3 Fragen an Thomas Bauernhansl zur Expertise „Umsetzung von cyber-physischen Matrix-produktionssystemen“
München, 20. Juli 2022
1. Welche Vorteile bieten cyber-physische Matrix-produktionssysteme im Vergleich zu anderen Produktionssystemen?
Matrixproduktionssysteme zeigen sich über den gesamten Lebenszyklus eines Produktionssystems vorteilhaft, beginnend mit der Gestaltung und der Inbetriebnahme des Systems. Aufgrund des modularen Charakters können diese schrittweise erfolgen. Während der Betriebsphase besteht der große Vorteil von Matrixproduktionssystemen darin, dass diese die Zweipoligkeit zwischen Flexibilität und Produktivität klassischer Produktionssysteme auflösen. Klassische Werkstattfertigungen etwa werden auf Flexibilität ausgelegt, sind in der Regel jedoch nicht sehr produktiv. Ausgetaktete Linien sind hingegen sehr produktiv jedoch wenig flexibel.
Der Ansatz der Matrixproduktion ermöglicht, basierend auf der Modularität sowie einer automatisierten, optimierenden Auftrags- und Materialflusssteuerung, beide Welten miteinander zu verbinden. Zusätzlich sehen wir die taktische Veränderungsfähigkeit über Rekonfiguration als essenzielle Eigenschaft einer Matrixproduktion an. Dadurch kann sie sich kontinuierlich an sich ändernde Produktionsprogramme anpassen. Außerdem können leicht neue Technologien integriert und über den flexiblen Materialfluss angebunden werden.
2. Welche Rolle spielen diese Technologien im Hinblick auf Industrie 4.0?
Gerade die Technologien, die rund um Industrie 4.0 entstanden sind, befähigen die cyber-physische Komponente von Matrixproduktionen und sichern ihren wirtschaftlichen Betrieb. Intelligente Systeme optimieren den Materialfluss und steuern die Prozessmodule. Autonom laufende fahrerlose Transportsysteme realisieren den Transport vom Produkt und Rohmaterial. Assistenzsysteme unterstützen die Werker die teils zunehmenden Komplexität zu beherrschen. Mensch-Maschine Kollaboration verbindet die Fähigkeiten von Werkern und Robotern. Im digitalen Zwilling werden Szenarien simuliert und Optimierungsmöglichkeiten identifiziert.
Für all diese Anwendungen braucht es Systeme zur Aufnahme und Verarbeitung von Daten. Dies macht deutlich, wie essenziell die Technologien von Industrie 4.0 zum Betrieb von Matrixproduktionssystemen sind. Gleichzeitig werden Endkunden immer stärker in die Wertschöpfung eingebunden.
3. Welche Chancen und welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung von cyber-physischen Matrixproduktionssystemen?
Die Einführung von Matrixproduktionssystemen wird erleichtert, wenn in den Kernbereichen bereits standardisierte Prozesse eingeführt sind. Außerdem ist eine hohe Datenqualität in Stamm- und Bewegungsdaten von Vorteil. Auch eine gewisse Affinität und Offenheit des Unternehmens für die Technologien von Industrie 4.0 ist hilfreich. Darüber hinaus zeigt unsere Expertise zu Matrixproduktionssystemen, dass sich bisher hauptsächlich Konzerne mit der Einführung von Matrixproduktionen beschäftigen bzw. bereits eingeführt haben.
Diese Unternehmen haben die notwendigen Technologien größtenteils selbst entwickelt. Dies legt den Schluss nahe, dass kleinere Unternehmen von den vermeintlich hohen Entwicklungs- und Investitionsaufwänden abgeschreckt sind. Doch gerade für KMU kann die Matrixproduktion sehr interessant sein, da sie häufig kundenindividuelle Produkte in kleinen Stückzahlen produzieren und somit eine flexible und wandlungsfähige Produktion benötigen.
Welche Chancen und Potenziale in der Nutzung von Matrixproduktionen liegen, kann an den in der Expertise beschriebenen Good-Practices erkannt werden. Sie zeigen, dass die Unternehmen deutliche Verbesserungen in den von ihnen priorisierten Kennzahlen erreichen konnten. Auch konnten wir verschiedene Entwicklungspfade hin zur Matrixproduktion erkennen. Die Unternehmen setzen in der Regel eine Matrixproduktion schrittweise um.
Die Expertise „Umsetzung von cyber-physischen Matrixproduktionssystemen“ finden Sie hier.