Schule – Digitalisierung – Corona: Was tun?!
München, 22. Juni 2021
Das MINT Nachwuchsbarometer 2021 von acatech und Körber-Stiftung verspricht, dass besonders lernschwächere Schülerinnen und Schüler stark von KI-basierten adaptiven Lernsystemen profitieren könnten. Ob das bereits funktioniert, wo wir heute stehen und welche Art von Lehr-Lern-Software bereits gut funktioniert, diskutierten Expertinnen und Experten mit den Gästen bei acatech am Dienstag am 22. Juni.
Zu Beginn der Veranstaltung ging acatech Präsident Jan Wörner auf die Bedeutung der Digitalen Transformation in der Schule ein. So könnten durch die Nutzung von digitalen Tools zum Beispiel lernschwache Schülerinnen und Schüler gefördert werden und damit die Chancengleichheit erhöht werden. „Digitale Schule“ müsse weit über Tablet-Klassen hinausgedacht werden, sagte Jan Wörner. So bestünde beispielsweise die Möglichkeit in MINT-Fächern aktuelle Anwendungen, wie Simulationen statt Realexperiment, Augmented und Virtual Reality oder Künstliche Intelligenz einzubeziehen.
In seinem Impulsvortrag gab Olaf Köller, Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor des IPN Kiel und acatech Mitglied, einen Einblick in die aktuelle Situation der Digitalisierung im Bildungswesen. Er bezog sich dabei einerseits auf die Ergebnisse des MINT Nachwuchsbarometers 2021, das besonderen Fokus auf das Lernen im Lockdown und die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler legt, und andererseits auf einen aktuellen Bericht der Gesellschaft für Informatik, der zeigt, dass der Informatikunterricht in der Unter- und Mittelstufe in den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich gewichtet und angeboten wird. Besser sähe es länderübergreifend in der Oberstufe aus, sagte Olaf Köller. Es sei jedoch nach wie vor so, dass kaum Schülerinnen und Schüler Informatikunterricht als Leistungskurs wählen könnten, da es immer noch zu wenig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer gäbe. Bezogen auf den Lockdown zeigten Umfragen, dass sich die Schulen relativ schnell an die neue Situation angepasst hätten und die Pandemie einen großen Digitalisierungsschub verursacht habe. Zwischen den Schulen gäbe es jedoch große Schwankungen, führte er weiter aus, und auch schulintern variiere die Umsetzung von Digitalunterricht teilweise von Fach zu Fach. Zu hoffen bleibe, dass die Effekte dieses Schubs nachhaltig seien, dass die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie genutzt und verstetigt sowie die Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern gefördert würden und der nachhaltige Ausbau der digitalen Infrastrukturen fortgeführt werde, sagte Olaf Köller abschließend.
Eva Stolpmann, Stiftung Bildungspakt Bayern, ging auf die zentrale Bedeutung von digitalen Medien in der Schule ein. Es ändern sich auch Lerninhalte und Vorgehensweisen, was für die Schülerinnen und Schüler einen großen Gewinn bedeute. In diesem Zusammenhang beschrieb Eva Stolpmann herausragende digitale Projekte, wie beispielsweise @ichbinsophiescholl, die den Schülerinnen und Schülern Lerninhalte vermitteln und fachliche Inhalte näherbringen. Als weiteres zentrales Thema nennt Eva Stolpmann die Qualität und Lernwirksamkeit der im Unterricht eingesetzten Aufgaben, die Lehrerinnen und Lehrern durch den Einsatz digitaler Medien selbst weiterentwickeln können.
Eine der vielen Wortmeldungen aus dem Publikum kam von Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes. Sie hob hervor, dass auch Schulleitungen in ihren Kollegien sogenannte Bildungstechnologinnen und -technologen benötigten, um zu wissen, welche Unterstützungstools sich für bestimmte Fächer eignen. Den Mehrwert in der Nutzung von KI-gestützten digitalen Tools sieht Eva Stolpmann in der möglichen Arbeitsteilung zwischen KI und Lehrkräften. So könnte die KI Routineaufgaben übernehmen und damit die Lehrenden unterstützen, wie beispielsweise die Auswertung von Aufgaben und die Zuweisung von Materialien.
Thomas Frank, Lehrer am Otto-von-Taube Gymnasium in Gauting, gab einen Einblick in den Schulalltag vor und während der Pandemie. Seiner Meinung nach haben und hatten selbstorganisierte Schülerinnen und Schüler deutliche Vorteile, da sie eigenständig entscheiden, wie sie ihre Arbeit am besten erledigen, eigene Standards setzen und sich selbst kontrollieren. Er beschrieb es als große Herausforderung Routine in den täglichen digitalen Unterricht hereinzubekommen und den Schülerinnen und Schülern eine Struktur zu geben. Nach Meinung von Lehrer Thomas Frank sind die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler durch die Pandemie gewachsen und sie haben gelernt mit technischen Problemen umzugehen. Für das neue Schuljahr wünscht er sich, dass die erlernten digitalen Kompetenzen weiter eingesetzt werden, dass die neuen Kommunikationswege zwischen Lehrenden und Lernenden weiter genutzt werden und dass sich die digitale Entwicklung fortsetzt.