Anja Preitschaft gewinnt den Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN
München, 29. Oktober 2024
In diesem Jahr wurde Anja Preitschaft mit dem Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN 2024 ausgezeichnet. Mit ihrer herausragenden Masterarbeit über KI-basierte Situationserkennung in Nutzfahrzeugen sowie ihrem beeindruckenden akademischen Werdegang und ehrenamtlichem Engagement hat sie die Jury überzeugt. acatech Präsident Jan Wörner sowie verschiedene Persönlichkeiten von MAN Truck & Bus SE, dem Unternehmen, bei dem Frau Preitschaft ihre Masterarbeit schrieb, würdigten die Gewinnerin in den Räumlichkeiten von MAN Truck & Bus SE in München. Zusätzlich nominierte die Jury Lisa Mette und Patricia Kaiser aufgrund ihrer herausragenden Leistungen für den Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN.
Anja Preitschaft studierte Robotics, Cognition and Intelligence am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik (FTM) der Technischen Universität München (TUM). In ihrer Masterarbeit befasste sie sich mit der Entwicklung einer datengesteuerten künstlichen Intelligenz für das Situationsbewusstsein im Nutzfahrzeug. Die Ergebnisse aus ihrer Masterarbeit wurden von MAN unter anderem in Form eines Patentes anerkannt, was nicht nur die Qualität ihrer Arbeit unterstreicht, sondern auch die praktische Relevanz und Anwendbarkeit in der Industrie, wie Lasse Schölkopf, Betreuer und Erstgutachter der Masterarbeit von der TU München, in seinem Begleitschreiben zum Erstgutachten schreibt. Anja Preitschaft habe durch die Schaffung einer datengetriebenen KI zur Erkennung von Verkehrssituationen bei Nutzfahrzeugen einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung von KI-Lösungen bei MAN geleistet. Die entwickelte Technologie entlaste nicht nur Lkw-Nutzende, sondern steigert auch die Effizienz und Sicherheit im Straßenverkehr. Die von MAN eingereichte Patentanmeldung, basierend auf den Erkenntnissen der Masterarbeit von Anja Preitschaft, unterstreicht die Bedeutung ihrer hervorragenden wissenschaftlichen Arbeit und den praktischen Nutzen ihrer Forschungsergebnisse.
Technik und Innovation zum Anfassen
In wirkungsnahem Ambiente, neben einem LKW-Fahrsimulator und einer Sattelzugmaschine, stellte Frau Preitschaft ihre Forschung anschaulich den zahlreichen Gästen der Preisverleihung vor. Sie berichtete vom Beginn ihrer Arbeit, als sie Herausforderungen und Chancen im Bereich der Situationserkennung im Nutzfahrzeug identifizierte, um anschließend durch eine umfassende Recherche des aktuellen Standards der Forschung und einer sorgfältigen Analyse verschiedener Methoden der Künstlichen Intelligenz einen fundierten methodischen Ansatz zur präzisen Erkennung von Situationen während der Fahrt eines LKW zu entwickeln. Ihr trainiertes KI-Modell erreichte eine hohe Genauigkeit von fast 95 Prozent bei der Vorhersage von Situationen.
Zur praktischen Veranschaulichung durften die Gäste in der simulierten Fahrerkabine eines Sattelzuges mit 180 Grad-Projektion Platz nehmen. Hier konnten die Teilnehmenden die Testumgebung aus der Sicht des Fahrenden erleben. In Alltags- und Gefahrensituationen wurden sie auf die Probe gestellt und konnten einen Einblick in die Funktionsweise von KI-gestützter Simulation von Alltagssituationen im Fahrzeug erhalten. Später konnten die Gäste zudem in die Fahrerkabine eines echten Sattelzugs klettern und hinter dem Steuer Platznehmen. Eine nicht alltägliche Möglichkeit die Welt aus der Perspektive eines Lastwagenfahrers zu erleben.
Das macht Anja Preitschaft zur JUNGEN MACHERIN: Exzellenz und Vorbild
acatech Präsident Jan Wörner honorierte in seiner Würdigung ihren ungewöhnlichen Werdegang, durch den Anja Preitschaft über ein breites Fachwissen in Theorie und Praxis verfügt. Sie startete mit einer Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik, absolvierte anschließend ein Duales Bachelorstudium der Elektro- und Informationstechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und schließlich ein universitäres Masterstudium. Während des Bachelorstudiums machte sie zudem eine Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit und sammelte Auslandserfahrung bei einem praktischen Auslandssemester in Sydney. Ein Weg, der von einem außergewöhnlichen Maß an Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen zeugt, betonte Jan Wörner. Darüber hinaus lobte er ihr soziales Engagement, ihren Willen Technikverständnis weiterzugeben und Frauen in MINT zu fördern. Sie setzte sich während des Studiums aktiv für die Förderung von Frauen in MINT und eine Gleichstellung in der technischen Arbeitswelt ein. Sie engagierte sich beim „Girls‘ Day“ und im Rahmen des Praktikums „Mädchen und Technik“ am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Friedlich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg. Sie plant dieses im Rahmen des FAPS Female Programms des Lehrstuhls weiter fortzusetzen. Privat engagiert sie sich in der Freiwilligen Feuerwehr und im Musikverein.
Aktuell ist Anja Preitschaft wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Elektromotorenproduktion und arbeitet an ihrer Dissertation. Ihre Tätigkeit am Lehrstuhl FAPS konzentriert sich auf zentrale Herausforderungen in der Produktion elektrischer Antriebe. Die Integration von KI zur Optimierung von Prozessschritten und die Flexibilisierung einzelner Produktionsschritte sind entscheidende Faktoren, um die erforschten Motortopologien auf weitere Branchen auszuweiten und Innovationen in der Fertigungsindustrie zu fördern.
Voneinander lernen: Technik meets Design
Als herausragende junge Frau in den Technikwissenschaften sei Anja Preitschaft eine Inspiration für die nächsten Generationen von Wissenschaftlerinnen, sagten Stephan Schönherr (Head of Design & HMI, MAN Truck & Bus SE) und acatech Präsident Jan Wörner in ihren Worten zur Begrüßung übereinstimmend.
Vom Impact auf ihr Team bei MAN und gegenseitigem Lernen berichteten die anwesenden ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Die Betreuerin von Anja Preitschaft, Veronika Harsandi (Engineering Design GUI & HMI (ETDH), MAN Truck & Bus SE) berichtete, wie Anja Preitschaft über das Deutschland Stipendium zu MAN kam und gleich zu Beginn mit ihrer professionellen Art überzeugte. Sie stieß mit ihrem technischen Hintergrund auf ein designorientes Kollegium im HMI-Team, was für beide Seiten einen Lernprozess bedeutete und eine große Bereicherung für alle darstellte. Veronika Harsandi lobte die gute Zusammenarbeit, die Zuverlässigkeit und das große Engagement von Anja Preitschaft. Besonders beeindrucke sie das Durchhaltevermögen und die Zielstrebigkeit von Anja Preitschaft, als diese 300.000 Datensätze händisch labelte.
Die Urkunde und den Pokal – den acatech Würfel – überreichte das Ehepaar Schnieder – die Stifter des Preisgeldes in Höhe von 3000 Euro.
Die Jury nominiert zusätzlich zwei Forscherinnen
Neben Anja Preitschaft hat acatech Patricia Kaiser und Lisa Mette als Nominierte ausgezeichnet. Auch diese beiden Absolventinnen sieht die Jury als exzellente Nachwuchsforscherinnen und junge Macherinnen im Sinne des Preises.
Patricia Kaiser studierte Keramik, Glas- und Baustofftechnik an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Im Zuge ihrer Diplomarbeit hat Patricia Kaiser neue Materialklassen der Technologie des Filament 3D-Drucks (FFF/FDM) zugängig gemacht. Infolgedessen konnte ein neuartiges Ankersystem für korrosive Hochtemperaturanwendungen entwickelt werden, welches das Ziel einer verlängerten Lebensdauer verfolgt und somit nachhaltig ressourcenschonend agieren soll. Aktuell promoviert Frau Kaiser und setzt sich in ihrer aktuellen wissenschaftlichen Tätigkeit erfolgreich mit den Herausforderungen im Bereich 3D-Druck auseinander, die neuartige Materialsysteme mit sich bringen. Sie erhielt verschiedene Auszeichnungen, wie zum Beispiel den Friedrich-Wilhelm-von-Oppel-Preis 2023 und den Theodor-Haase-Preis 2023. Sie engagierte sich als Studienbotschafterin, war Mitglied des Fachschaftsrates, der Studienkommission und mehrerer Freiwilligen Feuerwehren.
Lisa Mette absolvierte an der Technischen Universität München ergänzend zu ihrem Elektrotechnik-Master auch den RESET-Master – eine wertvolle Kombination, die ihre Einsatzbereitschaft widerspiegelt, nicht nur technische Expertise zu erlangen, sondern ebenso ethische, soziale und gesellschaftliche Herausforderungen mitzudenken. In ihrer RESET-Masterarbeit gibt sie einen Überblick über ethische Werte und Risiken für die Moderation von Inhalten in Sozialen Medien. Ihre EIT-Masterarbeit beschäftigt sich mit der Generierung sicherheitskritischer Szenarien für das autonome Fahren, die dazu dienen Algorithmen für die Verhaltensplanung bei autonomen Fahrzeugen zu testen und zu verbessern. Ihren interdisziplinären Hintergrund nutzte Frau Mette unter anderem für Wissenschaftskommunikation, Politikberatung und verantwortungsvolle Technologieentwicklung. Sie schreibt für die Fakultätszeitschrift ‚Reisswolf‘, ist Mitglied der Schulinitiative Elektrotechnik e.V., arbeitete im Team am Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und im Projektteam der Bayerischen Elite Akademie.
Der Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN
Die Preisträgerinnen werden von einer Jury ausgewählt, die einmal pro Jahr exzellente Masterabsolventinnen technischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge kürt. Vorschläge für Kandidatinnen kommen von den acatech Mitgliedern. Mit dem Preis möchte acatech die jungen Wissenschaftlerinnen fördern und motivieren ihre Karriere fortzuführen. Die Preisträgerin und die durch eine Jury nominierten Absolventinnen sollen für Mädchen ein Vorbild sein und diese ermuntern, eine Technikkarriere einzuschlagen. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert; zusätzlich erhalten die Preisträgerin und die Nominierten ein Mentoring: Forschende aus dem Kreis der acatech Mitglieder beraten und unterstützen die ausgezeichneten Masterabsolventinnen für zwölf Monate.