Nachhaltig, sicher, genussvoll – wie sieht die Zukunft der Ernährung aus?
München, 24. April 2024
Was und wie essen wir – heute und in Zukunft? Ist die Nahrungsversorgung in Deutschland gesichert oder ein Problem? „acatech am Dienstag“ diskutierte am 9. April mit Fachleuten und Gästen im Salon Luitpold, welche Rolle die Resilienz unserer Versorgungsketten für Nahrungsmittel spielt – und was eine genussvolle Ernährung eigentlich ausmacht. Die Diskussion bewegte sich im Spannungsfeld zwischen regionaler Produktion und globalen Lieferketten, Fehlernährung und Ernährungsphysiologie, Vorratshaltung im Keller und Vertical Farming, Resteessen und Sterneküche.
acatech Präsident Jan Wörner ging in seinem Eingangsstatement auf aktuelle Herausforderungen sicherer Lebensmittelversorgung ein. Wie die Corona-Pandemie zeige, könnten Notvorräte und Hamsterkäufe auch in Mitteleuropa plötzlich aktuell werden: eine Region, die eigentlich eher durch Lebensmittelüberfluss und -verschwendung gekennzeichnet ist. Der Blick auf die globale Situation mache hingegen das bekannte Ungleichgewicht klar: einen dauerhaften Mangel für 735 Millionen Menschen, die keine ausreichende Kalorienversorgung erhalten und als unterernährt gelten.
Aufzeichnung der Veranstaltung:
acatech am Dienstag: Nachhaltig, sicher, genussvoll – wie sieht die Zukunft der Ernährung aus?
Dauer: 1 Stunde 38 Minuten und 25 Sekunden
Wie emotional oftmals die Debatten um gesunde und ausgewogene, aber auch genussvolle Ernährung geführt wird, machte acatech Mitglied Andrea Büttner, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) und Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, deutlich: Für die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung stünden Methoden der Biotechnologie, Fermentation und Lebensmitteltechnologie zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um Methoden, die in der Vergangenheit oftmals während Krisen entwickelt oder durch Zufall entdeckt wurden. Ein Beispiel: Verdorbene Lebensmittel bilden neue Geschmacksprofile, was als Fermentation zur Herstellung von Sauerkraut oder Kimchi genutzt werden kann. Es gelte dabei zu beachten, die eingesetzten Ressourcen (Protein- oder Kohlehydratquellen) und deren Herkunft zu diversifizieren, um Abhängigkeiten zu reduzieren.
Fest verankert: Ernährungsgewohnheiten und Werbebilder
Der Lebensmittelbereich ist bemerkenswert konservativ: Neue Produkte halten sich laut Hannelore Daniel, TU München, nur kurz. Und Ernährungsgewohnheiten wandeln sich nur sehr langsam. Ein Großteil der Bevölkerung verfügt bezüglich der Lebensmittelproduktion über eine romantisierte Vorstellung. Viele sehnen sich wohl noch immer danach, dass zahlreiche Produkte von der Almwiese stammten oder ganze Früchte von Hand in Joghurts gerührt würden. Die Ernährungsphysiologin erinnerte, dass heute die meisten Nahrungsmittel Ergebnisse technischer Prozesse sind, und plädierte dafür, diese Herstellungsmethoden offen zu kommunizieren, um die Zerrbilder der Werbung aufzulösen. Denn eines ist gewiss: Trotz oder vielmehr gerade wegen der hohen Verarbeitungsgrade stellen die Zulassungsbedingungen in Europa sicher, dass die im Einzelhandel verfügbaren Produkte auch sicher genießbar sind.
Die von Marc-Denis Weitze, acatech Geschäftsstelle, moderierte Diskussion mit dem Publikum vertiefte die Betrachtungen zu Ernährung im Spannungsfeld zwischen Gesundheit und Resilienz. So wurde die Frage nach dem Geschmack der Produkte aufgegriffen und diskutiert, warum viele neue vegane und vegetarische Produkte den Geschmack von Fleisch imitieren. Es sei dagegen doch viel sinnvoller und spannender, ganz neue Geschmacksrichtungen zuzulassen.