Kunst und Wissenschaft: Offenheit schafft Neues
München, 3. Mai 2022
Wie können wir in einer immer komplexeren Welt ganzheitliche Lösungen entwickeln? Diese Frage wurde am 30. April auf der Podiumsdiskussion „Towards Eco-social Renewal: blueprints for collaboration between science and the arts“ im Amerikahaus in München debattiert. Die zentrale Antwort lautete: Transdisziplinarität. Denn viele Probleme seien zu groß, als dass eine Fachrichtung sie allein lösen könne. Man müsse zusammenarbeiten, sagte Vera Meyer, acatech Mitglied, während des Events.
Auf dem Podium diskutierten Vera Meyer und Stefan Böschen, wie Kunst und Wissenschaft ineinandergreifen können und welches Potenzial darin steckt. Vera Meyer ist acatech Mitglied, Professorin für angewandte und molekulare Mikrobiologie an der TU Berlin und freischaffende Künstlerin. Stefan Böschen ist Lehrstuhlinhaber für das Forschungs- und Lehrgebiet Technik und Gesellschaft am Human Technology Center der RWTH Aachen. Zudem ist er Direktor des Käte Hamburger Kollegs: Cultures of Research.
Die Stärken und Gemeinsamkeiten von Kunst und Wissenschaft
In unserer komplexen Welt sei es wichtig, transdisziplinär zusammenzuarbeiten, stellte Stefan Böschen zu Beginn der Podiumsdiskussion fest. Denn oft können erst Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachrichtungen eine vielschichtige Situation vollständig erklären. Allerdings sei Transdisziplinarität schwierig, wenn sich Menschen immer weiter spezialisieren. Wie ist es also möglich, eine gemeinsame Sprache zu finden, wenn die Praktiken jeder Disziplin anders aussehen?
Indem man in einem kleinen Rahmen fachübergreifend arbeitet und die eigene Arbeit reflektiert. So lässt sich wohl die Antwort vom Projekt Driving the Human zusammenfassen, das die Podiumsdiskussion organisiert hat. Das Projekt kombiniert in sieben Teams künstlerische und wissenschaftliche Vorgehensweisen. Damit sei es ein gutes Beispiel dafür, wie unterschiedliche Expertisen zusammenwirken können, sagte Stefan Böschen. Die Kombination von Kunst und Wissenschaft biete sogar eine besondere Chance, unser Denken neu zu gestalten. Denn die Stärken der beiden Fachrichtungen ergänzen sich. Die Wissenschaft sei gut darin, sich auf eine einzelne Fragestellung zu fokussieren, und die Kunst helfe dabei, die Antworten auf diese Fragen in einen gesellschaftlichen Kontext einzuordnen, so Stefan Böschen.
Vera Meyer ging noch einen Schritt weiter: Kunst und Wissenschaft könne man nicht nur als Symbiose zweier Bereiche denken. Tatsächlich hätten Kunstschaffende und Forschende vieles gemeinsam. Beide seien neugierig und würden eine ähnliche Zielsetzung teilen: Gesellschaftlich relevante Fragen ergründen und die Erkenntnisse kommunizieren.
In der anschließenden Fragerunde bekräftigten die sieben Teams des Projekts Driving the Human die Aussagen von Stefan Böschen und Vera Meyer. Romy Kaiser vom Team Human-Bacteria-Interfaces sieht mit ihren Mitstreiterinnen eine große Chance darin, dass sie aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommen. Es sei zwar teilweise schwierig, sich zu verständigen, aber durch das mehrmalige Nachfragen und Erklären verstehe man das Thema am Ende gemeinsam besser. Auch Iris Qu vom Team Do AIs Dream of Climate Chaos? findet Transdisziplinarität bereichernd. Denn sie erlaube, mehrere Fachrichtungen gleichzeitig wahrzunehmen und wertzuschätzen. Zudem könnte man dadurch sein eigenes Fachgebiet kurz verlassen.
Diese Redebeiträge lassen sich unter dem Schlagwort Offenheit zusammenfassen. Offenheit gegenüber den Vorgehensweisen anderer Bereiche. Das haben Vera Meyer und Stefan Böschen mehrmals in der Diskussion angesprochen – als Grundvoraussetzung für Transdisziplinarität. „Je offener wir sind, desto besser werden wir,” sagte Vera Meyer zum Abschluss der Veranstaltung.
Das Projekt Driving the Human
Die Podiumsdiskussion war Teil einer Mentoring-Veranstaltung zwischen dem 29. April und 1. Mai. Kunstschaffende und Forschende gaben den sieben Projektteams Impulse für ihre Arbeiten. Die Ergebnisse werden Ende 2022 auf einem Festival in Berlin präsentiert. Hier erhalten Sie einen Einblick in die Workshops.
Im Projekt Driving the Human arbeitet acatech mit drei Partnerinstitutionen zusammen: der Mentoring-Plattform Forecast, der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM).
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