Schneller zum Markterfolg: Forschungsbeirat legt Eckpunkte eines agileren Innovationssystems vor
Hannover, 1. April 2019
Deutschlands Innovationssystem muss agiler werden. Vorschläge formuliert der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 in einem Memorandum zur Hannover Messe am 1. April. Die Trennung anwendungs- und grundlagenorientierter Forschung hemme agile Innovationen. Ebenso stoße eine über viele Jahre vorgedachte oder missionsorientierte Forschungsförderung an Grenzen. Es brauche eine Förderung, die langfristig aber offen angelegt ist und deshalb agilen, disruptiven Entwicklungen Raum gibt. Es sollen neue Orte und innovative Ökosysteme entstehen, in denen Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenarbeiten.
Im internationalen Innovationswettbewerb kommt es immer mehr auf Geschwindigkeit an: Im besten Fall entstehen aus neuen Forschungsergebnissen binnen weniger Wochen neue Produkte und Geschäftsmodelle. Viel zu häufig blieben Innovationen in Deutschland aber in einem „Death Valley“ stecken, weil der Transfer zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung bis in Produkte und Dienstleistungen mitunter zäh verlaufe, kritisieren die Mitglieder des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0.
Deutschland müsse beschleunigen und zugleich eigene Stärken bewahren: Dazu gehören die hohe Qualität hiesiger Entwicklungen, eine funktionierende Sozialpartnerschaft und ein international vorbildliches System beruflicher Bildung. Angesichts der beschleunigten Innovationszyklen sei die althergebrachte Trennung zwischen angewandter Forschung und grundlagenorientierter Wissenschaft hinderlich. Denn neue Forschungsergebnisse werden international immer direkter in disruptive, also wirklich neue und marktverändernde Innovationen überführt. Ebenso sei eine über viele Jahre vorgedachte missionsorientierte Forschungsförderung zu statisch für agile, disruptive und damit unvorhergesehene Innovationen.
Das Memorandum des Forschungsbeirats formuliert Eckpunkte für ein agileres und flexibleres Innovationssystem in Deutschland. Er spricht sich dafür aus, dass Forschung, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure zusammenarbeiten: agil aber langfristig, interdisziplinär und lernend.
Dazu braucht es geeignete Orte, an denen innovative Ökosysteme wachsen können, beispielsweise urbane „Coworking Spaces“ in der Nähe von Forschungs- und Ausbildungsstätten. In diesen Ökosystemen kommen eine starke Innovations-Infrastruktur und Know-how aus Forschung und Wirtschaft zusammen. Die Förderung innovativer Ökosysteme braucht neue Förderinstrumente, die eine zugleich langfristige, agile und vor allem disruptive Entwicklung erlauben.
„Deutschland ist ein innovatives Land. Damit das so bleibt, müssen wir gründlich bleiben, aber schneller werden“, sagte Reiner Anderl, Sprecher des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0. „International aufgestellte Unternehmen verlagern agile Innovationsprozesse dorthin, wo die besten Infrastrukturen und Rahmenbedingungen bestehen – umso nachdrücklicher muss Deutschland agile, innovative Ökosysteme fördern und neben Qualität auch Geschwindigkeit zu einem Markenzeichen machen.“
Unternehmen beschleunigen laut dem Forschungsbeirat bereits ihre Innovationsprozesse. Gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern verschiedener Disziplinen entwickeln sie neue Produkte und Geschäftsmodelle. Ein Beispiel: In Lagern und Fabriken sind immer mehr autonome Transportfahrzeuge ‚Made in Germany‘ unterwegs. Fachleute aus Maschinenbau, Sensorik, Regelungstechnik und Künstlicher Intelligenz arbeiten gemeinsam daran. Michael ten Hompel, Geschäftsführer Fraunhofer IML und Mitautor des Memorandums: „Unternehmen jeder Größe suchen nach neuen Wegen, Innovationen erfolgreich und agil hervorzubringen. Wir haben dafür einige gute Ansätze, auf die wir aufbauen können.“