Energiewende in Deutschland und Großbritannien gestalten
München/Berlin, 13. November 2020
Deutschland und Großbritannien, die zwei größten Volkswirtschaften Europas befinden sich auf dem Weg zur Klimaneutralität und stehen vor ähnlichen Herausforderungen bei der Transformation der nationalen Energiesysteme. Wie Energiespeichertechnologien schnell und in großem Maßstab eingesetzt werden können und wie sich die Öffentlichkeit für die Energiewende gewinnen lässt, diskutierten rund 60 deutsche und britische Experten auf dem virtuellen UK-DE Energy Systems Symposium, welches acatech in Kooperation mit der Royal Academy of Engineering (RAEng) vom 19. bis 23. Oktober veranstaltete.
Nach der Begrüßung durch die Co-Vorsitzenden des Symposiums, Chief Scientific Adviser des britischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie (BEIS) John Loughhead, und acatech-Präsidiumsmitglied Ortwin Renn, gaben Dirk Uwe Sauer, Vorsitzender des Akademienprojekts ESYS, und Julia Elizabeth King, stellvertretende Vorsitzende des britischen Ausschusses für Klimawandel, in ihren Keynote-Vorträgen einen kurzen Überblick über die historischen Entwicklungen und den gegenwärtigen Stand der Energiewende in Deutschland und Großbritannien.
In der anschließenden Panel-Diskussion verglichen die Experten die britische und deutsche Dekarbonisierungspolitik und stellten fest, dass sich beide Länder trotz nationaler Unterschiede in der Energieregulierung momentan mit ähnlichen Problematiken auseinandersetzen. Ermittelte Überschneidungspunkte waren beispielsweise die Integration von Energiespeichern in Energiesystemen, die Schaffung eines Regulierungsrahmens für erneuerbare Energien sowie die Sicherung der gesellschaftlichen Akzeptanz für die Energiewende. In diesem Hinblick ist ein intensiver bilateraler Austausch auf dem Gebiet der Energiesysteme besonders von Bedeutung.
Die Rolle von Energiespeichern im Energiesystem
Anke Weidlich (Universität Freiburg) und Miranda Schreurs (TUM) führten in dem Symposium als Session-Chair ein und moderierten die Session-Diskussionen. In der ersten Hauptsession am 21. Oktober diskutierten die Teilnehmenden über die Rolle von Energiespeichern im Energiesystem der Zukunft. Aus der Diskussion ging hervor, dass Energiespeicher über die reine Speicherfunktion hinaus eine wesentlich umfassendere Bedeutung innerhalb ihrer intelligenten Vernetzung mit dezentralen Energieerzeugungsanlagen einnehmen.
Somit sind Energiespeicher ein Schlüsselfaktor für das Energiesystem der Zukunft. Jedoch stehen die Energiespeichertechnologien derzeit vor vielfältigen Herausforderungen, wie beispielsweise der unzureichenden Wettbewerbsfähigkeit und der regulatorischen Unsicherheit, die sich wiederum auf die gegenwärtige Struktur der elektrischen Energiewirtschaft zurückführen lässt. Eine klare Definition der Rolle der Energiespeicherung im Stromnetz wird daher, in Zukunft, dringend gebraucht.
Bürger in die Energiewende aktiv einbinden
In der zweiten Hauptsession am 23. Oktober erarbeiteten die Teilnehmer in Kleingruppen Forschungsvorschläge zur Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz für die Energiewende. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden anschließend von den Teilnehmern ausgewertet. Dabei gelangte man zu der Schlussfolgerung, dass für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende in Europa, wirksame Kommunikations- und Partizipationskonzepte organisiert werden müssen, die die Bürgerinnen und Bürger in Planungs- und Umsetzungsprozessen aktiv einbinden. Damit würde man es ihnen ermöglichen, die Energiewende aktiv mitzugestalten.
In der Closing Session hoben Ortwin Renn und RAEng-Präsident Jim McDonald in ihren Abschlussreden die Bedeutung der kontinuierlichen wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und Deutschland hervor und unterstrichen dabei den Willen der beiden nationalen Akademien, in der „Post-Brexit-Ära“ die bestehende strategische Partnerschaft weiter zu vertiefen und auszubauen.
„Unser Symposium ist lediglich der Anfang einer Reihe von deutsch-britischen Forschungskooperationen auf dem Gebiet der Energiesysteme, die hoffentlich einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende in Europa leisten wird“, resümierte Ortwin Renn und blickte dabei hoffnungsvoll auf die Fortsetzung der bilateralen Zusammenarbeit. Denn insgesamt elf bilaterale Seed-Funding-Projekte gehen aus dem Symposium hervor. Diese werden vom BEIS finanziell unterstützt und von den beiden nationalen Akademien begleitet. Die Fortschritte und Ergebnisse der Projekte werden voraussichtlich im Dezember 2021 auf einem Folgeworkshop präsentiert.
Zusammenfassung der bilateralen Seed-Funding-Projekte:
- Comparing energy demand governance, led by Dr Colin Nolden, University of Oxford
- Realizing the whole-system value of energy storage, led by Dr Adriano Sciacovelli, University of Birmingham
- A comparison of consumer attitudes and incentives for demand response and flexible tariffs, led by Dr Aidan Rhodes, Imperial College
- Sustainable and multi-modal urban freight logistics, led by Dr Aruna Sivakumar, Imperial College
- Quantifying nature-based carbon storage potentials of organic soils by various peatland management scenarios, led by Dr Aram Kalhori, GFZ
- Creating simple and flexible networks of simple digital twins, led by Dr Andrew Clifton, WindForS/Universität Stuttgart
- Social assessment of selected zero carbon measures, led by Dr Hawal Shamon, Forschungszentrum Jülich
- State Programmes for Community Energy Mainstreaming (SCEM), led by Dr Conrad Kunze, FU Berlin
- Integration of offshore wind power into national energy grids, led by Dr Lars-Peter Lauven, Universität Kassel
- Building trust in technologies for a zero-carbon future, led by Dr Danny Otto, UFZ
- Zinc-nickel flow battery as energy storage system in coupling renewable energy source, led by Prof Xiaohong Li, University of Exeter