Experteninterview mit Manfred Broy, Zentrum Digitalisierung.Bayern
7. September 2018
Die Blockchain-Technologie ist stark gehyped, aber ebenso umstritten. Was macht sie aus? Welche Chancen bietet sie? Welche Missverständnisse gibt es? Und wie kann eine Blockchain-Strategie der Bundesregierung aussehen? Antworten gibt Manfred Broy, Mitglied der Blockchain Projektgruppe der acatech HORIZONTE.
1. Wie sind Sie mit der Blockchain-Technologie erstmals in Berührung gekommen?
Manfred Broy: Zum ersten Mal bin ich mit der Blockchain-Technologie etwa 2010 im Rahmen einer Software Engineering-Vorlesung in Berührung gekommen. Dabei wurde die Technologie insbesondere im Hinblick auf das Thema Sicherheit vorgestellt.
2. Was fasziniert Sie an der Blockchain-Technologie?
Mich fasziniert, dass durch die Blockchain neue Formen der Organisation von Registern, Archiven und Kladden möglich werden. In diesen Bereichen sind ein hoher Grad an Transparenz, dezentrale Prozesse und verteilter Konsensbildung wichtig. Ich bin gespannt, wie sich der sehr Hype-geprägte Zugang zur Blockchain-Technologie in nüchterne Beurteilungen wandelt.
3. Welche Chancen bietet die Blockchain-Technologie?
Die öffentliche Diskussion zu Blockchain ist derzeit besonders durch das Thema Bitcoin geprägt. Nichtsdestotrotz müssen wir aber auch über Anwendungen der Blockchain jenseits von Bitcoin Aktien nachdenken. Denn es gibt eine ganze Reihe verschiedener Blockchain-Anwendungen, davon könnten viele auch stärker zentralisiert werden, ohne Blockchain umgesetzt werden. Blockchains sind besonders dann von Interesse, wenn eindeutig nachvollziehbare Transaktionen erforderlich sind – beispielsweise in der Logistik oder vor allem auch im staatlichen Bereich. Ein interessanter Ansatz ist der Einsatz der Blockchain-Technologie bei der Verifizierung der Identitäten von Personen.
4. Welches typische Missverständnis begegnet Ihnen rund um das Thema?
Blockchain ist eine Technologie, die in aller Munde ist. Doch eine Bewertung ohne tiefere Einblicke und einem grundlegenden Verständnis für die Informatik ist schwierig. Deshalb ist es zu begrüßen, dass acatech hier aktiv wird. Ziel sind eine nüchterne Bewertung und Empfehlungen für die Politik. Häufig wissen Entscheidungsträger nicht, was die Technologie leisten kann und was nicht. Das ist gerade bei einem solchen Hype-Thema gefährlich. Es werden häufig Anwendungen in Betracht gezogen, für die die Blockchain-Technologie ungeeignet ist.
5. Was sollte die angekündigte Blockchain-Strategie der Bundesregierung unbedingt enthalten?
Bei der Blockchain handelt es sich ja nicht um eine einzelne, sondern um ein Bündel von Technologien. Deshalb sollte die angekündigte Blockchain-Strategie dafür sorgen, dass die Grundlagen der Blockchain-Technologie sehr viel genauer erschlossen wird. Außerdem sollten die einzelnen Bestandteile wissenschaftlich präzise erfasst werden. Eine Blockchain-Strategie sollte Anwendungen in den Blick nehmen, bei denen die Technologie tatsächlich Vorteile bietet. Es wäre wichtig, dass der Staat selbst in manchen Bereichen, in denen die Blockchain-Technologie tatsächlich einen Beitrag leisten kann, mit ersten Anwendungen startet.
Manfred Broy ist Gründungspräsident und wissenschaftlicher Geschäftsführung des Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B). Seit 1992 ist er Gründungsdekan der Fakultät für Informatik der TU München. Manfred Broy ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften, der Leopoldina und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie von acatech. Ebenso fungiert er bei acatech als Leiter der HORIZONTE Projektgruppe Blockchain.
Die Beiträge im HORIZONTE logbuch geben die Meinungen und Experteneinschätzungen der Autorinnen und Autoren wieder und nicht Positionen von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.