Wie kann die vernetzte Mobilität 2030 aussehen? Projekt „Neue autoMobilität“ legt Zukunftsbilder vor

Berlin, 23. Oktober 2018
Eine vernetzte, automatisierte Mobilität soll die Menschen in naher Zukunft bequemer, effizienter, sicherer und umweltfreundlicher ans Ziel bringen. Ein heute erschienener Zwischenbericht der acatech Projektgruppe „Neue autoMobilität II“ zeichnet ein Bild dieser Entwicklung. Sechs Zukunftsbilder der Mobilität zeigen, wie das Zusammenspiel verschiedener vernetzter Mobilitätsanwendungen in Zukunft aussehen könnte. Einen besonderen Schwerpunkt legt die Arbeitsgruppe auf den Übergang vom heutigen Mobilitätssystem.
Die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Verkehrssystem sind da: Elektromobilität, Automatisierung, Digitalisierung, Vernetzung und innovative Mobilitätskonzepte wie Carsharing legen schon heute den Grundstein für ein zukünftiges Verkehrssystem, das deutlich weniger Ressourcen verbraucht, weniger Raum und sogar Fahrzeuge benötigt und vorhandene Infrastrukturen effizienter nutzt. Die wachsenden Städte werden auf diese Weise entlastet. Mobilitätsbedürfnisse können wesentlich bedarfsgerechter bedient werden, alternde Bevölkerungen in ländlichen Räumen bleiben mobil. Insgesamt kommen Menschen und Güter besser ans Ziel. Wie aber sieht der Weg zu einem solchen neuen Mobilitätssystem aus? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Potentiale der neuen Technologien bestmöglich zu nutzen? Diesen Fragen widmet sich die acatech Projektgruppe „Neue autoMobilität“.
Ein Zielbild und Wege zum automatisierten Straßenverkehr der Zukunft im Jahr 2030 hat die interdisziplinäre Arbeitsgruppe bereits vorgelegt. In einer zweiten Phase „Neue autoMobilität II – Kooperativer Straßenverkehr und intelligente Verkehrssteuerung für die Mobilität der Zukunft“ untersuchen die Expertinnen und Experten nun das Zusammenspiel neuer Mobilitätstechnologien, und -dienstleistungen in einem digital vernetzten Mobilitätssystem. Sie arbeiten dabei mit Vertretern aus Automobil-, Elektro-, Bahn-, Infrastruktur-, Software- und Telekommunikationsindustrie zusammen, um den Wandel des Mobilitätssystems hin zu einer emissionsarmen, automatisierten und digital vernetzten Mobilität zu beschleunigen.

Im heutigen Straßenverkehr ist jede Fahrerin und jeder Fahrer weitgehend auf sich allein gestellt. Verkehrsschilder und Ampeln bringen ein Mindestmaß an Koordination. Handzeichen und Hupen helfen bei unklaren Situationen. Etwas mehr Kooperation bringen allenfalls eingeübte Manöver wie das Einfädeln im Reißverschluss-Verfahren. Vernetzte, miteinander kommunizierende Fahrzeuge dagegen ermöglichen spontane, gemeinsame, koordinierte Fahrmanöver je nach Verkehrslage. Eine intelligente Verkehrssteuerung kann Ampelschaltungen, Beschilderung und individuelle Routen so anpassen, dass jeder schneller ans Ziel kommt. Auf diese Weise wird der Verkehr wesentlich effizienter, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird.
In ihrem Zwischenbericht formuliert die Projektgruppe ihre Vision einer nachhaltigen, an den individuellen Bedürfnissen orientierten Mobilität mit dem Anspruch einer gesteigerten Lebensqualität in menschengerechten Siedlungsräumen. Ihr Ansatz ist ganzheitlich, systemisch und integrativ. Sechs Zukunftsbilder der Mobilität zeigen, wie das Zusammenspiel verschiedener vernetzter Mobilitätsanwendungen in Zukunft aussehen könnte.
Ein Zukunftsbild (siehe Titelbild) setzt beim Pendelverkehr an, der heute Menschen stresst und Anwohner belastet: Pendler stecken viel zu lange im morgentlichen Verkehrsstau in die Stadt, während die stadtauswärts führenden Fahrspuren oft leer sind. Digitale, dynamische Verkehrsbeschilderung könnte zusätzliche Fahrstreifen schaffen, indem sie die Fahrstreifenbreite verengt oder auch stadtauswärts führende Fahrspuren flexibel für den stadteinwärts fließenden Verkehr nutzbar macht. Flexible Befahrungsgebühren für besonders überlastete Strecken könnten den Verkehr auf Ausweichstrecken umleiten oder auf öffentliche Verkehrsmittel. Innovative Mobilitätskonzepte wie zum Beispiel Ridesharing können die Straßen noch weiter entlasten. Automatisierte Straßen- und U-Bahnen können in kürzeren Taktzeiten fahren und damit mehr Menschen aufnehmen. Noch weiter lassen sich Verkehrsaufkommen zu Stoßzeiten und Pendelstress durch flexible Arbeitszeitplanung und Homeoffice mindern.
In ihrem Zwischenbericht veranschaulicht die Arbeitsgruppe, wie ein ganzheitlicher, integrativer und systemischer Ansatz eine menschenfreundlichere Mobilität ermöglichen kann. Über die technische Dimension hinaus erörtert sie Möglichkeiten der gesellschaftlichen Beteiligung. Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen und eng verbunden mit individueller Freiheit. Es braucht einen offenen Dialog zu Rahmenbedingungen, Nutzen und gesellschaftlichen Auswirkungen der vernetzten Mobilität. Neue Mobilitätsanwendungen sollten gemeinsam gestaltet und erprobt werden.
Daran anschließend formuliert der Zwischenbericht Handlungsfelder für den Weg in die Mobilität der Zukunft:
- Erlebnisräume für gesellschaftlichen Dialog und Innovationen schaffen
- Kommunen stärken und zukunftsfähig machen
- Digitale Datentreuhänder entwickeln
- Verkehrsträger vernetzen und in einem Verkehrssystem zusammenführen
- Infrastrukturen koordiniert ausbauen
- Safety, Security und Resilienz gewährleisten
- Interoperabilität ermöglichen
- Vorausschauend in Forschung investieren
- Wirtschaftsstandort stärken und europäisch verankern
Die Handlungsfelder sollten in den Augen der Projektgruppe von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam diskutiert und bearbeitet werden. Nur mit einer gemeinsamen Vision einer bedarfsgerechten und zukunftsgewandten Mobilität gelingt der Aufbruch in ein besseres Mobilitätssystem. Mit den Handlungsfeldern steckt die Arbeitsgruppe ihre Themen ab, sie nun vertiefen wird. Ihre Arbeitsergebnisse wird die Projektgruppe im Sommer 2019 vorlegen.