Was strategische Personalplanung mit Digital Culture zu tun hat: ein Nachbericht zur vierten #FutureWorkDebatte
München, 3. November 2022
Strategische Personalplanung erlebt gerade eine Renaissance. Mit der Methode lassen sich Personalveränderungen in Unternehmen langfristig erkennen und adressieren – eine große Herausforderung in einer Zeit, in der sich Märkte schnell verändern und Krisen für tiefe Einschnitte sorgen. Strategische Personalplanung kann dennoch helfen: beim Aufbau einer Digital Culture, die Unternehmen resilienter macht. Ein Rückblick auf die vierte Ausgabe der #FutureWorkDebatte.
Im Zeitalter der Digitalisierung erleben Unternehmen große Veränderungen in kürzester Zeit. Hinzu kamen in den letzten Jahren plötzlich auftretende und einschneidende Krisen wie die Corona-Pandemie oder der russische Angriff auf die Ukraine. Unternehmen, die schnell und anpassungsfähig sind, haben unter diesen Umständen einen Vorteil – strategische Personalplanung kann ein Schlüssel dafür sein, diese Eigenschaften auszuprägen. Entsprechend wichtig ist es, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Was sind die Säulen strategischer Personalplanung? Wie können Skills ermittelt, auf- und ausgebaut werden? Bei der vierten Ausgabe der #FutureWorkDebatte am 26. Oktober standen diese Fragen im Mittelpunkt. Als Gäste bei der virtuellen Veranstaltung waren diesmal mit dabei:
- Corinna Schittenhelm I Schaeffler AG, Vorstand Personal, Arbeitsdirektorin, CHRO
- Claus Buckert I Siemens Advanta, Vice President, Partner
- Prof. Bernd Fitzenberger PhD I Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Direktor
- Dr. Katrin Krömer I Bundesagentur für Arbeit, Personalvorständin
- Moderation: Frank Riemensperger, acatech Präsidium
Grundsätzlich sei strategische Personalplanung kein neuer Trend, wurde gleich zu Beginn der Diskussion herausgestellt. Jedoch gebe es aktuell eine Art Renaissance. Ausgehend von der Begriffsdefinition gehe es darum, Personalveränderungen langfristig zu erkennen und zu adressieren, so Moderator und acatech Präsidiumsmitglied Frank Riemensperger. Aufgaben bei der strategischen Personalplanung seien daher eine Ist-Analyse („Welche Kompetenzen haben wir?“) sowie ein Forecast („Welche Kompetenzen brauchen wir in Zukunft?“). Bei Letztgenanntem sei es wichtig, Technologien, Markttrends und gesellschaftliche Entwicklungen im Blick zu behalten und dabei zu analysieren, wie sich diese Veränderungen auf Skill-Profile auswirken könnten. Ereignisse wie die Corona-Pandemie und insbesondere deren Auswirkungen auf das benötigte Skill-Set, den Mitarbeiterbestand und das Geschäftsmodell im Unternehmen, hier war sich die Runde einig, seien jedoch selbst mit den besten Modellen nicht vorhersagbar.
Mit der vorherrschenden Kultur des Bewahrens sei Deutschland zwar für langfristige Trends und inkrementelle Veränderungen sehr gut aufgestellt, so Frank Riemensperger. Bei großen Transformationen, die große Verwerfungen in kurzer Zeit mit sich bringen, tue sich die deutsche Wirtschaft aber oft schwer. „Unternehmen, in denen eine Digital Culture herrscht, können mit plötzlichem Veränderungsdruck von außen gut umgehen, weil sie Menschen für Wandel und Mitarbeit zu begeistern vermögen. Diese Unternehmen sind widerstandsfähiger.“ Elementare Bestandteile einer digitalen und veränderungsbereiten Kultur seien moderne Leadership-Methoden im Top-Management, eine umfängliche Kommunikation sowie Weiterbildungsmöglichkeiten, die auch große, zielgruppenorientierte Reallabore im Betrieb zulassen.
„Um die Veränderungen erfolgreich zu meistern, müssen alle Führungskräfte auf allen Ebenen in die Kommunikation eingebunden werden. Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung, dass die Re- und Weiterqualifizierung zusammen mit den Mitarbeitenden stattfindet.“
Corinna Schittenhelm, Vorständin Personal bei der Schaeffler AG
Bei der Entwicklung von Weiterbildungsangeboten sind die Sozialpartner ein zentraler Hebel: Was bedeuten durch die Digitalisierung getriebene Veränderungen für den Einzelnen und für die Einzelne? Bewährte Maßnahmen in der betrieblichen Praxis beinhalten beispielsweise Zukunftsvereinbarungen zu Qualifizierungen sowie Angebote für Beschäftigte, eigene Ideen einzubringen. Der Dialog mit den Beschäftigten müsse frühzeitig gesucht werden.
„Durch die Transformation werden Jobs verlorengehen, dafür viele neu entstehen. Gerade in höherqualifizierten Jobs wird es neue Chancen geben. Qualifizierung ist ein zentraler Schlüssel, auch für Beschäftigte und Arbeitslose.“
Katrin Krömer, Bundesagentur für Arbeit, Personalvorständin
Klar sei jedoch auch, dass in Unternehmen, die eine Digital Culture aufbauen wollen, Beschäftigte über eine Basiskompetenz im Umgang mit digitalen Technologien verfügen müssen. Das habe sich auch in den zurückliegenden zwei Jahren gezeigt: Unternehmen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Probleme bei der Bedienung von Zoom, Teams oder anderen Remote-Work-Diensten gehabt hätten, seien weniger gut durch die Corona-Krise gekommen. „Upskilling“ im Bereich digitaler Kompetenzen sei entsprechend ein wichtiger Teil aktueller strategischer Personalplanung.
„Die Arbeit geht nicht aus. Neben den Höherqualifizierten brauchen wir auch Menschen, die die Technologie begleiten und die Fähigkeiten besitzen, auch in Nicht-Routine-Problemfällen mit der Technologie umzugehen. Arbeitskräfte kontinuierlich zu befähigen – auch im Hinblick auf ihre Gesundheit – ist zentrale Herausforderung für eine vorausschauende Personalpolitik.“
Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Auch der Werkzeugkasten der strategischen Personalplanung müsse sich den Gegebenheiten der Zeit anpassen. Es gelte, neue Methoden und Tools auszuprobieren und einzusetzen, um Kompetenzbedarfe besser ermitteln zu können.
„Während wir in der Vergangenheit umfangreiche quantitative Tools zur strategischen Personalplanung in Unternehmen aufgebaut haben, führen die Digitalisierung und der Fachkräftemangel zu einer zunehmenden Bedeutung der qualitativen Aspekte.“
Claus Buckert, Siemens Advanta, Vice President, Partner
Zwar ist strategische Personalplanung für eine gesamte Volkswirtschaft nicht möglich. Dennoch können längerfristige Trends im Sinne von Projektionen ermittelt werden. Klug eingesetzt ist strategische Personalplanung demnach ein Schlüssel für den Aufbau einer digitalen Unternehmenskultur – und damit ein wichtiger Faktor für die Widerstandskraft der deutschen Wirtschaft.
Mitschnitt der Veranstaltung
Über die Debattenreihe Fit for Future Work
Wie diese Zusammenarbeit funktionieren kann und wie die Digitalisierung vom Schreckgespenst und mutmaßlichen Jobkiller zur Chance für gute Arbeit werden kann, bringen aktuelle Impulse des HR-Kreises auf den Punkt. In seiner Debattenreihe „Fit for Future Work“ stellt der HR-Kreis seine Thesen öffentlich zur Diskussion. Aktuelles und Positionen rund um die Debattenreihe in den sozialen Medien:
#FutureWorkDebatte