acatech am Dienstag: Volles Haus bei Diskussion über nachhaltige Mobilität in Landshut

München, 23. September 2019
Wie lässt sich die Mobilität der Zukunft gestalten? Eine Frage, die ganz Deutschland in diesem Herbst umtreibt – und auf die acatech gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern Antworten finden will. Bei acatech am Dienstag am 17. September in Landshut diskutierten BMW-Vorstandsmitglied Klaus Fröhlich, Kai Goldmann vom Landshuter Verkehrsverbund, der Bundestagsabgeordnete Florian Oßner und Landshut-OB Alexander Putz mit rund 100 Gästen über das Thema „Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land“. Am Ende war einigermaßen klar: Für eine effiziente, technisch innovative und ökologisch nachhaltige Mobilität in Stadt und Land müssen Kommunen, Länder, Bund, Mobilitätsdienstleister und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen – aber sich auch gegenseitig antreiben.
Um über „Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land“ zu sprechen, fand acatech am Dienstag am 17. September genau am richtigen Ort statt: Die niederbayerische Metropolregion Landshut sieht sich aktuell mit einem enormen Bevölkerungswachstum konfrontiert – und daher auch das Mobilitätssystem an Grenzen stoßen. Nachhaltige Mobilität sei angesichts dieser Entwicklung vor allem durch einen bedarfsgerechten Ausbau von Mobilitätsangeboten und Infrastruktur möglich, erklärte Alexander Putz, Oberbürgermeister der Stadt Landshut. Wobei stets der wohlbekannte Dreiklang von ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen müsse.
Kai Goldmann, Geschäftsleiter des neugegründeten Zweckverbands Landshuter Verkehrsverbund, ergänzte, dass durch den Tarifverbund schon der erste Schritt hin zu einem attraktiveren Nahverkehrsangebot geschaffen sei – auch wenn die Region und Bayern allgemein erst spät mit dieser Art der Vernetzung begonnen habe. Schwierigkeiten sieht er in der mangelnden Übertragbarkeit von städtischen Konzepten auf Angebote im ländlichen Raum. Begleitend zu den verbesserten Angeboten müsse aber auch eine Veränderung beim Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger gefördert werden. Denn Angebote, die am Ende keiner nutze, seien kostenintensiv und kontraproduktiv.
Verkehrswende und Klimaschutz: Digitalisierung, Interkonnektivität und intermodale Konzepte können einen Beitrag leisten
In Sachen Klimaschutz steht die Gesellschaft im Verkehrsbereich vor großen Herausforderungen, darin waren sich alle Diskutanten einig. Florian Oßner, Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestag, gab aber zu bedenken, dass sich die Frage der Ökologie nicht auf „Verkehr – ja oder nein“ reduzieren ließe. Statt auf staatliche Verordnungen setze er auf Anreize, das individuelle Mobilitätsverhalten in Frage zu stellen. So nannte er als positives Beispiel, dass die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrrädern vielerorts bereits dazu geführt habe, dass die durchschnittlich zurückgelegten Fahrradstrecken von knapp fünf auf über sieben Kilometer gestiegen seien. Auch müsse der ÖPNV preislich attraktiver gemacht werden – das Auto sei eben auf Kurzstrecken nicht wirklich teurer. Stolz sei er auf die stark steigenden Investitionen in die die Bundesstraßen begleitenden Radwege, mit denen auch der Bund einen Beitrag zur lokalen Attraktivitätssteigerung des Fahrrads leiste.
Klaus Fröhlich von BMW machte darauf aufmerksam, dass Digitalisierung, Interkonnektivität und intermodale Konzepte einen großen Beitrag zum Klimaschutz beitragen könnten. Auf dem Land jedoch kämen diese Konzepte nicht zur Anwendung, zu schlecht seien dort die Mobilfunknetze. Man müsse deshalb in der Diskussion voneinander trennen, was jetzt sofort möglich sei und was durch technische Entwicklung erst in der Zukunft möglich sein werde. Ohne Frage aber sei die Transformation der Mobilität ein langfristiger gesamtgesellschaftlicher Kraftakt. Es gehe schlicht und ergreifend um die Frage, ob man in Deutschland den heutigen Wohlstand, die Beschäftigung, aber auch die Erfüllung der Mobilitätsbedürfnisse sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum bezahlbar sicherstellen könne.
Ausbau von Radinfrastrukturen, eine engere ÖPNV-Taktung und neue Mobilitätsangebote können den Umstieg auf Alternativen zum Auto erleichtern
Anschließend öffnete Moderatorin Petra Denk von der Hochschule Landshut die Podiumsdiskussion für das Publikum. Die gestellten Fragen zielten vor allem auf die Ausbaumöglichkeiten für den nicht-motorisierten Verkehr sowie den ÖPNV ab. Eine bessere Taktung der Busse – gerade im Umland – würde es beispielsweise Pendlern erlauben, für den Arbeitsweg auf das eigene Fahrzeug zu verzichten, gab man zu bedenken. Auch ein Ausbau der Radinfrastruktur würde die Anbindung des ländlichen Raums und die Lebensqualität in der Stadt deutlich verbessern, wobei auch an Infrastrukturen wie sichere und überdachte Abstellmöglichkeiten gedacht werden müsse.
Neue Angebote wie Sharing-Konzepte oder automatisierte Kleinbusse könnten darüber hinaus zukünftig gerade für Senioren, Familien mit Kindern und Pendler eine attraktive Alternative zum Auto sein. Zudem müsse die Politik, das Problem des Schwerlastverkehrs angehen und dafür sorgen, dass unnötige Transportwege vermieden würden, um so eine Entlastung des Verkehrs herbeizuführen, so Stimmen aus dem Publikum.
acatech lädt regelmäßig zu aktuellen, kontroversen und visionären Technikthemen ein. Mit dem partizipativ ausgerichteten „acatech am Dienstag“ sowie dem wissenschaftsbasierten und zugleich lebendigen Dialog stärkt acatech die Gesellschaftsberatung in technologiepolitischen Fragen. Nun waren wir erstmals mit dieser Reihe in Niederbayern, in Landshut, Regierungssitz und größte Stadt des Regierungsbezirks. Nachhaltige Mobilität ist in Landshut besonders relevant, weil die Stadt ein wichtiger Knotenpunkt für den überregionalen Straßenverkehr ist. Anfang des Jahres hat Landshut den Zweckverband Landshuter Verkehrsverbund (LAVV) gegründet. Wir haben uns sehr gefreut, dass Oberbürgermeister Alexander Putz und Klaus Fröhlich, Vorstandsmitglied der BMW AG sowie acatech Senator und Mitglied im acatech Kuratorium, auf dem Podium und bei der anschließenden Debatte mit den Gästen dabei waren.
Manfred Rauhmeier, Geschäftsführer acatech