Synthetische Biologie: Wissenschaft von morgen, über die wir heute reden müssen
Berlin, 1. Oktober 2018
Was ist Synthetische Biologie? Was bewegt die Forscherinnen und Forscher – und was verändert die Entscheidung des europäischen Gerichtshofs zu Crispr-cas? Zu diesen Fragen haben acatech und die German Association for Synthetic Biology (GASB) am 27. und 28. September Diskussionsveranstaltungen in Berlin organisiert. In „Future Talks“ ging es um Zukunftsperspektiven der Synthetischen Biologie. Das Podium „Regulation of Synthetic Biology“ beleuchtete dagegen die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des visionären Forschungsgebiets.
Barbara di Ventura (Universität Freiburg) beschrieb in den „Future Talks“ Anwendungsperspektiven der Synthetischen Biologie in Medizin, Ernährung und Umwelt. Neben ethischen, rechtlichen und theologischen Fragen, die Synthetische Biologie aufwirft, sollten laut ihr auch solche konkreten Anwendungen öffentlich diskutiert werden. Jakob Schweitzer (Max Planck-Institut für die Dynamik komplexer technischer Systeme) erläuterte den „Bottom up“-Ansatz, mit dem die Synthetische Biologie zellartige Gebilde in modularer Art aufbauen möchte. Wie die Synthetische Biologie naturwissenschaftliche Forschung der Ingenieurskunst und Design verbindet, zeigte der Künstler Sascha Pohflepp (University of California in San Diego / USA). Arren Bar-Even (Max Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie) skizzierte schließlich Ansätze, Kohlendioxid als Rohstoff zu verwenden. Diese Ansätze der Künstlichen Photosynthese haben die Akademien in einer gemeinsamen Stellungnahme erörtert.
Auf der Podiumsdiskussion „Regulation of Synthetic Biology“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Synthetischen Biologie mit der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler über Rahmenbedingungen der Biotechnologie in Deutschland. Aktueller Ausgangspunkt war das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) über den Einsatz von Crispr-cas (der sogenannten Genschere) in der Landwirtschaft. Katrin Staffler schloss sich darin der Einschätzung von Forschungsministerin Anja Karliczek an: Die Politik müsse nun auf der Basis des Urteils dafür sorgen, dass moderne Pflanzenzüchtungsforschung in Deutschland und Europa weiterhin möglich ist. Unabdingbar seien – so ein Fazit der Diskussion, mehr Austauschforen, um die verschiedenen Anspruchsgruppen ins Gespräch zu bringen.
Auf Grundlage der Disziplinen Biologie, Molekularbiologie, Chemie, Biotechnologie sowie der Informationstechnologie und Ingenieurwissenschaften hat sich die Synthetische Biologie in den vergangenen Jahren zu einem ebenso visionären wie dynamischen Forschungsfeld entwickelt. Sie eröffnet viele neue biotechnologische Anwendungen. Statt natürliche Organismen zu nutzen und zu verändern, setzt sie vor allem auf die Entwicklung maßgeschneiderter biologischer Systeme. Solche synthetischen Organismen übernehmen spezifische Aufgaben und übertreffen dabei teils ihre natürlichen Vorbilder. So gelang es in der Grundlagenforschung zur Künstlichen Fotosynthese, Sonnenlicht effizienter in chemische Energie umzuwandeln, als es Pflanzen oder Algen tun. Zugleich wirft das Forschungsgebiet gewichtige Fragen auf. Beispielsweise muss ein Missbrauch der Synthetischen Biologie verhindert werden, da sich mit ihrer Hilfe auch neuartige biologische Kampfstoffe entwickeln lassen könnten. Ebenso spielen ethische Fragen eine wichtige Rolle, wenn die Synthetische Biologie künstliche Organismen schafft.
acatech begleitet die Entwicklung der Synthetischen Biologie seit 2009. Die Akademie fördert die Koordination im deutschsprachigen Raum und thematisiert dabei insbesondere ethische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte sowie Fragen der Wissenschaftskommunikation. Zuletzt hat acatech eine Stellungnahme zum Thema Künstliche Photosynthese veröffentlicht, in der Ansätze der Synthetischen Biologie eine wichtige Rolle spielen.
Weiterführende Informationen
German Association for Synthetic Biology
Stellungnahme: Synthetische Biologie
Synthetische Biologie – Die Geburt einer neuen Technikwissenschaft