acatech am Dienstag: Plastik – von der Innovation zur Umweltkrise zur zirkularen Wertschöpfung
München, 24. April 2018
Unter der Überschrift „Plastik – die nächste Umweltkrise“ diskutierten am 24. April im acatech Forum in München Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe acatech am Dienstag statt. Partnerin der Veranstaltung war die Evangelische Stadtakademie München.
Egal ob in der Verpackungs- oder Bekleidungswirtschaft, in der Automobil- oder Elektronikbranche: Plastik kommt in vielen Industriebereichen zum Einsatz. So wundert es nicht, dass sich der weltweite Plastikverbrauch in den letzten 50 Jahren verzwanzigfacht hat – und er steigt weiter an. Das hat negative Folgen: Immer mehr Plastik landet auf riesigen Deponien, die nicht selten die Fläche großer Städte einnehmen, oder verschmutzt die Ozeane. So gelangen derzeit jährlich etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll in die Weltmeere. Sollte sich an dieser Entwicklung nichts ändern, könnten die Ozeane im Jahr 2050 massenmäßig mehr Plastik als Fisch enthalten.
Um dies zu verhindern, sind Strategien wie ein komplettes Re-Design von Kunststoffen, eine verbesserte Wiederverwertung, aber auch neue Recyclingansätze für Plastik notwendig. Bei acatech am Dienstag am 24. April diskutierten Expertinnen und Experten, welche technischen, unternehmerischen und politischen Herausforderungen sich daraus ergeben und welche Maßnahmen hier ergriffen werden könnten.
acatech Mitglied Bernhard Rieger, Leiter des WACKER-Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie der TU München, betonte zum Auftakt der Diskussion, dass für eine differenzierte Betrachtung des Problems zwischen den verschiedenen Kunststoffgruppen und deren Verwendungsmöglichkeiten unterschieden werden müsse. Einerseits gäbe es viele Anwendungsbereiche, beispielsweise in der Medizin, die ohne den Einsatz von Kunststoffen nicht auskommen würden. Andererseits könnten hochmoderne Verbundstoffe, wie sie zum Beispiel in Automobilkarosserien verbaut werden, für die Entwicklung einer Circular Economy aber auch hinderlich sein.
Das derzeitige Hauptproblem seien allerdings Verpackungsmaterialien, so Martin Stuchtey, Professor an der Universität Innsbruck sowie Gründer und Managing Partner von SYSTEMIQ. Unser gedankenloser Umgang mit diesem minderwertigen Plastik habe das Potenzial eine soziale, ökologische und ökonomische Krise auszulösen.
Welche Schritte sind notwendig, um gerade dieses Problem in den Griff zu bekommen und den Plastikverbrauch in den hochentwickelten Staaten drastisch zu verringern? Dieter Janecek, Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen, sprach sich in diesem Zusammenhang für die Besteuerung von Erdöl als Rohstoffquelle aus, da höhere Preise die Nutzung von Plastik als Verpackungsmaterial unattraktiver machen würden. Darüber hinaus sollte die Abfallmenge nicht gesetzlich gedeckelt, sondern grundsätzlich reduziert werden. Bernhard Rieger sieht die Vermeidung von „Wegwerfplastik“, also von Plastik, das nach dem Auspacken einer Ware seine Funktion verliert und sofort in den Müll entsorgt wird, als mögliche Lösung und Martin Stuchtey appellierte für eine effektive Nutzungsökonomie, den Aufbau von Entsorgungssystemen und langfristig die Entkopplung vom Öl.
Fazit: Der weltweite Anstieg des Plastikverbrauchs bringt viele Probleme, die längst in der öffentlichen Diskussion sind. Es ist Zeit, unseren derzeitigen Umgang mit Plastik radikal in Frage zu stellen. Plastik darf dennoch nicht verteufelt werden, da es in vielen Bereichen nützlich eingesetzt werden kann. Die Herausforderung ist der richtige Umgang, die intelligente Nutzung und die Vermeidung einer übermäßigen Produktion.