acatech am Dienstag: Aufstellung macht Emotionen beim Thema Künstliche Intelligenz sichtbar
München, 6. Mai 2019
Am Abend vor dem Tag der Arbeit ging es bei acatech am Dienstag um die Zukunft der Arbeit – in einem ungewöhnlichen Format: Eine Aufstellung, ein Verfahren aus dem systemischen Coaching, sollte Ängste und Hoffnungen in Bezug auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt deutlich machen. Experten, Betroffene und Interessierte stellten auf diese Weise ihre Emotionen zum Thema dar und diskutierten anschließend miteinander.
Wie wird Künstliche Intelligenz (KI) unser Leben verändern? Auf diese Frage haben die Menschen in Deutschland positive wie negative Antworten parat. Und so begann die von der Theaterwissenschaftlerin Ruth Sander von Politik im Raum geleitete Aufstellung mit einer ersten Aufwärmübung für die zahlreich erschienenen Gäste: Jeder Anwesende sollte sich im Raum zwischen den zwei Polen „Traum“ und „Albtraum“ so positionieren, dass es seiner Haltung in Bezug auf die Auswirkungen von KI entspricht. Das überraschende Ergebnis: die Gäste, die eher Chancen statt Risiken sehen, waren in der Mehrzahl.
Wir müssen wissen, wovon wir reden, wenn wir über Künstliche Intelligenz reden
Bevor der Hauptteil der Aufstellung stattfinden konnte, musste aber zunächst geklärt werden, was unter Künstlicher Intelligenz genau zu verstehen ist. Dabei half Rahild Neuburger, Expertin für technologisch angestoßene Transformationsprozesse vom Institut für Wirtschaftsinformatik an der LMU. Sie traf die Unterscheidung zwischen „schwacher“, „starker“ und – die noch in weiter Ferne befindliche – „super“ Intelligenz:
- Schwache KI ist vor allem für die Erfüllung klar definierter Aufgaben ausgelegt, wobei die Herangehensweise an Probleme nicht variiert wird.
- Von einer starken KI ist die Rede, wenn das System in der Lage ist, zu lernen und die Herangehensweise anzupassen, um so zu einer besseren Lösung zu gelangen.
- Als „Superintelligenz“ wird jene Künstliche Intelligenz bezeichnet, die die menschliche Intelligenz übertreffen soll. Ob diese dann ein eigenes Bewusstsein, Empathie, Intentionen und so weiter besitzen wird, darüber wird gestritten.
Den Job des Skilehrers wird es auch in Zukunft geben
Auch zu den Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt gab Rahild Neuburger eine kurze Einführung. Hier müsse man berücksichtigen, dass der Einsatz von KI nicht nur einen bloßen Wegfall von Berufsfeldern zur Folge habe, sondern auch eine Verlagerung auf technische Professionen und einen Bedeutungsgewinn für neue Arbeitsprofile. Es seien nicht jene Berufe in Gefahr, die auf menschlicher Interaktion, Kommunikation und Kreativität beruhen, sondern jene Jobs, die einfach automatisiert werden können. Den Skilehrer werde es also auch in Zukunft geben.
Im Anschluss versuchte Ruth Sander mit Hilfe des Aufstellung-Verfahrens die vielen Ressentiments, die offensichtlich gegenüber KI bestehen, sichtbar zu machen. Die Anwesenden durften dafür in Rollen schlüpfen: der Mensch z.B. als Verlierer, gleichberechtigter Partner oder Profiteur der KI-Technologie. Entsprechend ihrer Rolle mussten sich die Gäste anschließend im Raum positionieren und sie mit Leben füllen. Insbesondere die Rollen „Mensch als Verlierer“ und „Mensch als Kontrolleur“ provozierten Diskussionen darüber, wie gestaltbar der technologische Wandel ist und ob die Entwicklungen alle dem Gemeinwohl dienen werden. Denn das, so der Tenor, wird eine zentrale Herausforderung sein – und ist es schon heute.
Ähnliche Orientierungslosigkeit wie schon bei vormaligen technologischen Transformationen
Der Abend machte die Dynamiken, die beim Thema KI ihre Wirkung entfalten, ein Stückweit greifbarer. Dynamiken, die schon in der Vergangenheit eine Rolle spielten, wie Ruth Sander und Rahild Neuburger in ihrem Fazit deutlich machten: Schon bei der Diskussion um Atomkraft in 1980er Jahren mussten sich die Menschen aktiv darüber verständigen, wie sie mit Nichtwissen, unbekannten Risiken und Abhängigkeiten umgehen sollen.
Deshalb gelte es nun, rechtzeitig den Nutzen und die Chancen von KI zu identifizieren und zu diskutieren, welche Position der Mensch in der Arbeitswelt in Zukunft einnehmen kann.