Mobilität steht für Lebensqualität, gesellschaftliche Teilhabe, Wohlstand und Versorgungssicherheit. Das Mobilitätssystem muss sich mehr denn je an die sich verändernden Lebenswelten anpassen und resilienter werden. Umwelt- und klimapolitische Ziele sind genauso zu berücksichtigen wie die fortschreitende Digitalisierung. Innovationen und Technologieoffenheit sind die Voraussetzungen, um passende technische Lösungen zu entwickeln. Der Maßstab für eine bedarfsgerechte und alltagstaugliche Umsetzung sind die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung.
Diese Interessen zu integrieren, ist eine der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart. Denn das Mobilitätssystem der Zukunft kann nur gemeinsam gestaltet werden, auf Basis von Fakten und wissenschaftlich fundiertem Wissen. Deshalb macht die Akadmie das Thema seit Langem zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit und initiierte, moderierte und steuerte zum Beispiel von 2018 bis 2021 das von der Bundesregierung eingesetzte Beratungsgremium Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) als Gesprächsplattform zur Diskussion strategischer Weichenstellungen im Mobilitätsbereich.
Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Mobilitätssystem der Zukunft ist es entscheidend, alle Beteiligten mitzunehmen. Es sind nicht allein technologische Entwicklungen oder gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Zukunft unserer Mobilität bestimmen. Es wird vor allem darum gehen, ob neue Mobilitätsangebote zu den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer passen und im Alltag auch angenommen werden.
Sehr viele Menschen wollen den Mobilitätswandel und einen klimaschonenden Verkehr. Aber sie brauchen alltagstaugliche Lösungen, die zu ihren persönlichen, individuell wie regional sehr unterschiedlichen Bedürfnissen passen. Es reicht nicht, die Menschen für vorgefertigte Lösungen gewinnen zu wollen. Sie müssen gehört, gefragt und in die Gestaltung vor Ort zentral einbezogen sein. Nachhaltige Mobilität gelingt nur, wenn alle Menschen sich als Träger der Veränderungen verstehen und engagieren.
acatech hat das Thema Mobilität der Zukunft aufgrund seines hohen Stellenwerts in Politik und Gesellschaft bereits Anfang der 2000er Jahre in der Akademiearbeit verankert. Mobilitätsexpertinnen und -experten aus Wissenschaft und Wirtschaft haben schon damals Untersuchungen zum wachsenden Verkehr mit seinen Folgen für Mensch und Umwelt, zur Elektromobilität oder zum autonomen Fahren angestellt und gegenüber der Politik adressiert. Heute sind diese Themen integraler Bestandteil aller Debatten rund um die Transformation des Mobilitätssystems.
Henning Kagermann, Vorsitzender des acatech Kuratoriums
Erwartungen und Wünsche an die Mobilität von morgen
Der Erfolg einer nachhaltigen Transformation im Mobilitätsbereich ist maßgeblich von der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger abhängig. Sie brauchen passgenaue Angebote für ihre individuelle Mobilität. Deswegen ist es entscheidend, die Perspektive der Menschen und ihrer Lebensverhältnisse zu kennen und mit in den Diskurs um die Mobilität von morgen einzubringen.
Mit dem Mobilitätsmonitor untersucht das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag von acatech seit 2019 das Mobilitätsverhalten sowie Erwartungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Die jährliche Durchführung ermöglicht es, Trends und Veränderungen in den Einstellungen zu erkennen. Die Ergebnisse leisten einen wertvollen Beitrag für die Projektarbeit im acatech Themenschwerpunkt Mobilität und finden über Presse und Medien Eingang in die gesellschaftlichen Debatten.
Individuelles Mobilitätsverhalten ist stark geprägt von den uns umgebenden räumlichen Strukturen. Wo wir leben und arbeiten, wo wir zur Schule gehen und wie wir unsere Freizeit verbringen – das alles hat Auswirkungen auf unsere Mobilität. Städtebauliche Konzepte – im Neubau wie auch im Bestand – müssen die verkehrsinduzierenden Wirkungen der räumlichen Verteilung von Angeboten und Destinationen berücksichtigen, Mobilitätsplanung muss Veränderungen im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung einplanen.
Im Rahmen des Projekts werden Schlüsselaspekte einer gelungenen Integration der Themenfelder Stadtentwicklung und Mobilität in der kommunalen und regionalen Governance untersucht. Durch eine auf Erreichbarkeit und Nähe ausgerichtete Planung, so die These, kann der Alltagsverkehr reduziert und die Aufenthaltsqualität im urbanen Raum gesteigert werden. Bewohnerinnen und Bewohner bekommen neue Mobilitätsmöglichkeiten und mehr Wahlfreiheit in ihrer individuellen Mobilitätsentscheidung – der Weg wird geebnet in Richtung einer neuen Mobilitätskultur.
Ob Smart Parking, Shared Mobility oder intelligente Verkehrssteuerung – die Zukunft der Mobilität ist nutzerfreundlich, nachhaltig und digital. Um einen fairen Wettbewerb um innovative und datenbasierte Mobilitätsanwendungen in Deutschland und Europa zu fördern, wurde auf Wunsch der Bundesregierung der Mobility Data Space (MDS) als unabhängiger Marktplatz für Mobilitätsdaten geschaffen. Seit Januar 2022 ist der Mobility Data Space, der allen die die Mobilität von morgen mitgestalten wollen, eine sichere und vertrauenswürdige Infrastruktur für den souveränen Datenaustausch bietet, operativ am Markt tätig. Die Trägergesellschaft DRM Datenraum Mobilität GmbH wird von zahlreichen Akteuren aus dem Mobilitätssektor und acatech als Gründungs- und Mehrheitsgesellschafterin getragen. Diese Struktur sorgt für die Neutralität und Offenheit des Mobility Data Space und schafft das nötige Vertrauen in den fairen und souveränen Handel mit Mobilitätsdaten.
Eine verbesserte Datennutzung und -integration kann helfen, das gesamte Mobilitätssystem effizienter, umweltfreundlicher und widerstandsfähiger zu machen. Die Europäische Union setzt sich daher zum Ziel, einen grenz- und sub-sektorenübergreifenden Datenaustausch zu ermöglichen, um so dem Ziel eines Binnenmarkts für Mobilitätsdaten näherzukommen.
Das im Oktober 2022 gestartete Projekt (PrepDSpace4Mobility) bereitet die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraums vor. 17 europäische Partner kartieren bestehende Datenökosysteme und erarbeiten die Grundlagen einer geeigneten technischen Infrastruktur. Ziel ist es, in der EU einen einfachen, grenzüberschreitenden Zugang zu Personenverkehrs- und Logistikdaten zu erreichen. acatech koordiniert das Projekt und unterstützt zusammen mit den weiteren Partnern die Entwicklung entsprechender technischer Infrastrukturen.
Der Batteriepass – mit Circular Economy die Elektromobilität antreiben
Mit der steigenden Anzahl an Elektrofahrzeugen wächst auch der Bedarf an Lithium-Ionen Batterien für den Fahrzeugantrieb (Traktionsbatterien). Als wesentliche Komponente des Elektrofahrzeugs rückt dabei in den Vordergrund, dass diese Batterien nachhaltig produziert, genutzt und recycelt werden. Besonders digitale Produktpässe können in diesem Kontext dabei helfen, Traktionsbatterien im Sinne einer smarten Circular Economy zu managen.
Im Projekt Batteriepass (Battery Pass) entwickelt acatech daher zusammen mit weiteren Konsortialpartnern industrieübergreifend inhaltliche und technische Standards für einen digitalen Batteriepass, welche in einem Pilotprojekt demonstriert werden. Der Batteriepass unterstützt eine nahtlose Dokumentation des Batterielebens von der Produktion über die Nutzung bis zur Wiedernutzung und dem Recycling und ermöglicht so das nachhaltige und zirkuläre Management von Traktionsbatterien.
Wer an Mobilität denkt, denkt oft zuerst an das Auto, das Fahrrad, den Bus oder die Bahn. Dabei ist Mobilität viel mehr: Sie ermöglicht uns, in die Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt zu fahren, Freundinnen und Freunde zu treffen und unsere Kinder in die Schule zu bringen. Sie ist also auch Teilhabe am Leben. Gleichzeitig erzeugen wir dadurch Verkehr, und das wiederum hat schwere Folgen für die Umwelt. Wie lässt sich eine Mobilität gestalten, die auf die Bedürfnisse aller Menschen eingeht und gleichzeitig dazu beiträgt, die Klimaziele zu erreichen? Welche Rolle spielen dabei Technologien und neue Mobilitätsmodelle, die mehr auf Nutzen statt Besitzen setzen? Was können wir von der Fahrradhauptstadt Kopenhagen über moderne Stadtplanung lernen? Diesen und weiteren spannenden Fragen widmet sich die HORIZONTE Ausgabe zur Transformation der Mobilität.