Gespräch in der Garage: Ein acatech am Dienstag zum Thema Elektromobilität
München, 26. Juli 2019
Elektromobilität – nach wie vor ein kontrovers diskutiertes Thema. Das war auch bei acatech am Dienstag am 16. Juli in München wieder spürbar. Für die Diskussion hatte acatech diesmal an einen besonderen Ort geladen: in eine Garage des Amerikahauses, einer Partnereinrichtung der Akademie. Dort kamen die Gäste mit dem Produktionsmanager Stefan Niemand von AUDI und der Verkehrsforscherin Lisa Ruhrort vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ins Gespräch.
Ist der Verbrennungsmotor wirklich am Ende, gehört die Zukunft der Elektromobilität? Wie soll der Ausbau und die politische Förderung dieser Technologie in Deutschland aussehen? Und welchen Beitrag leistet die Elektromobilität im Verkehrsmix von Morgen? Um über diese Fragen zu diskutieren, hatte acatech am 16. Juli zu einer neuen Ausgabe von acatech am Dienstag in München geladen – dass die Veranstaltung, die diesmal in einer Garage des Amerikahauses stattfand, bis auf den letzten Platz ausgebucht war, unterstreicht die Relevanz dieser Fragen.
Große Herausforderungen, die massive Investitionen benötigen
Klar ist, die Erwartungen an die Elektromobilität sind hoch: signifikant weniger CO2-Emissionen, konkurrenzfähig gegenüber dem Verbrenner, von intelligenter, bedarfsgerechter und kundenfreundlicher Ladeinfrastruktur begleitet. Die großen Autohersteller bemühen sich, den Anschluss nicht zu verlieren und investieren massiv in die Entwicklung und eine breite Skalierung der elektrischen Antriebs- und Batterietechnologie.
Auch Stefan Niemand, bis vor kurzem noch Leiter der Elektrifizierung bei AUDI, beschrieb die Ausgangslage in seinem Impuls als große Herausforderung: Bis 2050 werde weltweit das Verkehrsraufkommen in den Städten und Ballungsräumen dramatisch zunehmen. Das bedeute zum einen mehr Verkehrsdichte und höhere Komplexität, biete zum anderen aber auch Chancen für die Skalierbarkeit von Technologien wie der Elektromobilität und vernetzten Verkehrssystemen.
Stefan Niemand machte dabei klar, dass für ihn Kundenorientierung und Produktattraktivität ausschlaggebend seien, insbesondere durch verbesserte Produktionsbedingungen und ein intelligentes Lademanagement mit passender Infrastruktur. Denn nur wenn das Elektrofahrzeug als Massenprodukt funktioniere, habe die Elektromobilität eine Chance – der Markt werde letztendlich entscheiden.
Aber der nachhaltige Erfolg der Elektromobilität ist auch davon abhängig, ob man Antworten auf folgende Fragen finden kann: Wo kommt der Strom für die Elektromobilität her und wo die Ressourcen für den Bau der Elektroautos? Gerade für die Herstellung der Batterien, die nahezu ein Drittel des Preises bei einem E-Auto ausmachen, ist das dafür nötige Lithium nicht ohne weiteres verfügbar und die Förderbedingungen in den Herkunftsländern müssen umwelt- und sozialverträglich gestaltet sein. Darüber hinaus müssen Wege etabliert werden, um die Batterien sinnvoll in das Stromnetz zu integrieren und sie nach ihrer Lebenszeit wieder in einen zweckmäßigen Kreislauf zu überführen.
Dass der für Elektroautos nötige zusätzliche Strom nicht aus fossiler, sondern aus erneuerbarer Energie stammen muss, ist ebenfalls klar. Andernfalls stellt der Umstieg auf Elektromobilität systemisch betrachtet lediglich eine Verlagerung von Emissionen vom Auspuff auf den Schornstein dar – auch wenn die Klimabilanz einzelner E-Fahrzeuge schon heute besser ist als bei konventionellen Verbrennern. Die Energiewende ist somit Voraussetzung für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft.
Elektromobilität ist ein Baustein eines breit angelegten Wandels in der Mobilität
Ein emissionsärmeres Verkehrssystem sei ohne Elektromobilität nicht möglich, so Lisa Ruhrort in ihrem Kurzvortrag. Schließlich sei diese aktuell der am schnellsten umsetzbare Weg für einen Einstieg in eine nachhaltigere Mobilität und zur Erreichung der Klimaschutzziele. Man müsse in diesem Zusammenhang die Potenziale einer staatlich geförderten Technologiepolitik ausschöpfen. Jedoch betonte sie, dass ein ganzheitlicher Blick auf die Mobilität der Zukunft nötig sei. Elektrofahrzeuge hätten dort sicherlich ihren Platz, jedoch seien intermodale Verkehrskonzepte, die in der Stadt beispielsweise die Flächen zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern fairer verteilen, weit wichtiger. Zudem müsse man langfristig weiter an alternativen Antrieben arbeiten und versuchen, andere Mobilitätsoptionen als den privaten PKW stark zu machen – indem man die Vorteile dieser Optionen aufzeige, die externen Kosten weniger klimafreundlicher Verkehrsmittel benenne und nachhaltigere Alternativen fördere. Die Politik müsse dafür entsprechend die Weichen stellen, denn die Bereitschaft der Menschen zum Umstieg sei bereits klar erkennbar. Der Markt allein könne die Wende nicht herbeiführen.
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