Humanoide Roboter in Raumfahrt, Industrie und Pflege

München, 14. März 2023
Roboter spielen in immer mehr gesellschaftlichen Bereichen eine Rolle, und das Zusammenwirken von Mensch und Maschine gewinnt zunehmend an Bedeutung. Alin Albu-Schäffer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gab bei acatech am Dienstag, das am 7. März in Kooperation mit vhs.wissen live stattfand, eine Übersicht über aktuelle Robotik-Trends, angefangen bei der Leichtbauroboter-Technologie bis hin zu biologisch inspirierten Systemen, die dem Wirkungskonzept menschlicher Muskeln nachempfunden sind.
Einführend blickte acatech Präsident Jan Wörner darauf zurück, wie humanoide Roboter in den vergangenen Jahrzehnten in Literatur, Film und Fernsehen dargestellt wurden. So entwickelte Daniel Düsentrieb in der Comic-Reihe „Lustiges Taschenbuch“ bereits 1956 das „Helferlein“, eine Art Roboter aus Draht und Dichtungsringen mit einer Glühbirne als Kopf. 1967 schrieb Boy Lornsen das Kinderbuch „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“, mit dem Roboter ROB 344-66/IIIa, genannt Robbi in einer Hauptrolle. Und schließlich Kultroboter C-3PO, einer der Protagonisten des ersten Star Wars-Films aus dem Jahr 1977. Jan Wörner zeigte anhand dieser Beispiele, dass der Traum vom humanoiden Roboter kein neuer ist – die Umsetzung dieses Traums habe aber wesentlich mehr Zeit gebraucht, als viele dachten.
Zum Vortrag (Audio) von Alin Albu-Schäffer:
Podcast: „Humanoide Roboter in Raumfahrt, Industrie und Pflege“
Dauer: 1 Stunde 11 Minuten und 18 Sekunden
acatech Mitglied Alin Albu-Schäffer, Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Mitglied der Plattform Lernende Systeme, stieg anschließend tiefer in die Materie ein. Die Menschheit, so machte er in seinem Vortrag deutlich, investiere sehr viel Energie in die Entwicklung von Maschinen, die menschliche Fähigkeiten nachahmen – um industriell wettbewerbsfähig zu bleiben, den Wohlstand zu sichern und dem demographischen Wandel entgegenzutreten. Darüber hinaus gehe es in diesem Zusammenhang auch immer um grundlegende Fragen: Was ist Leben? Was ist Intelligenz?
Seit mehr als einem halben Jahrhundert entwickeln und erforschen verschiedene Organisationen weltweit die Robotik. Begonnen habe die Entwicklung mit Leichtbaurobotern. Seitdem sei viel passiert, so Alin Albu-Schäffer. Roboter hätten heute einen festen Platz in vielen Bereichen, zum Beispiel in der Raumfahrt, der Medizin oder in der Pflege.

Er berichtete von Roboter-Avataren, die das DLR entwickelt hat und die im Weltraum von der Erde angesteuert werden. Sie können Satelliten anfliegen, diese greifen, warten, betanken und wieder einsatzfähig machen. Der steuernde Mensch könne dabei die auf den Roboter einwirkenden Kräfte spüren, weil in allen Gelenken Kraft- und Drehmomentsensoren sitzen. Diese Art von Mechatronik und Fernsteuerung halte auch Einzug in die OP-Säle, berichtete Alin Albu-Schäffer. Dort würden chirurgischen Eingriffe bereits heute teilweise von Assistenzrobotern durchgeführt, die von einem Arzt oder einer Ärztin gesteuert würden. Die Vorteile: die große Präzision der Eingriffe und die Fähigkeit der Roboter, die Bewegungen ohne Zittern und wiederholt durchführen zu können. Die nächsten Schritte seien Prothesen und robotische Assistenzen mit Bio-Schnittstellen, die Biosignale aufzeichnen können. Das bedeute, dass kleinste Anspannungen in den Restmuskeln eines Stumpfes genutzt werden können, um eine Prothese zu steuern. Mit etwas Training, erklärte Alin Albu-Schäffer, könnten zielgerichtete Bewegungen wieder erlernt und bewusst ausgeführt werden.
In der anschließenden Diskussion interessierte die Gäste besonders die Frage, ob Roboter technikzentriert oder menschenzentriert entwickelt werden. Und welche Rolle spielen beispielsweise Psychologen oder Ethikerinnen bei der Entwicklung von Robotern? Alin Albu-Schäffer betonte, dass „menschenzentriert“ der Schlüsselbegriff sei und bei der Entwicklung sowohl Nutzende als auch Ethik-Fachleute mit am Tisch säßen. Robotik sei ein sehr interdisziplinäres Thema und dadurch auch ein besonders schwieriges. Aber es gebe Informationsangebote: Messen, Museen oder Tage der offenen Tür, auf denen man Roboter erleben und manchmal sogar anfassen kann.