„Aus dieser Sichtweise heraus ist es geradezu absurd, dass auf der Erde Kriege geführt werden.“
München, 10. November 2023
Willy Brandt, sicherlich ein ausgewiesener Friedenspolitiker, hat gesagt: „Wenn ich sagen soll, was mir neben Frieden wichtiger sei als alles andere, dann lautet meine Antwort ohne Wenn und Aber: Freiheit“.
Mit Blick auf die kriegerischen Auseinandersetzungen nach dem zu verurteilenden russischen Angriff auf die Ukraine und dem verabscheuenswerten Terror der Hamas in Israel kann man durchaus unsicher werden. Ist es all der Opfer an Menschen wert? An dieser Stelle mache ich keinen Unterschied zwischen „Unschuldigen“ und „Schuldigen“, zwischen Zivilbevölkerung und Militär, zwischen Alt und Jung, zwischen Frauen und Männern. Sollten wir nicht zuerst daran denken, jenseits von politischen Vorstellungen und Ideen jedes einzelne Menschenleben zu schützen?
In einem Gespräch würde ich an dieser Stelle gerne innehalten und nicht gleich eine Lawine an Argumenten lostreten, mit Worten wie „Demokratie, Freiheit, Werte (…)“.
Als jemand der jahrelang in der Raumfahrt tätig war, habe ich die Raumfahrt als „Bridge over troubled water“ bezeichnet, da es gelang, über politische Grenzen hinweg zu kooperieren. Und das galt auch für den grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Austausch, auch zu Zeiten der deutschen Teilung. Aber auch das ist jetzt ins Wanken geraten. Was hilft uns weiter?
Ich habe zu beiden Krisenherden eine persönliche Beziehung: Der Korreferent meiner Dissertation, war Prof. Jacob Gluck an der Technion in Haifa. Ein persönlich noch stärkerer Aspekt hängt mit einer anderen Person zusammen: Karl Plagge, genannt der „Schindler in Uniform“ war Anfang des letzten Jahrhunderts Student der TH Darmstadt. Ich durfte dann als Präsident der Hochschule an seiner Statt die Ehrung „Gerechter unter den Völkern“ in Yad Vashem entgegennehmen und dort auch reden. Es war die schwierigste und für mich auch berührendste Ansprache, die ich jemals halten durfte. Der Oberstufenantrieb der Vega-Rakete kam aus der Ukraine. Deshalb hatte ich auch dort eine Reihe von direkten, persönlichen Kontakten. Und gleichzeitig war Roscosmos, die russische Raumfahrtagentur, über viele Jahre ein verlässlicher Partner.
Ein Blick ins Universum und zurück auf die Erde sollte uns eines klar machen: Wir sind nicht wichtig für das Universum. Wir sind noch nicht einmal wichtig für die Erde – aber die Erde, der Mond, die Sonne, das Universum sind wichtig für uns.
Aus dieser Sichtweise heraus ist es geradezu absurd, dass auf der Erde Kriege geführt werden mit dem Ziel, andere zu vernichten – anstatt dass wir gemeinsam unsere Lebensgrundlagen erhalten.
Gleichzeitig ist es aber auch ein Gebot der Menschlichkeit, dem „Bösen“ zu widerstehen, das uns in ganz unterschiedlichen Weisen begegnet: von der Kleinkriminalität, über Raub und Mord bis hin zu aggressivem Imperialismus und menschenverachtenden Terroraktionen auf der Grundlage von Antisemitismus. Die richtigen Maßnahmen zu finden, um diesen Angriffen auf den Einzelnen und die Gesellschaft zu begegnen, ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe, der wir uns weder als Individuum noch als Gesellschaft entziehen dürfen.
Offene Meinungsäußerung gegen Gewalt aller Art ist in einer funktionierenden Demokratie einfach und nötig, in einer Diktatur gefährdet man dann schnell das eigene Leben. Wir haben das (unverdiente) Glück, in einer stabilen Demokratie mit Rechtstaatlichkeit und funktionierenden Instrumenten zur Sicherung der eigenen Freiheit zu leben und persönliche Meinungen haben und äußern zu dürfen. Meine persönliche Meinung ist, dass dem Aggressor Putin die Grenzen aufgezeigt werden müssen und dass Israel selbstverständlich das Recht hat, seine staatliche Integrität und die Sicherheit seiner Bevölkerung zu verteidigen. Aggression und Terror bedürfen klarer und harter Reaktionen.
Ich maße mir nicht an, vorgeben zu können, welche Aktionen richtig oder falsch sind, in jedem Fall gilt es, die jeweiligen Maßnahmen und deren Konsequenzen gleichermaßen zu bedenken…
Hoffen wir auf Frieden und Freiheit und setzen wir uns dafür jeden Tag ein!