Unterhausdebatte zur Mobilitätswende

München, 18. Oktober 2019
Mobilitätswende – Was sind Sie bereit zu tun? Das war die zentrale Frage einer ungewöhnlichen Diskussionsveranstaltung, die acatech am 16. Oktober zusammen mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) ausrichtete. Im Stil einer Unterhausdebatte im englischen Parlament drückten die Teilnehmenden ihre persönliche Haltung zu bestimmten Streitpunkten anhand der Platzwahl aus. So wurde recht schnell deutlich, wie die etwa 140 Gästen zur Mobilität standen.
Reisezeit, Kosten und Komfort – das seien die drei Faktoren, die Menschen bei ihrer Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Verkehrsmittel heranziehen würden, erläuterte Klaus Bogenberger, Professor für Verkehrstechnik an der Universität der Bundeswehr München, zu Beginn der Veranstaltung. In seinem Einführungsvortrag wies er zudem darauf hin, dass man bei der Mobilitätswende nicht immer nur an den Personen-, sondern auch an den Wirtschaftsverkehr denken und die unterschiedlichen Verkehrsansprüche in Stadt und Land beachten müsse.
Während der anschließenden „Unterhausdebatte“ konnten die Gäste ihre Meinung zu einer bestimmten Mobilitätsfrage durch die Wahl ihres Sitzplatzes kundtun: Je nachdem, auf welche Seite des Mittelgangs man sich setzte, drückte man entweder seine Zustimmung oder Ablehnung zu einer Frage aus. Mit Jessica Le Bris, Mobilitätsexpertin bei Green City Experience, Maik Böres, Leiter Future Mobility bei BMW, und Ulrich Wagner, acatech Mitglied und Professor für Energiewirtschaft an der TU München, beteiligten sich auch die geladenen Expertinnen und Experten an der Debatte und wurden anschließend zu den Gründen für ihre Platzwahl befragt. Die beiden Moderatorinnen, Maren Schüpphaus von dialog:impulse und Jeanne Turczynski vom Bayerischen Rundfunk, ermutigten die übrigen Teilnehmenden zum lautstarken Kommentieren der Beiträge – was zwar nicht zu derart hitzigen Szenen wie im englischen Unterhaus führte, aber dennoch vereinzelte Buh- oder Jubelrufe durch den Veranstaltungsraum in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften tönen ließ.
Rege Beteiligung an der Debatte
Aufgrund der aktiven Beteiligung an der Debatte ergab sich ein deutliches Bild: Die weit überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden nimmt bei der Wahl des Verkehrsmittels bereits gewisse Einschränkungen bei Zeit, Kosten und Komfort in Kauf, um sich klimaschonend fortzubewegen. Das fällt in einer Stadt wie München mit den vielen Möglichkeiten des ÖPNVs schon jetzt vergleichsweise leicht. Wenig überraschend forderten die Anwesenden, dass auf Kosten der Autofahrer im öffentlichen Raum mehr Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger eingeräumt werden müsse. An Spitzenzeiten orientierte Straßennutzungsgebühren könnten zudem dabei helfen, Einnahmen zu steigern, mit denen wiederum Alternativen ausgebaut werden könnten. Auch ein Tempolimit auf Autobahnen fand unter den Gästen eindeutig Zustimmung. Bei der Frage nach dem Einsatz von Drohnen im Lieferverkehr oder einem Verbot von Inlandsflügen war die Haltung der Anwesenden dagegen ausgewogener.
Bei jeder Frage kamen jeweils beide Seiten für eine Begründung der eigenen Entscheidung zu Wort. So konnten viele Meinungen eingefangen werden und die Argumentationen, die jeweils dahinterstehen, wurden sichtbar.