„Technologischen Wandel gestalten“: Projektmitglieder nehmen Arbeit auf
München, 11. November 2020
Mit technologischen Entwicklungen verbinden die Menschen Hoffnungen – aber auch Sorgen. Das gilt beispielsweise für 5G oder die Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten. Um Erwartungen und Bedenken der Bevölkerung in Bezug auf diese und andere Technologien sichtbar zu machen und wissenschaftsbasiert zu diskutieren, hat acatech das Projekt „Technologischen Wandel gestalten“ gestartet. Heute nehmen die Projektmitglieder, die aus Wissenschaft und Wirtschaft stammen, ihre Arbeit auf.
Die Corona-Pandemie zeigt, wie groß die Herausforderung ist, einerseits die Ängste und Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und andererseits eine sachlich fundierte gesellschaftliche Debatte über Optionen und Maßnahmen zu führen. Unzweifelhaft ist: In welche Richtung wir steuern wollen, darüber müssen wir uns als Gesellschaft verständigen und gemeinsam entscheiden – das gilt auch mit Blick auf den technologischen Wandel. In einem neuen acatech Projekt stehen dieser Wandel und seine Gestaltung durch eine offene gesellschaftliche Diskussion im Mittelpunkt. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft konnten dafür gewonnen werden – heute nehmen sie ihre Arbeit auf.
„Mit diesem Projekt wollen wir untersuchen, wie wir Anliegen, Erwartungen und Bedenken in der Gesellschaft zu Technikthemen aufgreifen können. Wir haben die Arbeitsgruppen des Projekts daher mit Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen besetzt – so können wir auch der Perspektivenvielfalt verschiedener Gruppen in der Gesellschaft gerecht werden. Das Ziel muss eine Versachlichung der Debatte sein, die Fakenews und Verschwörungsideologien wissenschaftliche Fakten entgegensetzt und ausgewogen im Sinne des Allgemeinwohls Chancen und Risiken miteinander abwägt“, erklärt Ko-Projektleiter und acatech Präsidiumsmitglied Ortwin Renn die Zielsetzung des Projekts.
Die Projektmitglieder beschäftigen sich in zwei Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Fragestellungen:
- Arbeitsgruppe 1: „Resilienz und Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur am Beispiel 5G“
Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer aktuellen Mobilfunkstrategie den schnellen und erfolgreichen Ausbau der 5G-Netze beschlossen. Mit 5G werden die Latenzzeiten, also die Ende-zu-Ende-Verzögerungen in den Mobilfunknetzen und die Datenraten noch einmal deutlich verbessert. Auf diese Weise werden bestehende Anwendungen optimiert und neue, wie zum Beispiel eine Maschine-Maschine-Kommunikation in Echtzeit und damit das Internet der Dinge, erst ermöglicht. Viele sehen in 5G die Schlüsseltechnologie für den digitalen Wandel. Jedoch gibt es in Teilen der Bevölkerung auch Vorbehalte: Die angeblich schädliche Wirkung von Funkwellen auf Menschen und Tiere, die Veränderung des Landschaftsbildes durch zusätzliche Funkmasten, die Sorge vor Sicherheitslücken – das sind alles Motive, die in der aktuellen Diskussion um 5G eine Rolle spielen. Diese Einwände wollen die Mitglieder der Arbeitsgruppe ernst nehmen und Konzepte entwickeln, wie dazu ein fruchtbarer Dialog mit der Bevölkerung umgesetzt werden kann. - Arbeitsgruppe 2: „Resilienz und Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems durch Datenverfügbarkeit“
Gesundheitsdaten sind eine wichtige Basis für die Gewinnung medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse – die wiederum Treiber gesundheitspolitischer und gesellschaftlicher Veränderungen sein können. Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wertvoll verlässliche und ausreichend medizinische Daten zur Bekämpfung einer Pandemie sein können. Die Bundesregierung stellt aktuell die Weichen für eine sichere und effektive Datenarchitektur im Gesundheitsbereich: Die elektronische Patientenakte, digitale Gesundheitsanwendungen, aber auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin bergen große Hoffnungen – nicht nur für eine bessere individuelle Versorgung von Patienten, sondern auch für die medizinische Forschung und Wirtschaft. Doch auch hier gibt es Bedenken und Streitpunkte: Wie lassen sich Gesundheitsdaten am besten vor Diebstahl, Manipulation und Missbrauch schützen? Welche Daten sind privat und müssen privat bleiben? Welche technischen und politischen Voraussetzungen sind dafür notwendig? Die Arbeitsgruppe diskutiert diese und weitere Fragen mit der Zivilgesellschaft, um sie in den Gestaltungsprozess aktiv einzubeziehen, ihr Urteilsvermögen zu stärken und die Erkenntnisse über einen sinnvollen und sicheren Umgang mit Daten an Politik und Wirtschaft zu kommunizieren.
„Neue technologische Anwendungen, wie 5G oder digitale Anwendungen in der Medizin, verändern die Gesellschaft. Allerdings werden neue Technologien nur erfolgreich sein, wenn sie angenommen werden. Nur wenn die Sorgen der Menschen ernst genommen werden und man mit ihnen in den Dialog tritt, können wir neue Technologien mit großem Nutzen für die Gesamtgesellschaft umsetzen“, so Ko-Projektleiter und acatech Präsident Karl-Heinz Streibich.
„acatech leistet mit diesem Projekt Pionierarbeit“, ist sich Karl-Heinz Streibich sicher, „weil die Akademie, Wissenschaft und Wirtschaft an einen Tisch bringt. Wir wollen neue Kommunikations- und Dialogformen entwickeln und testen, mit denen ein konstruktiver und kooperativer Dialog über neue Technologien mit den Bürgerinnen und Bürgern möglich ist.“