Jan Wörner im Deutschen Museum: Ohne Faszination und Scheitern keine Innovation

München, 30. September 2021
Innovationen helfen dabei, Herausforderungen wie den Klimawandel zu bewältigen. acatech Präsident Jan Wörner machte in einem Vortrag im Deutschen Museum in München deutlich, dass für eine innovationsfreundliche Atmosphäre gewisse kulturelle Muster hinterfragt werden müssen.
Rund sechs Jahre lang leitete Jan Wörner die Europäische Weltraumagentur (ESA), bevor er im März 2021 acatech Präsident wurde. In einem Vortrag in der Reihe „Wissenschaft für jedermann“ des Deutschen Museums am 29. September in München nutzte er deshalb auch das Beispiel Raumfahrt, um zu veranschaulichen, wie Innovationen entstehen – und wie sie gefördert werden können.
Am Anfang der Raumfahrt stand seinerzeit eine sehr radikale Idee: die Idee, zum Mond zu fliegen. Ohne eine gewisse Faszination für den Himmel und den Weltraum wäre diese Idee wohl nie geboren worden. Nachdem sie schließlich in der Welt war, galt es, mit alten Denkmustern und -schablonen zu brechen – um auf diese Weise ein Verschieben der Grenzen des technisch Machbaren zu ermöglichen. Scheitern war dabei selbstredend wiederkehrender und fester Bestandteil.
Faszination und Scheitern – beides werde in der hiesigen Kultur zu wenig gefördert bzw. zugelassen, so Jan Wörner. Faszination für etwas werde zu häufig mit kindlicher Naivität gleichgesetzt und entsprechend abgewertet. Das Scheitern dagegen werde hierzulande oft als Indiz dafür gewertet, dass etwas nicht funktioniere. Jan Wörner illustrierte dies abermals an einem Beispiel aus der Raumfahrt. So hätten die deutschen Medien in ihrer Berichterstattung über die wiederverwendbare Falcon 9-Rakete sehr stark die misslungenen Landeversuche in den Mittelpunkt gerückt. In den US-amerikanischen Medien habe man dagegen von fast geglückten Landeversuchen gesprochen – und damit das Scheitern als einen notwendigen Schritt auf dem Weg zum Erfolg gekennzeichnet.
Auch dem vermeintlichen Widerspruch zwischen Wettbewerb und Kooperation widmete sich der acatech Präsident. Beide Prozesse müssten miteinander verbunden werden: Wettbewerb sorge dafür, dass verbesserte, aber meist auch spezialisiertere Lösungen gefunden werden. Diese müssten dann durch Kooperation zu allgemeinen Lösungen und damit in der Breite nutzbar gemacht werden.
Die Raumfahrt habe es vorgemacht: Seit 50 Jahren und über verschiedene Grenzen und Konfliktlinien hinweg sei die Kooperation zwischen Astro- und Kosmonauten vielleicht nicht immer intrinsisch gewollt gewesen, jedoch sei man eben auf dem Weg zum Ziel aufeinander angewiesen gewesen.
Ähnlich müssten Wettbewerb und Kooperation nun auch bei der Bewältigung des Klimawandels ineinandergreifen: Dieser habe eine globale Dimension, einzelne Länder könnten ihm nichts entgegensetzen, so Jan Wörner. Im Wettbewerb mit anderen könnte man allerdings Lösungen entwickeln, die so vorteilhaft sind, dass andere Länder sie kopieren – und damit einen Ansatzpunkt für eine gemeinsame Weiterentwicklung schaffen.
Der komplette Vortrag im Video: