„Risikokapital ist nicht das einzige Finanzierungsinstrument“
Berlin, 14. März 2019
Die Verfügbarkeit von Risikokapital zur Finanzierung innovativer Start-Ups in Deutschland ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen, im internationalen Vergleich aber noch gering. Das betonten Josef Brunner, Gründer und Geschäftsführer von relayr, sowie Wirtschaftsprofessor Reiner Braun (TU München) beim Parlamentariergespräch acatech am Mittag am 14. März in Berlin. Die beiden Experten des Projekts „Innovationskraft in Deutschland verbessern – Ökosystem für Wachstumsfinanzierung stärken“ sehen darin eine zentrale Schwäche des deutschen Innovationssystems.
Von seiner Erfahrung als erfolgreicher Unternehmer berichtete Gründer und Investor Josef Brunner, der vor kurzem das Wachstumsunternehmen relayr (Bereich Business-to-Business, Internet-of-Things) für rund 300 Millionen Dollar an die Munich RE verkauft hat. Wagniskapital-Investoren in Deutschland seien sicherheitsorientierter als ihre US-amerikanischen Kollegen, sagte Brunner. Das liege unter anderem auch an den zu kleinen Fondsgrößen in Deutschland (keine ausreichende Risiko-Diversifikation).
Der Unternehmer betonte die hohe Bedeutung der mittelständischen Unternehmen in Deutschland beim Aufbau des Innovationssystems. Für die Digitalisierung des Mittelstandes hätten hiesige innovative Hightech-Wachstumsunternehmen eine wichtige Funktion. „Dieser Vorteil muss stärker genutzt und sichtbar gemacht werden als bislang“, betonte er. Für den erfolgreichen Unternehmensaufbau sei außerdem entscheidend, dass die digitale Infrastruktur schnell ausgebaut werde.
„Man kann ein Abwandern technologieintensiver und besonders erfolgreicher Wachstumsunternehmen aus Europa beobachten“, sagte auch Reiner Braun, Projektleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Entrepreneurial Finance an der TU München. Mehr Wagniskapital würde diesen Trendwohl verringern, sei jedoch nicht das einzige Mittel für die Stärkung eines Ökosystems für Wachstumsfinanzierung. „Es ist die beste Marktlösung für Eigenkapital, die wir zurzeit haben. Alternative Instrumente der Außen- und Innenfinanzierung sollten aber auch in Betracht gezogen werden – etwa mit Blick auf eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Wachstumsunternehmen; mit Blick auf Venture Debt sowie Fremdkapital und auch mit Blick auf die Adressierung von noch geduldigerem „Patient Capital“ für disruptive Technologien.
Deutschlands Start-Ups etablieren sich selten als große Player. Vielen aussichtsreichen Gründungen fehlt hierzulande unter anderem der Zugang zu Risikokapital für ihre Wachstumsphase. Wie können aus innovativen Start-Ups mittelständische und große Unternehmen von Weltruf werden? Welche flankierenden Initiativen und politischen Rahmenbedingungen können dabei helfen, das Ökosystem für Wachstumsfinanzierung in Deutschland zu verbessern? Das Projekt „Innovationskraft in Deutschland verbessern – Ökosystem für Wachstumsfinanzierung stärken“ hat diese Fragen mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft untersucht. acatech hat sich dabei als neutrale Plattform angeboten, um erstmals auch gezielt eine Know-how-Schnittstelle zwischen der Tech- und der Finance-Welt zum Thema Wachstumsfinanzierung aufzubauen. Im Rahmen einer Stakeholder-Veranstaltung am 29. März in Berlin wird die Akademie gemeinsam mit seinen Projekt-Partnern, der deutschen Börse und der KfW, die Projektergebnisse vorstellen und Handlungsoptionen diskutierten.
Die Anmeldefrist für diese Veranstaltung ist abgelaufen.