Design Initiative – Quelloffene Designinstrumente für souveräne Chipentwicklung (DI-QDISC)
In den letzten Jahren rückte die Bedeutung der Mikroelektronik als zentrale Schlüsseltechnologie für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland zunehmend in den Fokus. Die Chip-Krise in der Automobilindustrie machte die Verwundbarkeit und Abhängigkeit Europas sichtbar, während die Durchbrüche im Bereich der generativen KI das weiterhin große Potential dieser Zukunftstechnologie beweisen.
Im Strategiepapier „Industriepolitik in der Zeitenwende“ bezeichnet die Bundesregierung die Mikroelektronik inzwischen als die entscheidende Grundlage für unseren digitalisierten Alltag. Sie ist ein Schlüssel für die meisten Industrieprodukte der Zukunft und für viele Digitalisierungs- und Transformationsprozesse. Die Fähigkeit, mikroelektronische Komponenten zu entwickeln, sowie der Zugang zu geeigneten Fertigungskapazitäten werden als wesentliche Bestandteile der technologischen Souveränität verstanden.
Derzeit werden Entwicklungsumgebungen für das Chipdesign weitgehend von wenigen Akteuren außerhalb der Europäischen Union kontrolliert. Wenn europäische Unternehmen die gebräuchlichsten Chip-Entwicklungswerkzeuge und Produktionskapazitäten nutzen, müssen sie neben Lizenzgebühren häufig strenge Vorgaben, wie Geheimhaltungsvereinbarungen oder Mindestbestellmengen erfüllen. Dadurch könnten Akteure außerhalb Europas möglicherweise Einfluss auf die Vermarktung von in Europa entwickelten Produkten nehmen und im Konfliktfall durch gezielte Interventionen sogar die technologische Entwicklung in Europa blockieren.
Neben den rechtlichen Beschränkungen und geopolitischen Risiken stellen insbesondere für mittelständische Unternehmen und Start-ups die hohen Lizenzgebühren und strengen Vorgaben eine große Hürde für die Entwicklung eigener Mikrochips dar, selbst wenn auf alte beziehungsweise ausgereifte Technologien zurückgegriffen wird. Für die Entwicklung von digitalen Höchstleistungsprozessoren in den neuesten Fertigungsprozessen gibt es zudem keine Alternative zu den proprietären Lösungen der drei marktführenden Anbieter.
Quelloffene Entwurfswerkzeuge spielen bereits heute in der Ausbildung des akademischen Nachwuchses eine wichtige Rolle, dennoch ist der technische Stand zum Teil noch deutlich hinter kommerziellen Produkten. Zudem erfüllen diese Werkzeuge häufig nicht den Anforderungen und die Zuverlässigkeit für die Produktion im Rahmen besonders anspruchsvoller Produktionsprozesse.
Das Projekt DI-QDISC (Design Initiative – Quelloffene Designinstrumente für souveräne Chipentwicklung) untersucht, ob und für welche Technologien und Anwendungsdomänen quelloffene Designinstrumente eingesetzt werden können, um als Alternative bzw. Ergänzung zu den bestehenden proprietären Angeboten einen Beitrag zur technologischen Souveränität und Innovationsfähigkeit in Europa zu leisten. Neben den technologischen Aspekten sollen insbesondere auch mögliche Geschäftsmodelle quelloffener Entwicklungswerkzeuge untersucht werden. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob die erfolgreichen Innovationsmechanismen aus dem Open-Source-Softwarebereich auf das Feld der Mikroelektronik übertragbar sind, und ob durch die Kombination proprietärer und quelloffener Lösungen produktive Synergien entstehen können.
Die acatech IMPULS-Publikation ist ein Debattenbeitrag zwischen zentralen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Im Mittelpunkt steht die Sondierung von Handlungsoptionen zur Stärkung des Designökosystems und der Innovationsfähigkeit in Deutschland und Europa, insbesondere für innovative Start-Ups und KMU.
Dabei werden die akademische Lehre und Forschung, die Herausforderungen privater Innovationsfinanzierung für Geschäftsmodelle für quelloffene Hardware und die rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Halbleiterindustrie berücksichtigt. Ziel ist es, Deutschlands Beitrag als größtem Mikroelektronikstandort in der EU im Kontext europäischer Programme zum Chip-Design zu reflektieren.
Mitglieder der Projektgruppe
- Prof. Dr. Robert Weigel, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) (Projektleitung)
- Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Ecker, Infineon Technologies AG
- Prof. Dr. Claudia Eckert, Technische Universität München / Fraunhofer AISEC
- Werner Ertle, Intel Deutschland GmbH
- Prof. Dr.-Ing. Friedel Gerfers, Technische Universität Berlin
- Christian Herber, NXP Semiconductors Germany GmbH
- Prof. Dr. Andreas Herkersdorf, Technische Universität München
- Dr. Johann Heyszl, Google Safety Engineering Center München
- Prof. Dr.-Ing. Gerhard Kahmen, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
- Prof. Dr. Christoph Kutter, Fraunhofer EMFT
- Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Nebel, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg / OFFIS
- Prof. Dr. Harald Pretl, Johannes Kepler Universität Linz
- Dr. Heike Riel, IBM Research Zürich
- Prof. Dr.-Ing. Ulf Schlichtmann, Technische Universität München
- Dr. René Scholz, Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP)
- Prof. Dr.-Ing. Georg Sigl, Technische Universität München / Fraunhofer AISEC
- Prof. Dr.-Ing. Jürgen Teich, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
- Prof. Dr.-Ing. Stefan Wallentowitz, Hochschule München
- Prof. Dr.-Ing. Norbert Wehn, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU)
Weiterführende Links
Zur Projektbeschreibung des BMBF.