acatech fordert ressortübergreifende Innovationsstrategie 2021+
München/Berlin, 20. September 2021
In der Corona-Krise wurde die Bedeutung von Wissenschaft und Technik besonders offensichtlich – aber auch der drängende Modernisierungsbedarf Deutschlands. Eine kommende Bundesregierung muss ein Aufbruchssignal senden, schreibt acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften in den heute erschienenen „Impulsen zur Innovationspolitik 2021+“. Dort definiert die Akademie vier vordringliche innovationspolitische Handlungsfelder und empfiehlt eine weitere Intensivierung der Innovationspolitik.
„Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden, muss dazu Wachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln und gleichzeitig produktiver und wettbewerbsfähiger werden“, so beschreibt acatech Präsident Karl-Heinz Streibich die innovationspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre. „Dafür muss unser Land seine Innovationskraft stärken und technologische Souveränität sichern. Innovationspolitik gehört in den Fokus der Politik. Wir brauchen eine politische Begleitung von Innovationen entlang einer nochmals verstärkten, ressortübergreifenden Strategie.“
Vier Handlungsfelder der Innovationspolitik
In vier zentralen Handlungsfeldern definiert das Impulspapier auf wenigen Seiten zentrale Ziele, technologische Entwicklungen als Wegbereiter und politische Handlungsempfehlungen:
- Ein wirksamer Klima- und Umweltschutz werde nur erreicht durch eine grundlegende Änderung der Nutzung natürlicher Ressourcen. Dies erfordere ein großes Innovations- und Investitionsprogramm. Zentrale Säulen seien klare ökonomische Anreize aber auch die Förderung nachhaltiger Innovationen und zirkulärer Geschäftsmodelle.
- Digitale Souveränität: Eine kommende Bundesregierung müsse konkrete Strategien digitaler Souveränität für Deutschland und die EU voranbringen und dafür systematisch Stärken und Schwachstellen europäischer Wertschöpfungsnetze und kritischer Infrastrukturen analysieren. Als Grundlage für diese Strategiebildung biete acatech ein erweitertes Technologie-Schichtenmodell an, das der gestiegenen Bedeutung digitaler Ökosysteme Rechnung trägt.
- Mobilität: acatech fordert eine Beschleunigung des Mobilitätswandels. Von der Förderung des Antriebswechsels über die Stärkung des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs bis hin zur digitalen Transformation müssen dazu viele Bausteine ineinandergreifen. Der resultierende Struktur- und Beschäftigungswandel müsse sozialverträglich begleitet werden.
- Gesundheit und Lebenswissenschaften: Das Gesundheitssystem braucht einen Paradigmenwechsel hin zu einem System, das die Möglichkeiten moderner Medizin für die Gesunderhaltung nutzt. Effizienzsteigerung und Prozessorientierung, aber auch einen Wandel von der erfahrungsbasierten hin zu einer wissensbasierten Medizin sei nötig. Der Schlüssel dafür liege in einer umfassenden Digitalisierung und Nutzung von Gesundheitsdaten sowie in der Nutzung biotechnologischer Innovationen.
In den zusammenfassenden Empfehlungen fordert acatech eine weitere Intensivierung der Innovationspolitik. Deutschland brauche ein agiles Innovationssystem und müsse die Bedingungen für Gründungen verbessern. Wissenschafts- und Technikbildung, Nachwuchsförderung und ein kontinuierliches Kompetenzmonitoring seien Grundvoraussetzungen. Für eine Digitalpolitik aus einem Guss sei zudem eine institutionalisierte Koordination durch eine strategisch denkende Einheit innerhalb der Bundesregierung erforderlich.
„Innovationspolitik muss ein zentrales Anliegen einer kommenden Regierung sein. Eine starke, gesellschaftlich verankerte Wissenschafts- und Wirtschaftsbasis sichert nicht nur unseren Wohlstand, sondern verschafft uns zudem erst die finanziellen Spielräume und Werkzeuge, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern“, sagt acatech Präsident Jan Wörner. „In Zukunft muss es uns dabei noch besser gelingen, unsere guten Ideen selbst zu konkreten Produkten und Dienstleistungen weiterzuentwickeln.“