Wie die Energiewende gelingen kann, ohne den Industriestandort Deutschland zu gefährden
München, 8. Oktober 2024
Deutschland steht aktuell vor großen Herausforderungen. Eine davon ist das Ziel, die Volkswirtschaft klimaneutral zu gestalten. Wie die Energiewende vorangebracht werden kann, ohne unseren Wohlstand zu gefährden, darüber referierte acatech Vizepräsident Christoph M. Schmidt am 2. Oktober bei einer virtuellen Kooperationsveranstaltung mit vhs.wissen live. Über 500 Gäste hatten sich zugeschaltet.
Zu Beginn seines Vortrags verwies Christoph M. Schmidt, Präsident RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, auf ein globales Dilemma: Trotz eines massiven Anstiegs der Weltbevölkerung ist in den vergangenen zwei Jahrhunderten nicht nur der Anteil der in bitterer Armut lebenden Menschen, sondern sogar deren absolute Zahl zurückgegangen. Doch dieser Erfolgsgeschichte steht im gleichen Zeitraum eine rapide Zunahme der Umweltbelastungen gegenüber. Um diese zu begrenzen und die Tragfähigkeit des Planten zu bewahren, aber zugleich den Weg der Menschheit aus Not und Elend fortzusetzen, sind massive globale Anstrengungen notwendig: Im globalen Maßstab geht es um eine Defossilisierung ohne Entwicklungsblockade, auf der nationalen Ebene hierzulande geht es um die Defossilisierung ohne Deindustrialisierung, so Christoph M. Schmidt. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Studie „Szenarien für ein klimaneutrales Deutschland. Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement“ aus der Schriftenreihe Energiesysteme der Zukunft (ESYS) aus dem Jahr 2023.
Zum Vortrag (Video) von acatech Vizepräsident Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, zum Thema „Wie die Energiewende gelingen kann, ohne den Industriestandort Deutschland zu gefährden“.
Dauer: 1 Stunde 09 Minuten und 57 Sekunden
Mit Blick auf Deutschland sagte Christoph M. Schmidt, dass eine rasche Senkung der Treibhausgas-Emissionen oberste Priorität habe, wenn das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität erreicht werden soll. Wichtig sei dafür ein Dreiklang: Auf der Angebotsseite sind hierzulande Erneuerbare Energien und Stromnetze ebenso auszubauen wie die Infrastruktur für den Import von (grünem) Wasserstoff. Zudem gilt es, die Energienachfrage einzudämmen und den Wettlauf um technischen Fortschritt anzuregen. Bei all diesen Vorhaben sollte die konsequente Bepreisung fossiler Emissionen im Mittelpunkt stehen, die punktuell um weitere Fördermaßnahmen zu ergänzen sei. Beim Umbau des Energiesystems müsse aber auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschlands gewahrt werden, so Christoph M. Schmidt. Es gelte dabei, Zielkonflikte anzuerkennen und nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Insgesamt mahnte er mehr Vertrauen in marktwirtschaftliche Lösungen an.
Christoph M. Schmidts Fazit: Man müsse die nationale Verengung der Klimapolitik beenden und weit konsequenter auf den (künftig auch Verkehr und Wärme umfassenden) europäischen Emissionshandel setzen. Statt weiterhin eine sektorale Kleinteiligkeit zu verfolgen, sollte die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die bessere Anreize für Investitionen in den Wirtschaftsstandort Deutschland setzen.