„Der Grundsatz von Industrie 4.0, anstelle von Massenprodukten hochautomatisiert individualisierte Erzeugnisse zu fertigen, ist in vielen Branchen attraktiv und in einigen sogar unabdingbar – zum Beispiel bei der Erzeugung Patienten-individueller Medikamente. Zur Beantwortung der Fragen, was Industrie 4.0 technisch, organisatorisch und betriebswirtschaftlich bedeutet, wie eine entsprechende Lösung beschaffen sein muss und in welchen Schritten diese umgesetzt werden soll, sind weitere wissenschaftliche Arbeiten erforderlich.“
Prof. Peter Liggesmeyer
TU Kaiserslautern/Fraunhofer IESE
„Industrie 4.0 ist im Bewusstsein vieler Unternehmen angekommen, aber noch lange nicht auf dem Shopfloor. Während ihre grundlegenden Prinzipien weithin verstanden sind, müssen viele Aspekte zu deren erfolgreicher Umsetzung noch erforscht werden. Der Forschungsbeirat ist hierzu ein wichtiger Ideen- und Impulsgeber. Wir dürfen den Schwung bei Industrie 4.0 nicht verlieren!“
Prof. Wolfgang Nebel OFFIS – Institut für Informatik & Universität Oldenburg
„Die Komplexität industrieller Produkte bedingt nie dagewesene Abhängigkeiten in ihrer Herstellung. Diese erfordern innerhalb eines Unternehmens wie auch über Wertschöpfungsnetzwerke hinweg einen zuverlässigen und vertrauensvollen Austausch und Abgleich von Daten. Industrie 4.0 entwickelt dieses datengetriebene Produktions- und Wertschöpfungsmodell und seine Operationalisierung ganzheitlich von der Managementebene bis zum Shopfloor. Die zu bewältigenden Aufgaben bieten enorme Chancen, stellen die Unternehmen wie auch die Forschung aber auch vor gewaltige Herausforderungen, die nur durch konzertierte Anstrengungen der Wirtschaft und der Wissenschaft gelöst werden können. Der Forschungsbeirat ist das Bindeglied zwischen beiden.“
Prof. Jürgen Gausemeier Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn
„Industrie 4.0 zielt auf Innovationen von Produktionssystemen und Wertschöpfungsnetzen ab, nimmt aber auch Innovationen von Produkten und Dienstleistungen in den Blick. Es entstehen komplexe technische bzw. soziotechnische Systeme, die hohen Anforderungen insbesondere an Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit (Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Vertraulichkeit) erfüllen müssen. Deutschland hat den Anspruch, solche Systeme schnell und sicher zum Markterfolg zu bringen. Das erfordert mehr denn je Systemgestaltungskompetenz, aber auch innovationsförderliche Rahmenbedingungen, wie eine adäquate Fachkräftebasis und technologische Souveränität. Das Leitbild Industrie 4.0 kann nur dann Wirklichkeit werden, wenn wir das als Systemgestaltungsherausforderung sehen, der mit dem Ansatz Advanced Systems Engineering (ASE) wirkungsvoll begegnet werden kann.“
Prof. Hartmut Hirsch-Kreinsen Technische Universität Dortmund
„Aus sozialwissenschaftlicher Sicht sind zwei gesellschaftspolitische Konsequenzen des inzwischen über zehnjährigen Diskurses über die Vision Industrie 4.0 besonders positiv hervorzuheben: Zum einen hat er die enorme wirtschaftsstrukturelle Bedeutung des industriellen Sektors für Deutschland und auch für Europa insgesamt unterstrichen und es werden mit dieser Vision bis heute zukunftsweisende und insbesondere auch ressourcenschonende Innovationsperspektiven für die Industrie eröffnet. Zum zweiten hat Industrie 4.0 die lange in Vergessenheit geratene Frage nach der Zukunft von Industriearbeit erneut und nachdrücklich auf die politische Agenda gesetzt. Auszugehen ist dabei davon, dass sich mit Industrie 4.0 keineswegs automatisch eindeutige – negative oder positive – Folgen für Jobs und Qualifikationen verbinden. Vielmehr eröffnet Industrie 4.0 weite Gestaltungsspielräume für Arbeit, die für ihre qualifikations- und humanorientierte Gestaltung genutzt werden können und sollten. Zudem kann mit einem solchen Gestaltungsansatz die Attraktivität von Industriearbeit gesteigert und damit dem drängenden demographischen Problem der Fachkräfteknappheit entgegengewirkt werden.“
Dr.-Ing. Ursula Frank Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
„Industrie 4.0 ist der maßgebliche Ideen- und Technologietreiber hin zu Wertschöpfungsnetzen. Digitalisierung, Kommunikation, Datenanalysen und maschinelles Lernen schaffen neue Produktions- und Arbeitswelten. So können Produkte bis hin zur Losgröße 1 effizient und ressourcenschonend entwickelt, hergestellt sowie vermarktet werden. Die Verknüpfung von Produkten mit Dienstleistungen ermöglicht darüber hinaus neue, zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Industrie 4.0 bietet jedoch noch vieles mehr zur Begegnung der Bedürfnisse von Gesellschaft und zur Erhaltung einer lebenswerten Umwelt – diese Potenziale gilt es mit weiteren Ideen und Tatkraft zu erschließen.“
„Cyber-physische Systeme verändern den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Systemen.
Das betrifft deren Entwicklung, also das Thema Systems Engineering, wo Softwaresysteme in zweifacher Hinsicht zentrale Bedeutung bekommen: Als entscheidender Bestandteil der Produkte selbst mit einem unglaublichen Potential neue, innovative Funktionen zu realisieren, auch durch die Vernetzung und den Datenaustausch der Produkte mit anderen und durch eine immer stärkere Virtualisierung des Entwicklungsprozesses, was auch als Grundlage dienen kann für die datenbasierte Produktion unter Verwendung von digitalen Zwillingen und auch für die weitere Einbindung der Produkte im Markt in einen umfassenden Dienstleistungs- und Weiterentwicklungsprozess. Dies ermöglicht eine intensive Interaktion zwischen Entwicklung, Produktion und Nutzung, was zu völlig anderen Produktlebenszyklen von der Entwicklung bis zur Entsorgung führt und letztlich auch einer zirkulären Wirtschaft den Weg bereitet.“
Prof. Alexander Fay Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg
„Mit zahlreichen Forschungsarbeiten zu Industrie 4.0 wurde aufgezeigt, wie die Digitalisierung von Produktion und Logistik Ressourcen sparen und Effizienz erhöhen kann. Aktuell finden umfangreiche Initiativen statt, um diese Erkenntnisse in die Fläche zu bringen und insbesondere auch kleinere Unternehmen zu befähigen, Prozesse zu digitalisieren und damit zu profitieren. Die Realisierung von Industrie 4.0 braucht aber einen langen Atem und ist noch lange nicht vollendet. Es bedarf weiterer gemeinsamer Anstrengungen von Wirtschaft und Wissenschaft, Verbänden und Politik. Die Hemmnisse liegen zum Teil in den Unternehmen selbst, zum Teil aber auch im Umfeld.“
„Blicken wir in den Rückspiegel, sehen wir 10 erfolgreiche Jahre Industrie 4.0 mit der Schaffung einer globalen Marke. Industrie 4.0 hat die Digitalisierung in die Fabriken gebracht und die Vision der flexiblen und vernetzen Produktion schrittweise Realität werden lassen. Für die Zukunft stellen sich weitere Forschungs-fragestellungen: Wie funktionieren Nachhaltigkeit in all Ihren Facetten und eine wettbewerbsfähige Industrie zusammen? Wie schaffen wir in der Industrie Klimaneutralität und forcieren die Kreislaufwirtschaft? Dafür werden wir weitere Technologien entwickeln, Datenräume schaffen, KI-Verfahren einsetzen und globale Standards vorantreiben – es gilt angewandte Forschung für eine nachhaltige Industrie zu gestalten, die ihren gesellschaftlichen Beitrag leistet!“
„Industrie 4.0 ermöglicht Nachhaltigkeit auf betrieblicher und technischer Ebene. Die Kombination von Digitalisierung, Automatisierung und Methoden der modernen KI wird für die produzierende Industrie neue Wege eröffnen. Autonome, optimierte Wertschöpfungsprozesse in Design und Engineering, in der Produktion, im Rahmen der Lieferketten sowie in Serviceprozessen tragen sowohl zur Ressourceneffizienz als auch zu steigender Produktivität bei. Dies eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen und trägt auch aus wirtschaftlicher Sicht zur Nachhaltigkeit bei. Neue Technologien und Innovationen müssen auf Klimaneutralität zielen und bei der Transformation der Wirtschaft helfen – für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und die Gesellschaft.“
„Florierende Industrien sind das Fundament erfolgreicher Volkswirtschaften. Industrie schafft Wohlstand. Aber dieser wichtige Wirtschaftszweig muss sich wandeln: „flexibler, smarter, grüner“ – lautet die Losung. Ein entscheidender Hebel: Industrie 4.0. Mit hochqualifizierten Fachkräften, einer digitalisierten vernetzten Produktion und neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz sichern wir innovative Industriestandorte und schützen Klima und Umwelt.“
„Im Jahr 2021 wollen mehr als neun von zehn Unternehmen ihre langfristige IT-Strategie verändern, und das in nahezu allen Industrien. Egal wie das Frontend-aussieht, ohne den Wechsel in eine sichere Cloud-Infrastruktur (Stichwort Gaia x) und weg von proprietären Lösungen wird die Digitalisierung im großen Stil nicht funktionieren. So wird der Weg in die Cloud mit noch größerer Energie vorangetrieben und es wird mehr Geld in Automatisierung und die Echtzeitauswertung von Daten (Big Data) fließen. Das sind Investitionen, die sich lohnen – mit deutlichen Kosteneinsparungen durch geringere administrative Aufwände auf der Anbieterseite und mehr und einfacheren Services für die alle Nutzer,
von Business Partner bis hin zum Endkunden.“
„Die digitale Vernetzung von Abläufen, Prozessen und Industrieanlagen bringt Effizienzgewinne und sichert die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie. Gleichzeitig steigen durch die zunehmende Digitalisierung die technologischen Abhängigkeiten. Unser Ziel muss es sein, europäische Alternativen zu den großen internationalen Playern zu schaffen, um die Einflussmöglichkeiten durch Dritte zu reduzieren. Gleichzeitig müssen Lösungen entwickelt werden, um bestehende Technologien von international agierenden Anbietern nachzurüsten, sie zu analysieren und zu testen, um zu verstehen, wie sie funktionieren und wie sie in sichere Umgebungen integriert werden können. Entscheidend für den Erfolg von Industrie 4.0 wird also sein, dass Abhängigkeiten kontrollierbar bleiben. Nur so lässt sich ein hohes Niveau an Cybersicherheit aufrechterhalten. Dafür müssen Deutschland und Europa ihre technologische Souveränität sichern, festigen und kontinuierlich ausbauen. Das gilt insbesondere für die Schlüsselbereiche Hardware- und Netzkomponenten, Dateninfrastrukturen, KI-Systeme und Zukunftstechnologien wie z. B. Quantencomputing und 6G. Angewandte Cybersicherheitsforschung leistet dazu einen wichtigen Beitrag.“
„Industrie 4.0 hat Wirtschaft und Wissenschaft auf den Weg in eine digitalisierte Arbeitswelt gebracht. Menschen und immer intelligentere Maschinen – z.B. Roboter, Fahrzeuge oder auch VR-Brillen etc. – rücken immer näher zusammen und arbeiten gemeinsam. Diese sozio-technische Kooperation zu gestalten, damit die Maschinen produktiver und die Menschen zufriedener arbeiten können, ist unsere Aufgabe heute und in Zukunft.“
Drei Fragen an Prof. Michael ten Hompel zur Expertise „Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen“
Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0,
Ordinarius des Lehrstuhls für Förder- und Lagerwesen der TU Dortmund und geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik
Drei Fragen an Prof. Dr. Manfred Broy zur Expertise „Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen“
Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0,
Professor emeritus der Professur Software und Systems Engineering der Technischen Universität München
Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Wahlster zum zehnjährigen Jubiläum von Industrie 4.0
Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0,
Chief Executive Advisor (CEA) vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
Interview mit Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl zum Ausstand als Sprecher des Forschungsbeirats
Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0,
Leiter des Fachgebiets Datenverarbeitung in der Konstruktion
(DiK) der TU Darmstadt