Energiesysteme der Zukunft (ESYS)

Foto: acatech/Esteve Franquesa 2016
Hintergrund und Ziele
Die Energiewende stellt Deutschland vor enorme politische, ökonomische und technologische Herausforderungen. Um den Umbau der Energieversorgung zu unterstützen, haben acatech, Leopoldina und Akademienunion im Jahr 2013 die Initiative „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) gestartet. Die Federführung der Akademieninitiative liegt bei acatech, gefördert wird die Initiative vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
ESYS gibt Impulse für die Debatte über Herausforderungen und Chancen der Energiewende in Deutschland. Dazu erarbeiten mehr als 160 Fachleute aus Wissenschaft und Forschung in interdisziplinären Arbeitsgruppen Handlungsoptionen zur Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung. Um verschiedene Positionen in die wissenschaftliche Analyse einzubeziehen, tauschen sich die Mitwirkenden in Diskussionsformaten und Fachgesprächen mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus.
Struktur
Die Projektmitglieder sind Vertreterinnen und Vertreter der universitären, außeruniversitären und industriellen Forschung. Sie erarbeiten Stellungnahmen, die vom ESYS-Kuratorium beschlossen werden. Dieses setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Akademien sowie der deutschen Wissenschaftslandschaft zusammen und verantwortet die strategische Ausrichtung der Akademieninitiative. Das achtköpfige ESYS-Direktorium unter Vorsitz von Andreas Löschel (Ruhr-Universität Bochum) steuert die inhaltliche Arbeit und vertritt ESYS nach außen. Eine Geschäftsstelle unterstützt ESYS-Kuratorium, ESYS-Direktorium und die Mitwirkenden bei ihrer Arbeit.


Mitglieder des ESYS-Kuratoriums
- Prof. Dr.-Ing. Jan Wörner
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften - Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina - Prof. Dr. Christoph Markschies
Union der deutschen Akademien der Wissenschaften - Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl
Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz - Prof. Dr. Dr. h. c. Ursula Gather
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung - Prof. Dr. Veronika Grimm
Technische Universität Nürnberg - Prof. Dr.-Ing. Jutta Hanson
Technische Universität Darmstadt - Prof. Dr. Robert Schlögl
Alexander von Humboldt-Stiftung - Prof. Dr. Christoph M. Schmidt
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung - MinDirig’in Oda Keppler (Gast)
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) - Ministerialrätin Dr.-Ing. Rodoula Tryfonidou (Gast)
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
Mitglieder des ESYS-Direktoriums
- Prof. Dr. Andreas Löschel
Ruhr-Universität Bochum - Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer
RWTH Aachen - Prof. Dr. Karen Pittel
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München - Prof. Dr. Hans-Martin Henning
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE - Prof. Dr. Jürgen Renn
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte - Prof. Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann
Universität zu Köln
- Prof. Dr. Ellen Matthies
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg - Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH
Arbeitsgruppen
In interdisziplinären Arbeitsgruppen (AGs) bearbeiten die Mitwirkenden konkrete Fragestellungen zu Energiethemen. Bei Bedarf werden weitere Expertinnen und Experten zur Mitarbeit eingeladen. Workshops, Trialoge und Fachgespräche dienen dem Austausch zwischen Fachleuten aus der Wissenschaft und Akteuren aus Politik, Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Aktuelle Arbeitsgruppen
Energiewende der bebauten Umwelt
Die Wärmeversorgung von Gebäuden spielt eine entscheidende Rolle in dem Bestreben, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Bisherige Anstrengungen bezüglich der „Wärmewende“ haben in den vergangenen Jahren jedoch kaum zu einer Senkung der Emissionen im Gebäudesektor geführt. Da die notwendigen technischen Maßnahmen das Leben der Menschen unmittelbar betreffen, hängt der Erfolg der Wärmewende zudem wesentlich davon ab, ob es gelingt, auf drängende soziale Fragen überzeugende Antworten zu finden.
Die ESYS-Arbeitsgruppe „Energiewende der bebauten Umwelt“ entwickelt Handlungsoptionen für eine technisch umsetzbare, sozial ausgewogene und ökonomisch effiziente Wärmewende in Deutschland. Wie können das Wissen und Kommunikationsmaßnahmen zur Wärmewende verbessert werden? Welche gesellschaftlichen Hürden bestehen – und wie kann man mit ihnen umgehen? Was soll mit „Worst-Performing Buildings“ geschehen, also solchen, die den schlechtesten Sanierungszustand aufweisen? Und wie kann diese Transformation sozial bestmöglich ausgestaltet werden? Diese und weitere Fragen stehen im Zentrum der interdisziplinär besetzten AG.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Melanie Jaeger-Erben
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg - Prof. Dipl.-Ing. Andreas Wagner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Abgeschlossene Arbeitsgruppen
Daten und Energieszenarien
Daten und Szenarien leisten beide einen entscheidenden Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende. Während Daten für die Planung, Steuerung und Optimierung von Energiesystemen unverzichtbar sind, bilden Szenarien die Grundlage für die Festlegung politischer Ziele und Maßnahmen. Die dreiteilige Workshopreihe widmet sich der Entstehung, Nutzung und Visualisierung von Energiedaten und -szenarien.
Im Mittelpunkt der Diskussion stehen zum einen die Identifizierung von Datenlücken innerhalb des Energiesystems und zum anderen die Frage, wie bestehende Energieszenarien vergleichbar gemacht werden können, um Orientierung für politische Entscheidungen zu bieten. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse entwickeln die Expert*innen Konzepte zur Umsetzung von Online-Plattformen im Rahmen des Projekts ESYS. Die geplanten Plattformen sollen vorhandene Energiedaten und -szenarien bündeln und in einen geeigneten Kontext stellen, um den Zugang und die Nutzbarkeit für politische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Akteure zu verbessern.
Ansprechpartnerin
- Miriam Borgmann
stellv. Leitung der Geschäftsstelle / Wissenschaftliche Referentin
Nachhaltige Kohlenstoffwirtschaft – Künftige Kohlenstoffquellen und -kreisläufe
Kohlenstoffhaltige Güter, wie Kunststoffe, werden auch zukünftig genutzt. Für die Herstellung verwendet die Industrie heute überwiegend Erdöl- und Erdgas als Kohlenstoffquelle. Im Verkehrssektor wird der Bedarf an Kraftstoffen durch Elektromobilität stark zurückgehen, insbesondere im Flug- und Schiffsverkehr werden aber synthetische Kraftstoffe, die auf Kohlenstoff basieren, eine Rolle spielen.
Um eine klimaneutrale Industrie aufzubauen, müssten aber alternative, klimaneutrale Kohlenstoffquellen entwickelt und angewendet werden. Dafür kommt neben Biomasse und Recycling von Kunststoffen auch die Nutzung von abgeschiedenem CO2 (Carbon Capture and Utilisation, CCU) in Frage.
Ziel der ESYS-Publikation ist es, den Status quo der Technologien und Produktionsprozesse darzustellen, die für eine nachhaltige Kohlenstoffnutzung benötigt werden. Ein Überblick über heutige Kohlenstoffströme und zu erwartende Entwicklungen ist ebenso in Arbeit. Zudem sollen die maßgeblichen Fragen aus technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Sicht herauskristallisiert werden.
Ansprechpartner
- Jörn Gierds
stellv. Leitung der Geschäftsstelle / Wissenschaftlicher Referent, ESYS - Berit Erlach
Wissenschaftliche Referentin, ESYS
Grundlastkraftwerke im treibhausgasneutralen europäischen Energiesystem
Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet voran. Dadurch verändert sich, wie Kraftwerke Strom produzieren: von einer stets einsatzbereiten Herstellung in großen Kraftwerken hin zu einer wetter- und tageszeitabhängigen Produktion in zahlreichen verteilten, kleineren Anlagen. Auch die Nachfrage verändert sich: Strom ersetzt zunehmend fossile Energieträger, direkt oder indirekt über Wasserstoff. Dadurch steigt der Strombedarf und die Nachfrage wird flexibler.
Mit dieser Entwicklung stellt sich die Frage: Können Grundlastkraftwerke im zukünftigen klimaneutralen Energiesystem gewinnbringend betrieben werden – und zwar durchgehend und mit hoher Auslastung? Oder führt die volatile Einspeisung aus Wind- und Solarstrom dazu, dass regelbare Kraftwerke so häufig abgeschaltet werden müssen, dass sie ungeeignet sind, um die erneuerbaren Energien zu ergänzen?
Die AG untersucht, unter welchen Bedingungen Grundlastkraftwerke sinnvoll ins europäische Energiesystem integriert werden können. Dazu erstellt das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag von ESYS eigene Modellrechnungen. Auf dieser Grundlage entwickelt die AG eine Publikation, die Voraussetzungen für eine Realisierung neuer Grundlastkraftwerke benennt und deren Auswirkungen auf das europäische Energiesystem skizziert.
Ansprechpartner
- Manfred Fischedick
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH - Hans-Martin Henning
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE - Karen Pittel
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung / LMU München - Dirk Uwe Sauer
RWTH Aachen
Kernfusion
Mit der Kernfusion könnte in rund zwei Jahrzehnten eine Technologie verfügbar sein, die zu einer klimaneutralen Energieversorgung beitragen kann. Bei der Kernfusion verschmelzen leichte Atome miteinander, wodurch Energie freigesetzt wird – aber keine Treibhausgase. Diesen Prozess technisch zu kontrollieren und die Energie zu nutzen: das strebt die Kernfusionsforschung an.
Allerdings ist die Realisierung komplex und anspruchsvoll. Unter anderem müssen spezielle Materialien verwendet werden, weil beispielsweise während der Fusion sehr hohe Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius herrschen. Außerdem kann das sogenannte Plasma, in dem die Atomkerne verschmelzen, bei ungünstigen Bedingungen schnell instabil werden, was die Fusionsreaktion stoppt.
Wo die Forschung zur Magnet- und Trägheitsfusion aktuell steht und bis wann mit einer Umsetzung zu rechnen ist, beleuchtet dieses Impulspapier. Die Publikation basiert auf einem Workshop mit Fachleuten und diskutiert neben den Herausforderungen auch die Chancen von Fusionskraftwerken und wie sich diese in das zukünftige Energiesystem einfügen könnten.
Ansprechpartner
- Sven Wurbs
Wissenschaftlicher Referent, ESYS Geschäftsstelle - Cyril Stephanos
Leiter der Geschäftsstelle, ESYS Geschäftsstelle
Kohlenstoffmanagement
Trotz ambitionierter Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasen wird es auch langfristig Restemissionen geben – das zeigen Klimaszenarien schon länger. Um trotzdem Klimaneutralität und langfristig sogar Netto-negativ-Emissionen erreichen zu können, ist sogenanntes Kohlenstoffmanagement erforderlich. Dessen Bausteine Carbon Capture & Storage (CCS), Carbon Capture & Utilization (CCU) und Carbon Dioxide Removal (CDR; Negativemissionen) benötigen teilweise die gleichen Infrastrukturen und überschneiden sich in ihrem Beitrag zum Klimaschutz. Daher ist eine übergreifende Strategie erforderlich.
Anlässlich der 2024 erscheinenden Carbon Management Strategie (CMS) der Bundesregierung und der geplanten Langfriststrategie Negativemissionen (LNe) betrachtet eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe die Anforderungen an eine solche übergreifende Strategie.
In der Publikation werden die Fachleute die Eckpunkte der Carbon Management Strategie einordnen, auf weitergehende Handlungsbedarfe blicken und Fragen thematisieren wie diese: Welche Rolle spielen Negativemissionen, CCU und CCS in einem umfassenden Kohlenstoffmanagement? Wie können sich die Verfahren sinnvoll ergänzen, damit die Klimaschutzziele umgesetzt werden?
Ansprechpartner
- Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH
Strommarkt der Zukunft
Der Ausbau von erneuerbaren Energien im Zuge der Energiewende in Deutschland und der EU führt zu einer neuen Dynamik auf den Strommärkten. Statt mit langfristigen Prognosen und Großkraftwerken planen zu können, müssen Strommärkte künftig kurzfristige Veränderungen durch fluktuierende erneuerbare Energiequellen, viele kleinere Marktteilnehmer und flexible Nutzung mitabbilden. Der geplante Wegfall von Kern- und Kohlekraftwerken verstärkt diese Dynamik. Die ESYS-Arbeitsgruppe „Strommarkt der Zukunft“ untersucht, wie das Marktdesign gestaltet werden könnte, um auch langfristig eine kostengünstige und sichere Versorgung zu garantieren. Hierbei geht es unter anderem um die folgenden Fragen: Wie können Anlagen für Erneuerbare Energien am besten finanziell gefördert werden oder wird eine Förderung durch einen hohen CO2-Preis sogar obsolet? Können sich Kraftwerke und Speicher, die für die Versorgungssicherheit entscheidend sind, im bestehenden System refinanzieren? Wie kann es gelingen, mehr Flexibilität in den Strommarkt zu bringen, ohne die Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz zu gefährden?
AG-Leitung
- Prof. Dr. iur. Jürgen Kühling, LL.M
Universität Regensburg - Prof. Dr. Justus Haucap
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion
Die klimapolitischen Ziele wurden in Deutschland und Europa verschärft, eine globale Wasserstoffwirtschaft ist im Entstehen und Potenziale zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (Negative Emissionen) sollen ausgelotet werden: Wie wirken sich diese Entwicklungen auf die Energiewende aus? Die AG Integrierte Energieversorgung untersucht, wie mögliche Wege in die Klimaneutralität vor 2050 unter diesen veränderten Vorzeichen aussehen können. Anhand eines Vergleichs aktueller Energieszenarien und eigener Modellrechnungen schafft sie einen Überblick über verschiedene mögliche Pfade zur Klimaneutralität und zeigt den Einfluss wichtiger technischer und ökonomischer Parameter und gesellschaftlicher Präferenzen auf die künftige Energieversorgung auf. Welche Treibhaus-Minderungspfade sind für die verschiedenen Sektoren nötig, um die deutschen und europäischen Klimaziele zu erreichen? Welche Technologien und Infrastrukturen müssen hierfür bis wann zur Verfügung stehen? Welche Rolle spielen Änderungen im Verbrauchsverhalten oder in der Energieeffizienz und welche politischen und regulatorischen Maßnahmen sind bis wann erforderlich, um diese Transformation zu schaffen?
AG-Leitung
- Prof. Dr. Anke Weidlich
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Prof. Dr. Mario Ragwitz
Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie
Wasserstoffwirtschaft 2030
Wasserstoff gilt in der Energiewende als Schlüsselelement für die Sektorenkopplung: Er bietet die Möglichkeit fossile Energien in den Sektoren zu ersetzen, in denen der direkte Einsatz von erneuerbarem Strom nur schwer realisierbar ist. Beispiele hierfür wären etwa die Chemie- und Stahlindustrie sowie der Flug-, See- und Schwerlastverkehr. Die hierfür benötigten Mengen können voraussichtlich nicht allein in Deutschland hergestellt werden. Wasserstoffimporte könnten helfen, diese Lücke zwischen Bedarf und Erzeugung zu schließen.
Die ESYS-Arbeitsgruppe „Wasserstoffwirtschaft 2030“ erarbeitet Handlungsoptionen für den Markthochlauf bis 2030, identifiziert Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen und ermittelt Forschungsbedarfe. Im Zentrum der Arbeit stehen Themen wie Verfügbarkeit, Transportvektoren, Infrastrukturen und Anwendungen sowie Zertifizierung. Welche Importmengen sind bis zum Jahr 2030 realisierbar? Können dafür bestehende Infrastrukturen genutzt werden oder müssen neue geschaffen werden? Wie muss der regulatorische Rahmen gestaltet sein, damit sich wirtschaftliche Geschäftsmodelle entwickeln können? Unter anderem diesen Fragen wird die AG nachgehen.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Frithjof Staiß
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)
Energiepreise und Versorgungssicherheit
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierenden geopolitischen Verwerfungen verändern die Rahmenbedingungen der Energieversorgung Deutschlands und Europas grundlegend. Wie könnte der Erdgasbedarf gedeckt werden, wenn westliche Staaten ein Embargo verhängen oder Russland die Lieferungen stoppt? Wie werden sich die Energiepreise in den nächsten Jahren entwickeln? Und was können Deutschland und Europa tun, um eine sichere und bezahlbare Energieversorgung für Industrie und Haushalte zu gewährleisten? Die Arbeitsgruppe betrachtet auf Basis zweier Gutachten ökonomische und netztechnische Auswirkungen unterbrochener Gaslieferungen aus Russland in einem Zeithorizont bis 2030 und leitet hieraus Handlungsoptionen für die deutsche und europäische Energiepolitik ab.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE - Prof. Dr. Karen Pittel
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Ausbau von Photovoltaik und Windenergie
Photovoltaik und Windenergie haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten enorme technologische Fortschritte gemacht: Mit ihnen erzeugter Strom wird immer günstiger, ihr Ausbaupotenzial ist groß – dennoch stockt der Ausbau und reicht nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Will Deutschland die nationalen und europäischen Klimaziele erreichen, muss dieser Prozess an Fahrt aufnehmen. Dies gilt umso mehr in Anbetracht des wachsenden Strombedarfs und der verschärften EU-Klimaziele.
Die Arbeitsgruppe „Ausbau von Photovoltaik und Windenergie“ identifiziert Ausbauhemmnisse für diese Energieträger und erarbeitet Handlungsoptionen, wie diese überwunden werden können. Neben rechtlich-ökonomischen Rahmenbedingungen und der Gestaltung der Planungs- und Genehmigungsprozesse sollen insbesondere auch Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz und Umsetzbarkeit in die Arbeit einfließen.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Andreas Walter Bett
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE - Prof. Dr. Ellen Matthies
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Resilienz digitalisierter Energiesysteme
Ohne Informations- und Kommunikationstechnologien ist die Energieversorgung inzwischen undenkbar. Sie ermöglichen den Informationsfluss zwischen Erzeugern, Verbrauchern, Umspannwerken und anderen Teilsystemen, überwachen das Netz und schlagen Alarm bei Problemen. Gleichzeitig birgt die Digitalisierung Risiken wie Manipulationen, Cyberangriffe oder fehlerhafte Anwendungen. Die Energieversorgung ist eine kritische Infrastruktur (KRITIS). Ein Blackout hätte daher weitreichende Folgen für die Gesellschaft. Der Anspruch lautet: Digitale Energieinfrastrukturen müssen sowohl sicher als auch sichernd sein. Das bedeutet, sie müssen sich selbst gegen Angriffe und Ausfälle verteidigen können und gleichzeitig das Gesamtsystem funktionsfähig halten. Wo liegen dabei die Chancen und Herausforderungen? Wer sind die Hauptakteure, welche Verantwortung tragen sie? Was muss auf Regulierungsebene und in der Praxis passieren? Mit diesen Fragen setzt sich die ESYS-Arbeitsgruppe „Resilienz digitalisierter Energiesysteme“ auseinander.
AG-Leitung
- Dr. Christoph Mayer
OFFIS – Institut für Informatik, Bereich Energie, Leiter - Prof. Dr. Gert Brunekreeft
Jacobs University Bremen, Professor für Energieökonomik
Strommarktdesign
Die regulatorischen Fragen im Strommarkt sind heute andere als bei der Liberalisierung um die Jahrtausendwende, als wesentliche Weichen im deutschen Energiemarktdesign gestellt wurden. Das Marktdesign muss daher angepasst werden. Im Hinblick auf die absehbaren Herausforderungen sollte die Entwicklung des Marktdesigns unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen grundsätzlich überdacht werden. Optimiertes Marktdesign kann Klimaschutzziele effizienter und effektiver erreichen, die Integration erneuerbarer Energien verbessern und zur Versorgungssicherheit beitragen. Die AG erarbeitet für das Zieljahr 2030, wie der Strommarkt für die Dekarbonisierung des Energiesystems gestaltet sein sollte und welche Handlungsoptionen sich ergeben. Hierzu werden das europäische Emissionshandelssystem, die Förderung erneuerbarer Energien sowie die Wechselwirkungen des Stromsektors mit den Sektoren Verkehr und Wärme beleuchtet.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Felix Müsgens
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Fakultät Maschinenbau, Elektro- und Energiesysteme, Lehrstuhl für Energiewirtschaft, Lehrstuhlinhaber - Prof. Dr. Hartmut Weyer
Technische Universität Clausthal, Institut für deutsches und internationales Berg- und Energierecht, Direktor
(De-)zentrale Energieversorgung
Durch den steigenden Einsatz erneuerbarer Energien wird Strom heute nicht mehr ausschließlich in Großkraftwerken produziert, sondern auch in kleineren Erzeugungseinheiten. So speisen immer mehr Privatpersonen, Unternehmen oder Kommunen mit eigenen Wind- oder Photovoltaikanlagen Strom ins Netz ein. Viele Bürgerinnen und Bürger sehen diese Entwicklung als Chance, die Energiewende aktiv mitzugestalten. Unklar ist jedoch, wie sich der Trend zur dezentralen Energieversorgung auf das Gesamtsystem auswirkt. Erwächst daraus eine funktionsfähige neue Systemarchitektur oder führt eine Fragmentierung des Energiesystems zunehmend zu Problemen? Die Arbeitsgruppe will aufzeigen, wie zentrale und dezentrale Elemente zu einem stabilen Versorgungssystem integriert werden können. Dazu untersucht sie technische Möglichkeiten, rechtliche Rahmenbedingungen sowie politische, ökonomische und gesellschaftliche Fragestellungen.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Peter Dabrock
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie, Lehrstuhl für Systematische Theologie II (Ethik), Lehrstuhlinhaber - Prof. Dr.-Ing. Jutta Hanson
Technische Universität Darmstadt, Institut für Elektrische Energiesysteme, Fachgebiet „Elektrische Energieversorgung unter Einsatz erneuerbarer Energien“, Leiterin - Prof. Dr. Christoph Weber
Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Energiewirtschaft, Lehrstuhlinhaber
Governance für eine europäische Energieunion
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und der Pariser Klimavertrag legen fest, dass die Erderwärmung langfristig auf deutlich unter 2 Grad begrenzt und die Welt in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral werden soll. Dafür muss die europäische Energieversorgung gemeinschaftlich umgebaut werden. Die Arbeitsgruppe untersucht den rechtlichen, politischen und ökonomischen Rahmen der europäischen Energiepolitik, vor allem im Hinblick auf bestehende Hemmnisse bei der Errichtung der europäischen Energieunion. Darauf aufbauend entwickelt sie Leitlinien für eine Governance der Energieunion, die nachhaltig, sicher und bezahlbar ist und auf eine vollständige CO2-Neutralität abzielt. Sie will aufzeigen, wie der Prozess optimal gesteuert werden könnte, wie die Aufgaben innerhalb der EU gerecht und effizient verteilt werden könnten und wie Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft eingebunden werden sollten.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Sabine Schlacke
Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Umwelt- und Planungsrecht, Geschäftsführende Direktorin - Prof. Dr. Michèle Knodt
Technische Universität Darmstadt, Institut für Politikwissenschaften, Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, Jean Monnet Professorin - Prof. Dr. Christoph Böhringer
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik, Lehrstuhlinhaber
Bioenergie
Bioenergie hat einige Vorteile: Weil sie sich gut speichern lässt, kann man damit die Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie ausgleichen oder Wärme erzeugen. Man kann aus Biomasse Kraftstoffe herstellen oder in Kombination mit der CCS-Technologie einsetzen, sodass der Atmosphäre Treibhausgase entzogen werden. Klimamodelle zeigen, dass dies in einigen Jahrzehnten erforderlich sein wird. Die Nachteile: Bleiben Nachhaltigkeitskriterien außer Acht, verursacht der Anbau von Energiepflanzen Treibhausgase, wirkt sich negativ auf Artenvielfalt und Bodenqualität aus und belastet die Gewässer. Die Arbeitsgruppe untersucht, wie man Bioenergie möglichst nachhaltig für die Energieversorgung nutzen und so zum Klimaschutz beitragen kann.
AG-Leitung
- Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Department Bioenergie, Leiterin - Prof. Dr. Gernot Klepper
Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel, Forschungsbereich „Umwelt und natürliche Ressourcen“, Senior Researcher
Sektorkopplung
Um 80 bis 95 Prozent CO2-Einsparung zu erreichen, genügt es nicht, nur die Stromerzeugung auf erneuerbare Energien umzustellen. Auch die Energie für die Wärmeversorgung und den Verkehr muss klimafreundlicher gewonnen werden. Dazu braucht es zum einen Technologien wie Power-to-X, mit denen sich aus Strom zum Beispiel Heizwärme, synthetisches Gas und Kraftstoffe herstellen lassen. Darüber hinaus müssen Märkte, rechtliche Rahmenbedingungen und Infrastrukturen angepasst werden. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Eberhard Umbach analysiert Entwicklungspfade für eine stärkere Vernetzung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Eberhard Umbach
acatech, Mitglied des Präsidiums - Prof. Dr. Hans-Martin Hennig
Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Leiter
Pfadabhängigkeiten im Verkehrssektor
Heutige Entscheidungen beeinflussen die Entwicklung des zukünftigen Energiesystems maßgeblich. Beispiel Verkehr: Über das bestehende Tankstellensystem können künftig auch Biokraftstoffe und synthetisches Benzin vertrieben werden. Für Elektroautos und Brennstoffzellenfahrzeuge bräuchte man dagegen komplett neue Infrastrukturen für Strom beziehungsweise Wasserstoff. Würde man das System nur auf eine dieser Technologien ausrichten, entstünden also Pfadabhängigkeiten, die später nur noch schwer aufzulösen wären. Vor diesem Hintergrund entwickelt eine Arbeitsgruppe derzeit eine Stellungnahme, die Strategien für solche Entscheidungsprobleme liefern soll. Sie soll Akteure dabei zu unterstützen, mit Pfadabhängigkeiten umzugehen und Weichenstellungen im Verkehrssektor vorzunehmen.
AG-Leitung
- Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick
Wuppertal Institut, Vizepräsident - Prof. Dr. Armin Grunwald
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Leiter
Risiko und Resilienz
Bricht die Energieversorgung zusammen, drohen Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft. Daher sollte das Energiesystem möglichst robust sein. Idealerweise „lernt“ es sogar aus Störfällen und ist danach besser auf künftige Ereignisse vorbereitet. Wie also kann eine sichere Energieversorgung auch dann gewährleistet werden, wenn mehrere unvorhergesehene Ereignisse zusammenkommen? Und welchen Einfluss hat die Energiewende auf die Widerstandskraft des Systems? Eine Arbeitsgruppe hat dazu beispielhafte „Bedrohungsszenarien“ entworfen und in einer Analyse beschrieben. Für die darauf aufbauende Stellungnahme hat sie Maßnahmen für ein resilientes Energiesystem der Zukunft herausgearbeitet.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Ortwin Renn
Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), Wissenschaftlicher Direktor
Verbraucherpolitik
Um den Endenergiebedarf zu reduzieren, müssen auch Privatverbraucher sparsamer mit Energie umgehen. Eine hohe Stromrechnung führt jedoch nur selten dazu, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Energieverbrauchsverhalten aktiv ändern. Auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse hat eine Arbeitsgruppe unter anderem analysiert, welche Anreize Privathaushalte zum Energiesparen motivieren können.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Ortwin Renn
Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), Wissenschaftlicher Direktor
Ressourcen
Die Energiewende beeinflusst den Rohstoffbedarf: Während der Verbrauch von Kohle, Öl und Gas langfristig sinken soll, kann Bioenergie dazu beitragen, die schwankende Einspeisung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen. Gleichzeitig werden mehr Metalle benötigt, um Erneuerbare-Energieanlagen, Speicher und Netze auszubauen. Die Arbeitsgruppe hat untersucht, wie Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten werden kann und welche Maßnahmen dazu beitragen, die Versorgung langfristig zu sichern.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Peter Herzig
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Direktor - Prof. Dr.-Ing. Friedrich-Wilhelm Wellmer
ehem. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), ehem. Präsident
Energieszenarien
Energieszenarien dienen häufig als Grundlage für politische Entscheidungen. Umso wichtiger ist es, dass die Ergebnisse nachvollziehbar und transparent sind. Viele beauftragte Institute legen ihre Rechenmodelle jedoch nicht offen. Auch wird nicht immer deutlich, ob Vorgaben der Auftraggeber die Ergebnisse beeinflussen. Um mehr Transparenz zu schaffen, hat die Arbeitsgruppe Leitlinien für die Arbeit mit Energieszenarien entwickelt.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Armin Grunwald
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Leiter
Flexibilitätskonzepte
Die Einspeisung aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen schwankt in Abhängigkeit vom Wetter. Flexibilitätstechnologien müssen diese Schwankungen ausgleichen – mit flexiblen Kraftwerken, Speichern und Lastmanagement, das den Verbrauch mit dem Angebot in Einklang bringt. Doch welche Technologien verbinden Stabilität mit Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz und gesellschaftlicher Akzeptanz? Eine Arbeitsgruppe hat mithilfe eines eigens entwickelten Rechenmodells rund 130 Systemkonstellationen verglichen.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer
RWTH Aachen, Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA, Lehrstuhl für Elektrochemische Energieumwandlung und Speichersystemtechnik, Lehrstuhlinhaber - Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Vizepräsident
Integration
Um die globale Erderwärmung zu begrenzen, müssen die Energieversorgungssysteme möglichst vieler Länder nachhaltiger werden. Daher wäre es sinnvoll, die deutsche Energiewendepolitik stärker mit der europäischen Energie- und Klimapolitik zu verzahnen. Eine Arbeitsgruppe hat die Voraussetzungen für ein international anschlussfähiges europäisches Modell herausgearbeitet und dabei insbesondere den europäischen Emissionshandel, die Förderung erneuerbarer Energien und den Strombinnenmarkt beleuchtet.
AG-Leitung
- Prof. Dr. Christoph M. Schmidt
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Präsident
Publikationen
Alle Ergebnisse werden veröffentlicht. Stellungnahmen der Akademieninitiative enthalten Handlungsoptionen für den Umbau des Energiesystems und erscheinen in der gemeinsamen „Schriftenreihe zur wissenschaftlichen Politikberatung“. Ergänzende Analysen und Materialien werden in der eigenen Reihe „Energiesysteme der Zukunft“ publiziert.
Alle Publikationen sind auf der ESYS-Website abrufbar.
Im Dialog
ESYS bringt die verschiedenen Stakeholder der Energiewende in vielfältigen Dialogformaten miteinander ins Gespräch. Durch den Austausch mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft können die Mitwirkenden deren Positionen in die wissenschaftliche Analyse einbeziehen.
ESYS-Jahresveranstaltung
Einmal im Jahr lädt die Akademieninitiative ESYS in Berlin zur Jahresveranstaltung ein. In Podiumsdiskussionen und Workshops werden Ergebnisse und Ideen aus der Initiative vorgestellt und mit Interessierten unterschiedlicher Branchen und Disziplinen diskutiert.
ESYS-Konferenz

Weiterführende Informationen
Website „Energiesysteme der Zukunft“
Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften
Union der deutschen Akademien der Wissenschaften