Textiltechnik – was können die textilen Produkte der Zukunft?

Augsburg, 26. Juli 2019
Forschung und Textilindustrie arbeiten mit Hochdruck an „intelligentem“ Gewebe für die unterschiedlichsten Bereiche des Lebens. Neben klassischen Einsatzgebieten wie Bekleidung und Innenraumgestaltung nimmt ihre Bedeutung in der Medizin, im Automobil- und Flugzeugbau und in der Architektur weiter zu. Deutschland ist führend bei der Produktion technischer Textilien. Was diese heute schon leisten und wohin die Forschung geht, war Thema bei acatech am Dienstag am 23. Juli im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg.
Textilien seien eine der vielfältigsten und faszinierendsten Materialgruppen, die es gibt, erklärte Stefan Schlichter vom Institut für Textiltechnik Augsburg in seinem einführenden Vortrag. Sie seien in sehr vielen Ausprägungen verfügbar, hätten unterschiedlichste Erscheinungsformen und seien damit vielfältig einsetzbar. Fünf bis zehn Prozent aller weltweit eingesetzten Materialien sind Textilien. Sie variieren in Form und Aufmachung, ermöglichen ressourceneffizienten Leichtbau und vielfältige Anwendungen.
Komposite – die Technik der Zukunft
Schon im 19. Jahrhundert war Augsburg die bedeutendste Textilstadt in Deutschland – und auch heute ist die Fuggerstadt noch ein Zentrum der Textilindustrie. Aktuell widmen sich viele Institute in Augsburg dem Thema Komposite (Verbundwerkstoffe). Um Verbundwerkstoffe herzustellen, fügt man Fasern mit einer Matrix aus Kunststoff zusammen. Das Ergebnis ist ein fester Stoff, dessen Eigenschaften vielfältiger sind als die Summe der beiden einzelnen Komponenten, erklärte Stefan Schlichter. Ziel der Aufbereitung der Kunststoffe sei es, einen Werkstoff zu erhalten, der skalierbar ist und die günstigen Eigenschaften der Bestandteile kombiniert. Diese Hochleistungswerkstoffe haben derzeit besonders in der Lebensmittel-, Flugzeug- und Automobilindustrie großen Nutzen.
Textil im Gesundheits- und Medizinbereich
Thomas Fischer von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung (Denkendorf) zeigte, dass technische Textilien in Form von Fäden, Stents, Herzklappen und medizinischen Implantaten im Bereich der Medizin- und Gesundheitstechnik breite Verwendung finden. Auch smarte Bekleidung mit integrierter Sensorik, die menschliche Körperfunktionen kontrollieren, seien ein zentrales Entwicklungsfeld mit großem Potenzial. Im Berufsbekleidungsbereich gebe es beispielsweise smarte Bekleidung, die die Vitalparameter von Feuerwehrleuten, Polizei und Militär oder auch von Berufsfahrern, wie LKW- und Busfahrern überwacht. Technisch stehe hier besonders der Digitaldruck im Fokus, über den man Textilien mit Funktionen, Schaltkreisen, Elektrolumineszenz, Heizelementen oder Sensoren bedrucken kann, erklärte Thomas Fischer.
Beide Experten wünschten sich für die Zukunft, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher den Textilien wieder mehr Wertschätzung entgegenbrächten. Modische Damen-T-Shirts würden mitunter, so Fischer, nur fünf Mal getragen und dann weggeworfen. Er wünsche sich, dass Kleidungsstücke zukünftig wieder mit mehr Sorgfalt ausgewählt und erhalten würden. Sie seien mehr als nur modische Accessoires.