acatech am Dienstag: Experten bescheinigen Technologien in der Landwirtschaft ein großes Innovationspotential
München, 5. Juni 2018
Biotechnologien und digitale Anwendungen können dazu beitragen, dass die Landwirtschaft wirtschaftlich effizienter und ökologisch nachhaltiger wird. Darin stimmten Markus Gandorfer (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft), Anton Huber (Bayerischer Bauernverband), Volker Sieber (TU München, Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit) und Markus Vogt (LMU München) bei acatech am Dienstag überein. Zugleich bescheinigten sie den Landwirtinnen und Landwirten in Deutschland eine hohe Innovationsfähigkeit und ein großes Interesse an technologischen Entwicklungen.
Bereits heute tragen Informationstechnologien 30 Prozent zur Wertschöpfung in der Landwirtschaft bei. Landwirtschaft 4.0 sei mehr als die Anwendung von Industrie 4.0-Technologien auf dem Feld, betonte Moderator Markus Vogt, der auch Sprecher des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern ist. Vielmehr sei die Landwirtschaft ein Treiber der Digitalisierung.
Hohe Investitionen beim Kauf der Technologien, fehlende Infrastruktur im ländlichen Raum (insbesondere schnelles Internet), komplexe Fragen des Datenschutzes sowie die Einarbeitung in die Anwendungen stellten die Landwirtinnen und Landwirte jedoch vor große Herausforderungen, sagte der Theologe. Zudem verändere der Technologieeinsatz das Berufsbild sehr stark. „Wird die Landwirtschaft einem industriellen Leitbild untergeordnet?“, fragte er Referenten und Publikum.
Kleine Robotik als Vision für die deutsche Landwirtschaft
Markus Gandorfer erläuterte aktuelle Hindernisse auf dem Weg zum Smart Farming: Schnittstellenprobleme zwischen Geräten verschiedener Anbieter nähmen zu und die Anwenderfreundlichkeit der Maschinen sei oftmals verbesserungsbedürftig. Weil immer mehr Daten in Clouds abgelegt würden, träten zudem Fragen des Datenschutzes und der Datenhoheit auf. Aufgrund der im internationalen Vergleich kleinen Nutzflächen, sei die Amortisationszeit für Investitionen zwar länger als in andere Ländern. Es gebe aber Dienstleister wie Maschinenringe, die eine gemeinsame Nutzung von Geräten anbieten. Zudem fördere das hohe Bildungsniveau der deutschen Landwirte Innovationen, sagte der Agrarökonom. Zugleich sprach er sich dafür aus, verstärkt empirische Daten über die Akzeptanz der Technologien bei Landwirten und Verbrauchern zu erheben. Die kleine skalierbare Robotik bezeichnete Gandorfer als Vision für die Landwirtschaft in Deutschland.
Digitale Anwendungen können im Arbeitsalltag entlasten
Anton Huber unterstrich, dass hohe Anforderungen an die Landwirtschaft gestellt würden. Nicht aus dem Blick geraten dürften die Familien, die in neue Technologien investieren und gleichzeitig einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt seien. Digitale Anwendungen können Landwirtinnen und Landwirte im Arbeitsalltag aber entlasten und das Berufsbild attraktiver machen, erklärte er. Der Technikeinsatz bedeute nicht unbedingt, die Nähe zur Natur zu verlieren. Vielmehr liefere sie ein genaueres Bild und eine bessere Kenntnis des Ackers. Des Weiteren ermöglichten die Technologien, Pflanzenschutzmittel, Dünger und Wasser einzusparen und dadurch auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft zu steigern. Er sei optimistisch, dass die derzeitigen technischen Probleme in den Anwendungen gelöst werden. Es liege zudem „in den Genen der Landwirte, innovativ zu sein“, betonte Anton Huber.
Technologien als Chance für „Inseln der Biodiversität“
Volker Sieber bezeichnete die nachhaltige Nutzung von Biomasse als eine Schlüsselfrage, deren Lösung mittels Biotechnologien vorangebracht werden könne. Sie sei eine Chance, „Inseln der Biodiversität“ zu schaffen. Bauern müssten viel leisten, betonte Sieber, und verwies auf die Nahrungsmittel- und Futterproduktion sowie den Anbau von Nutzpflanzen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien. Ein extensive Bepflanzung und eine abnehmende Biodiversität dürfe aber nicht die Folge sein. Stattdessen sollten auch andere Wertschöpfungsmöglichkeiten erforscht werden, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden können. Smart Farming der Zukunft sei dezentral in den Höfen anwendbar, sagte er. Das könne die Technikakzeptanz steigern.
Referenten und Publikum diskutierten unter anderem kontrovers über das Schnittstellenproblem bei Geräten verschiedener Anbieter. Die Politik könne regulierend eingreifen, schlugen Volker Sieber und einige Gäste vor. Markus Gandorfer rief die Nutzer solcher Geräte auf, Interoperabilität bei den Herstellern einzufordern.