaltung Relevanz habe. So trügen sowohl die Elektromobilität als auch die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie bereits heute zur Luftreinhaltung bei.
Wo sind Synthetische Kraftstoffe sinnvoll?
Eine anwendungsspezifische Nutzung der verschiedenen Antriebskonzepte und Kraftstoffe hält Rudolf Escheu, Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, für wichtig. So ergebe beispielsweise ein Batteriebetrieb bei der Nutzung eines Zweitwagens mit einer Laufleistung von 5000 km pro Jahr aktuell wenig Sinn, da die Herstellung der Batterie mehr CO2-Emissionen verursache, als beim Fahren letztendlich eingespart werden könne. Langfristig sieht Rudolf Escheu die Zukunft der energiedichten synthetischen Treibstoffe insbesondere im Bereich des Schwerlastverkehrs, der Landwirtschaft, in der Schifffahrt und bei Flugzeugen. Außerdem führte er aus, dass große Mengen CO2 zur Produktion von flüssigen Kraftstoffen zur Verfügung stehen müssten, was umfangreiche technische Anlagen zur Abtrennung aus Industrieabgasen oder der Atmosphäre erfordere.
Im Anschluss an die Impulsvorträge nahmen die Experten Stellung zu Fragen und Kommentaren aus dem Publikum. Einig waren sich schließlich alle in dem folgenden Punkt: Um im Konkurrenzkampf zu bestehen, gilt es, nachhaltige Technologien so fortzuentwickeln und zu fördern, dass sie bezahlbarer werden – etwa nach dem Muster von Photovoltaik und Windenergie.
Die Veranstaltung wurde von Bernhard Bleyer, Technische Hochschule Deggendorf, moderiert, der auch Mitglied im Bildungsausschuss der Katholischen Akademie in Bayern ist.