Workshop auf der TÜV AI Conference: Wie sich moderne Führung anpassen muss
München, 30. November 2022
Künstliche Intelligenz (KI) verändert künftig Arbeit und Organisationen – und stellt damit neue Anforderungen an Führungskräfte. Inwiefern müssen sie ihren Führungsstil angesichts der neuen Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Maschine anpassen? Auf der virtuellen TÜV AI Conference 2022 des TÜV-Verbands diskutierten Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme am 23. November dazu in einem Workshop.
Führungskräfte spielen künftig eine zentrale Rolle dabei, den KI-Transformationsprozess in Unternehmen zu gestalten. Zugleich müssen sie im Rahmen ihrer Fürsorgepflichten darauf achten, dass sich der Einsatz der KI-Systeme an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientiert. Nicht zuletzt können KI-Systeme Führungskräfte von Routineaufgaben entlasten.
Wie moderne Führung unter diesen Veränderungen aussieht, diskutierten Angelika Bullinger-Hoffmann, Professorin für Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement an der TU Chemnitz, und Andrea Stich, Director Frontend Academy bei Infineon Technologies AG, unter der Moderation von Wilhelm Bauer, Leiter des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Sie alle sind Mitglied der Arbeitsgruppe „Arbeit/Qualifikation, Mensch-Maschine-Interaktion“ der Plattform Lernende Systeme, die von Wilhelm Bauer geleitet wird.
KI-Einführung durch Change Management begleiten
Bereits die Einführung digitaler Technologien habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass ein kooperativer und werteorientierter Führungsstil an Bedeutung gewinnt, so Angelika Bullinger-Hoffmann. „Mit KI steht nun ein neues technologisches Hilfsmittel zur Verfügung, das Führungskräften einfache, standardisierte und fehlerbehaftete Aufgaben abnehmen kann und ihnen mehr Freiraum für die Führung einzelner Beschäftigter ermöglicht“, sagte die Arbeitswissenschaftlerin. Dieser Übergang müsse freilich gestaltet werden.
Mit dem Change Management könne man nicht früh genug beginnen, bestätigte Andrea Stich aus der Praxis. Bei Infineon habe man die Beschäftigten bereits früh für das Thema Künstliche Intelligenz sensibilisiert und grundlegendes Wissen vermittelt – lange bevor KI-Systeme im Konzern zum Einsatz kamen. Gemäß dem Motto: „früh darüber reden, was kommen könnte, Vorstellungen, Bedürfnisse und Ideen abholen und sukzessive konkreter werden“, so Andrea Stich. Nun, da erste Lösungen eingeführt sind, sei KI ein Thema, vor dem keiner Angst habe und jeder darüber – in unterschiedlicher Tiefe – Bescheid wisse. Wichtig sei, die Beschäftigten als Bestandteil gesellschaftlicher und technologischer Veränderungen im Unternehmen zu sehen, so Andrea Stich.
KI soll Führung erleichtern, nicht übernehmen
Wie sich die Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten verändern, wurde im Workshop anhand des Kompetenzprofils einer Industriemeisterin verdeutlicht, das aus dem Whitepaper Kompetenzentwicklung für KI der Plattform Lernende Systeme stammt. Der Einsatz von KI stellt an die Industriemeisterin die Anforderung, das KI-System zielgerichtet zu nutzen, seine Ausgaben kritisch zu bewerten und dem Team Ängste im Umgang mit dem System zu nehmen. Für Organisationen bedeutet dies: Sie müssen bei ihren Beschäftigten notwendige Kompetenzen im Umgang mit KI aufbauen und stärken.
Einig waren sich die Expertinnen: Gelingen könne der KI-Transformationsprozess nur, wenn Führungskräfte den Wandel überzeugend mittragen. „Sie müssen den Beschäftigten die Potenziale von KI visionär und doch vorstellbar vermitteln“, forderte Andrea Stich. Auch bei den Grenzen zum Einsatz von KI stimmten die Expertinnen überein: „Maschinen sollen den Menschen die Führung erleichtern – und nicht die Führung von Menschen übernehmen“, so Angelika Bullinger-Hoffmann.