Ist CRISPR das ultimative Tool?

München, 29. November 2019
CRISPR-Cas9 ist eine junge, vergleichbar einfache und günstige Methode, um das Erbgut zu verändern. Extrahiert aus bakteriellen Immunsystemen wird die Genschere CRISPR-Cas9 womöglich in naher Zukunft eine nie dagewesene Kontrolle über die grundsätzlichsten Bausteine des Lebens ermöglichen. Was bedeutet sie für die menschliche Evolution? Wie weit darf Forschung gehen? Diese Fragen beleuchtet der Film „Human Nature“, der am 26. November bei acatech am Dienstag im Münchener Monopol Kino gezeigt wurde. Bei einem anschließenden Filmgespräch beantworteten Experten die Fragen des Publikums.
CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats; CRISPR-Cas9 bezeichnet eine Methode zum gezielten Schneiden und Verändern von DNS, dem Erbgut. Dabei ist Cas9 das DNS-schneidende Protein. Durch CRISPR-Cas9 sind Forscherinnen und Forscher in der Lage, jedes Gen auf fast beliebige Weise zu verändern: Einzelne DNS-Bausteine können ausgetauscht, Teile des Gens gelöscht oder durch neue Sequenzen ergänzt werden. Dies gilt als Ansatz zur Erforschung neuer Therapien bei verschiedensten Krankheiten. Gleichzeitig wirft die Technik tiefgreifende ethische und moralische Fragen auf. Genau diese Fragen beleuchtet der Film „Human Nature“, der am 26. November im Münchener Monopol Kino gezeigt wurde. Im Anschluss an die Vorführung bezogen Biotechnologie-Experten dazu Stellung und diskutierten mit dem Publikum.
Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech e.V., sagte in einem kurzen Impuls, dass der Film „Human Nature“ sehr deutlich mache, welch großer Fortschritt CRISPR-Cas9 im Vergleich zu den bisher sehr plumpen Eingriffen der Gentechnik sei. Doch die Probleme würden dadurch nicht weniger, da ein präziserer Eingriff ins Erbgut nicht automatisch bedeute, dass die Ergebnisse voraussagbarer würden. Problematisch sieht er die Pläne, CRISPR in die natürlichen Populationen und Ökosysteme einzubringen und diese somit gentechnisch so zu verändern, dass sie aus Sicht des Menschen besser funktionieren.
Stefan Stricker, Forschungsleiter am Munich Center for Neurosciences der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie am Helmholtz Zentrum München, sagte in seinem Impuls, dass CRISPR ganz neue Möglichkeiten eröffne, um grundsätzliche Zusammenhänge zu verstehen. In der Grundlagenforschung sei aktuell besonders die Erkenntnis, dass das Cas9-Protein in der Lage ist, bestimmte Sequenzen der DNA zu finden, herausragend. Der Film habe ihm grundsätzlich gut gefallen, so Stefan Stricker, lasse aber fiktionalen Ideen mit unrealistischen Umsetzungschancen viel Raum.
Zu Beginn der Diskussion wurde das Publikum gebeten, sich im Hinblick auf die im Film aufgeworfenen Szenarien als „Bio-Optimist“ oder „Bio-Pessimist“ einzuordnen. Im Ergebnis waren etwa 50 Prozent des Publikums der Meinung, dass Biotechnologie das Leben verbessert, 25 Prozent standen der Thematik eher pessimistisch gegenüber und 25 Prozent waren eher unsicher und enthielten sich der Stimme. Jean Enno Charton vom Biotechnologie-Unternehmen Merck, das als führender Anbieter von Genome Editing-Technologien gilt, versicherte vor diesem Hintergrund, dass seine Firma in ethischen Fragen den Rat von Fachleuten heranziehe: von einem Gremium renommierter Bioethikexpertinnen und -experten lasse man Richtlinien aufstellen, um den Missbrauch der Technologie zu verhindern. Jeder Käufer von Merck-Produkten müsse sich verpflichten, diese Richtlinien einzuhalten.