acatech am Dienstag: Welche Gemeinsamkeiten verbinden Bauhaus und Synthetische Biologie?
München, 26. September 2019
Im Jahr 2019 feiert Deutschland „100 Jahre Bauhaus“. Auch für acatech gibt es in diesem Jahr ein kleines Jubiläum: 2009 ist die Stellungnahme „Synthetische Biologie“ erschienen. Bei acatech am Dienstag am 10. September in München hat die Akademie nun eine Brücke zwischen beiden Themen geschlagen – und dabei die Gemeinsamkeiten zwischen Architektur und Lebenswissenschaften aufgedeckt.
acatech am Dienstag am 10. September begann mit einem Perspektivenwechsel. So erklärte die Bildhauerin Ursula Damm von der Bauhaus-Universität Weimar, was sie unter Synthetischer Biologie versteht, während die Physikerin Petra Schwille vom Max-Planck-Institut für Biochemie dem Publikum ihr Verständnis von Bauhaus näherbrachte. In ihrer Kindheit habe sie Häuser im Bauhaus-Stil als schnörkellos und gleichförmig wahrgenommen, erklärte Petra Schwille. Erst später habe sie erkannt, dass der Stil auf Funktionalität ausgerichtet sei („Form folgt Funktion“) und auf diese Weise eine Reduktion bewirke – ähnlich wie das auch bei der Synthetischen Biologie zu beobachten sei.
Organismen trügen in ihrem Genom Erbinformationen ihrer Vorfahren, die heute zum großen Teil ohne jegliche funktionale Relevanz seien, verdeutlichte Moderator Jakob Schweizer vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme. Die meisten zellulären Mechanismen seien das Ergebnis einer Jahrmilliarden dauernden chaotischen Evolution und liefen selten optimal ab. Das übergeordnete Ziel der Synthetischen Biologie sei deshalb die Synthese der sogenannten Minimalen Zelle: Eine Zelle, die alles Nötige zum Leben besitzt – aber nichts darüber hinaus.
Die Abstraktion, also die Loslösung von Teilen aus einem bestehenden Ganzen, und die anschließende Neukomposition der extrahierten Teile – das sind in den Augen von Ursula Damm von der Bauhaus-Universität Weimar die Gemeinsamkeiten beider Disziplinen. Außerdem sei bei der Synthetischen Biologie ebenfalls der menschliche Wille zum Design und zur Entwicklung von Artefakten entsprechend der eigenen Vorstellung handlungsanleitend.
Dem stimmte ihre Mitdiskutantin Petra Schwille zu, schränkte allerdings ein, dass es sich bei der Synthetischen Biologie nicht um ein Baukastensystem handele, mit dem man immer zum gewünschten Ergebnis komme. Vielmehr sei es in ihrer Disziplin so, dass die Mehrheit der ganz großen Entdeckungen Zufallsergebnisse seien – siehe CRISPR/Cas. Das unterscheide die Synthetische Biologie von der Kunst, in der man ein Konzept für gewöhnlich wie geplant durchführen könne, sagte die Physikerin.