Dialogreihe #DIGITALESHESSEN: Unternehmen – digital, auf Abstand, produktiv
München, 23. November 2020
Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber reduzieren zum Schutz in der Corona-Pandemie den Kontakt zwischen Menschen. Wie funktioniert das Arbeiten auf Abstand? Welche Erfahrungen machen die Beschäftigten? Kann die Corona-Krise auch ein Innovationstreiber der Arbeitsorganisation sein? Darum ging es im zweiten Online-Dialog #DIGITALESHESSEN am 17. November.
Hessens Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Kristina Sinemus, diskutierte via Webex mit acatech Präsident Dieter Spath, Marion Gottschalk, Geschäftsführende Gesellschafterin der Ille Papier-Service GmbH und Liv Dizinger, Abteilungsleiterin Strukturpolitik beim DGB-Bezirk Hessen-Thüringen. Moderiert wurde der Online-Dialog von Alexander Hagelüken, Leitender Redakteur für Wirtschaftspolitik bei der Süddeutschen Zeitung.
Vertrauen in die Selbstorganisation
„Krisen können Innovationsbeschleuniger sein, so auch die Corona-Krise“, sagte Dieter Spath aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive. In der Pandemie sollten die Chancen digitalen, ortsflexiblen Arbeitens genauso genutzt werden wie Konzepte der zeitlichen oder räumlichen Distanzierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Wir merken, dass Unternehmen, Institutionen und öffentliche Einrichtungen, die bereits in die Digitalisierung investiert haben, in der Krise widerstandsfähiger und flexibler sind.“ Für Führungskräfte sei dabei Vertrauen in die Eigenmotivation und die Selbstorganisation von Beschäftigten zentral: „Am besten ist es, gemeinsam mit den Beschäftigten Lösungen zu entwickeln.“ Schwächen zeigten digitale Hilfsmittel für das Arbeiten auf Abstand nach wie vor in der Interaktion und kollaborativen Kreativität – persönliche Begegnung ließen sich noch nicht völlig ersetzen.
„Wir erleben hautnah, dass die Digitalisierung in einer Vielzahl von Bereichen tragfähige Technologien in der Krise bietet – ob in der Bildung, Kommunikation, Wirtschaft oder in der Verwaltung“, meinte Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus. Homeoffice sei quasi über Nacht eine Selbstverständlichkeit geworden: „Und es funktioniert.“ Kristina Sinemus zeigte sich überzeugt, dass Heimarbeit und mobiles Arbeiten auch nach der Corona-Krise fester Bestandteil der digitalen Arbeitswelt bleiben werde. Das belegten jüngste Studien etwa des Digitalverbands BITKOM. Demnach sei im Frühjahr jeder Zweite ganz oder teilweise zuhause geblieben. Und rund 70 Prozent der Beschäftigten wünschten sich auch nach der Pandemie mehr Homeoffice.
Digitalisierung stärkt die Produktivität
Marion Gottschalk, Geschäftsführerin des Familienunternehmens Ille aus Altenstadt betonte, dass Homeoffice den Mitarbeitern nicht zwangsweise vorgeschrieben werden sollte. Vielmehr ginge es darum, Strategien für mobiles Arbeiten anhand der tatsächlichen Bedürfnisse von Unternehmen, Beschäftigten und Kunden festzulegen. Weiter berichtete sie, wie ihr auf Waschraumhygiene spezialisierter Betrieb die Digitalisierung für Produktivitätszuwächse nutzt. „Wir beliefern mehr als 40.000 Kunden, unsere Prozesse sind durchdigitalisiert“, so die Geschäftsführerin. „Wir würden am Arbeitsmarkt gar nicht so viele Arbeitskräfte finden, die wir andernfalls bräuchten.“
Auch die Gewerkschafterin Liv Dizinger sieht in der digitalen Produktion viele Vorteile. Homeoffice erleichtere etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zugleich würden Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Die Abteilungsleiterin Strukturpolitik beim DGB-Bezirk Hessen-Thüringen präsentierte Ergebnisse einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung, wonach Beschäftigte überwiegend positive Erfahrungen mit Homeoffice machen. Wichtig seien indes klare Regeln bei Arbeitszeiten und Erreichbarkeit: „Wo es tarifvertragliche Vereinbarungen und Betriebsvereinbarungen gibt, sind die Erfahrungen der Beschäftigten positiver.“ Die Arbeitsverdichtung nehme durch die Digitalisierung zu, was auch Folgen für die Gesundheit von Beschäftigten habe: „Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss in der digitalen Arbeitswelt ausgeweitet werden, Betriebs- und Personalräte müssen mitbestimmen.
In der ARD-Themenwoche „Wie wollen wir leben“ berichtete der Hessische Rundfunk umfassend von unserem Online-Dialog #DIGITALESHESSEN.