Publikation „Wertschöpfungsnetzwerke in Zeiten von Infektionskrisen“ – Wie sich Unternehmen für die Zukunft wappnen können
München, 10. Juni 2021
In der neuen Expertise des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0 untersuchte das FIR e.V. an der RWTH Aachen und das Industrie 4.0 Maturity Center die Möglichkeiten zur Gestaltung resilienter Wertschöpfungsnetzwerke und will Unternehmen bei der Vorbereitung auf zukünftige Krisen unterstützen. Die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, wie abhängig Unternehmen von funktionierenden Lieferketten sind und legte die Schwachstellen heutiger Wertschöpfungsnetzwerke offen.
Dabei ging man der Frage nach, wie Wertschöpfungsnetzwerke gestaltet sein müssen, um bei zukünftigen Krisen ähnlicher Tragweite eine höhere Resilienz aufzuweisen und welche Rolle Industrie-4.0-Technologien dabei spielen können. Bewertet wurde darüber hinaus, wie gut Unternehmen vorbereitet sind, ihr Wertschöpfungsnetzwerk zu verändern, um die Leistungsfähigkeit in Krisensituationen durch kurzfristige Reaktionen zu sichern. Die Expertise wurde auf Basis von Interviews mit Experten aus der Industrie und einer Fragebogenstudie mit Fokus auf produzierenden Unternehmen erstellt.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie sensibel manche Bereiche unserer Wirtschaft auf unvorhersehbare Infektionskrisen reagieren. Nach Meinung vieler Expertinnen und Experten stehen uns aufgrund unserer modernen Lebensverhältnisse weitere, ähnliche Pandemien bevor. Die vorliegende Studie leistet einen wichtigen Beitrag, um die Wirtschaft und insbesondere ihre Wertschöpfungsnetzwerke auf solche Krisen in Zukunft besser vorzubereiten.
Uwe Kubach (SAP SE), Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0.
Anfälligkeit von Unternehmen gegenüber Krisensituationen
Die Expertise veranschaulicht eine hohe Anfälligkeit von Unternehmen gegenüber Krisensituationen, 97 Prozent der Befragten erlitten im Verlauf der COVID-19-Pandemie mindestens eine der abgefragten Störauswirkungen. Diese Störungen betreffen unterschiedliche Bereiche des Wertschöpfungsnetzwerks, etwa die unternehmensinterne Leistungserstellung, aber auch die Beschaffung oder den Absatz. Gleichzeitig erkennen Unternehmen die Relevanz von Resilienz genauso wie den Verbesserungsbedarf, der beim Aufbau von Resilienz besteht.
„Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen deutlich die Anfälligkeit heutiger Wertschöpfungsnetzwerke gegenüber Krisen. Anhand der von uns gezeigten Handlungsoptionen können Unternehmen ihre Wertschöpfungsnetzwerke ganzheitlich und langfristig resilienter gestalten und sich so auf zukünftige Krisen vorbereiten. Das entwickelte Framework hilft darüber hinaus bei der Ableitung von Reaktionstaktiken für den kurzfristigen Umgang mit Krisen“, sagt Professor Volker Stich, Geschäftsführer FIR an der RWTH Aachen.
Maßnahmen und Empfehlungen für Unternehmen
Hinsichtlich konkreter Maßnahmen sind aus Unternehmenssicht insbesondere die Zusammenarbeit mit Wertschöpfungspartnern und der standardisierte Datenaustausch sowie die Umsetzung eines Multiple-Sourcing-Konzepts bzw. die Identifikation und Qualifikation von Alternativlieferanten von Bedeutung.
Zurückhaltung herrscht allerdings beim Einsatz neuer Technologien, deren Potenzial derzeit noch nicht ausgeschöpft wird. Der Einsatz von Industrie-4.0-Technologien und Möglichkeiten zur Datenverarbeitung und -analyse sind jedoch für die ganzheitliche Gestaltung resilienter Wertschöpfungsnetzwerke unerlässlich.
Dabei sind einerseits die langfristige resiliente Ausrichtung und andererseits konkrete Reaktionen in Krisensituationen von Bedeutung. Veränderungen in den drei Handlungsfeldern Netzwerkgestaltung, Datenintegration und Industrie 4.0-Technologien sind dabei die Hebel für eine langfristige Ausrichtung. Um auch kurzfristig handlungsfähig zu sein, entstand ein Framework für die Ableitung möglicher Reaktionstaktiken.
Die Expertise „Wertschöpfungsnetzwerke in Zeiten von Infektionskrisen“ steht zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Über die Expertisen des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0
Als Sensor von Entwicklungsströmungen beobachtet und bewertet der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 die Leistungsprofilentwicklung von Industrie 4.0 und versteht sich als Impulsgeber für künftige Forschungsthemen und Begleiter bzw. Berater zur Umsetzung von Industrie 4.0. Dabei konzentriert sich der Forschungsbeirat inhaltlich auf folgende Themenfelder im Kontext von Industrie 4.0: Wertschöpfungs-netzwerke, Technologische Wegbereiter, Neue Methoden und Werkzeuge und Arbeit und Gesellschaft. Hier setzen die Expertisen des Forschungsbeirats an. Vor dem Hintergrund der Themenfelder werden klar umrissene Problemstellungen aufgezeigt, Forschungs- und Entwicklungsbedarfe definiert und Handlungsoptionen für eine erfolgreiche Gestaltung von Industrie 4.0 abgeleitet. Die Expertisen liegen in der inhaltlichen Verantwortung der jeweiligen Autorinnen und Autoren.
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