Spitzendialog des Forschungsbeirats veröffentlicht Kommuniqué mit 12 Impulsen für die Zukunft von Industrie 4.0
München, 17. Juni 2021
Die Folgen der Corona-Pandemie und der globale Systemwettbewerb stellen die Industrie vor neue Herausforderungen. Zu diesem Anlass haben sich am 16. Juni führende Industrievertreter bei einem Spitzendialog zur Zukunft von Industrie 4.0 ausgetauscht. Der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 hatte dazu geladen und wirbt dafür, dass Industrie 4.0 auch weiterhin durch die Politik unterstützt wird, um ihr volles Potenzial für die digitale Souveränität und eine nachhaltige Wirtschaft entfalten zu können. Die Ergebnisse des Spitzendialogs fasst der Forschungsbeirat in zwölf Punkten in Form eines schriftlichen Kommuniqués zusammen.
Im Panel erfolgte zunächst eine kritische Bestandsaufnahme zum Status Quo Deutschlands als Leitanbieter von Industrie 4.0. Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 ist 2010 aus der Forschungsunion zur Begleitung der Hightech-Strategie der Bundesregierung hervorgegangen. Angesichts einer stärker werdenden globalen Konkurrenz müssen dringend weitere Schritte unternommen werden, um die Umsetzung von Industrie 4.0 voranzutreiben. Ab der Panel-Diskussion waren Volkmar Denner (Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH), Cedrik Neike (Mitglied des Vorstands der Siemens AG), Jörg Hofmann (Erster Vorsitzender der IG Metall) Thomas Saueressig (Mitglied des Vorstands der SAP SE), Siegfried Russwurm (Präsident des BDI) und Manfred Wittenstein (Aufsichtsratsvorsitzender der WITTENSTEIN SE) beteiligt.
Warum man sich gerade jetzt zur Zukunft von Industrie 4.0 austauschen sollte, erklärt Thomas Saueressig von SAP SE: „Der intensive und offene Austausch zu einem so wichtigen Thema wie Industrie 4.0 hat gezeigt, wie wichtig es für die Zukunft der deutschen Wirtschaft ist, dass wir unseren Vorsprung in diesem Bereich halten oder, noch besser, weiter ausbauen. Dazu bedarf es weiterhin großer Anstrengungen und eines engen Zusammenspiels von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft“, so Thomas Saueressig von SAP SE.
Die Panelisten diskutierten und formulierten 12 Impulse, die ihrer Meinung nach maßgeblich für den Erfolg von Industrie 4.0 sind, darunter die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Nutzung der Potentiale von Industrie 4.0. Siegfried Russwurm vom BDI erklärt, wie dies gelingen kann: „Die deutsche Industrie erweist sich in der Corona-Krise als Stabilitätsanker und Innovationstreiber. Für einen weiterhin starken Wirtschaftsstandort ist nun entscheidend, dass die Politik die Anwendung von Industrie-4.0-Technologien in der Breite unterstützt, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen. Die Arbeit in der Plattform Industrie 4.0 ist ein wichtiger Wegbereiter, um diesem Ziel einen großen Schritt näher zu kommen.“
Nachhaltigkeit soll als zentrales Ziel verankert werden, um das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Cedrik Neike von Siemens beschreibt, was dazu nötig ist: „Strategien und Technologien für Industrie 4.0 sind vorhanden. Jetzt geht es um die proaktive internationale Umsetzung für eine nachhaltigere Industrie! Wir können noch ressourcenschonender produzieren – auch mithilfe von neuen datengetriebenen Geschäftsmodellen.“
Auch der Mensch soll weiter klar im Mittelpunkt stehen bei neuen Arbeitswelten mit Kollaborationen zwischen Menschen und Maschinen. Industrielle Arbeitsplätze sollen gesichert und nachhaltig gestaltet werden. Dazu gehört auch eine gezielte Investition in Ausbildung und Forschung.
Daran anknüpfend stellte Jörg Hofmann von der IG Metall fest: „Der Spitzendialog hat ein wichtiges Signal zur erfolgreichen Umsetzung von Industrie 4.0 gesetzt. Jetzt wird es darauf ankommen, Digitalisierungsstrategien für neue Produkte und Geschäftsfelder zu entwickeln und Perspektiven für zukunftsfähige Beschäftigung zu schaffen. Dies kann nur im Dialog aller Stakeholder gelingen und durch ein gemeinsames Zielbild: Eine Industrie 4.0, die den gesellschaftlichen Fortschritt fördert.“
Volkmar Denner von der Robert Bosch GmbH erklärt, warum Kooperationen und internationalen Normen und Standards (Interoperabilität) zu den 12 Punkten gehören: „Deutschland ist Pionier bei Industrie 4.0. Die Plattform Industrie 4.0 hat daran einen wichtigen Anteil. Hier kommen wissenschaftliche und wirtschaftliche Kompetenz zusammen. Der Spitzendialog hat gezeigt: Wollen wir die vernetzte Industrie erfolgreich gestalten, benötigen wir offene, kompatible, internationale Lösungen. Und wir benötigen ausgereifte Standards, die integrieren – nicht trennen.“
Auch Innovation, darunter neue Geschäftsmodelle und resiliente Wertschöpfungsnetzwerke sind entscheidend, um die Potentiale von Industrie 4.0 voll ausschöpfen zu können. Manfred Wittenstein von der WITTENSTEIN SE erklärt, was dazu nötig ist: „Der Dialog hat wertvolle Impulse gegeben für den langen Weg, den wir mit „Industrie 4.0“ noch gehen müssen. Es fehlen noch wesentliche Voraussetzungen und Werkzeuge, damit wir als Gesellschaft insgesamt von den Chancen wirklich profitieren können. Hier sind wir alle gemeinsam gefordert: Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Letztlich geht es auch um das Mindset jedes einzelnen.“
Frank Possel-Dölken, CDO von Phoenix Contact und Vorsitzender des Lenkungskreises der Plattform Industrie 4.0 fasst die Bedeutung von Industrie 4.0 als Gestaltungsinstrument für eine erfolgreiche Umsetzung der vierten industriellen Revolution zusammen: „Der Spitzendialog hat gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung der Industrie für die kommende Dekade ist. Industrie 4.0 Ansätze und Technologien sind in der Praxis angekommen und entfalten bei konsequenter Umsetzung ihr volles Potenzial.“
Im nächsten Jahr lädt der Forschungsbeirat der Industrie 4.0 ein Spitzengespräch mit der Politik ein, um die Diskussion und den Austausch fortzuführen.
Über den Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0
Der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0, der aus dem Wissenschaftlichen Beirat Industrie 4.0 aus dem Jahre 2013 hervorgeht, konstituierte sich 2018 in seiner aktuellen Zusammensetzung neu. Im Forschungsbeirat sind 19 Vertreter aus der Wissenschaft und 13 Repräsentanten aus der Wirtschaft tätig, um die Plattform Industrie 4.0, ihre Arbeitsgruppen und die Bundesministerien, insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), unabhängig zu beraten. Die Arbeit des Forschungsbeirats zielt darauf ab, über die Erarbeitung von wissenschaftsbasierten Forschungsempfehlungen, die Weiterentwicklung und Umsetzungsplanung von Industrie 4.0 in der deutschen Wirtschaft voranzutreiben. Der Forschungsbeirat versteht sich als Impulsgeber für künftige Forschungsthemen und Berater zur Umsetzung von Industrie 4.0. Die Arbeit des Forschungsbeirats wird durch acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften koordiniert und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.