Wahrnehmung der Bioökonomie – Es kommt darauf an, was man daraus macht!
München, 28. Mai 2020
Was die Deutschen über Technik denken – das untersucht das TechnikRadar von acatech, Körber-Stiftung und dem Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart (ZIRIUS). Neben der allgemeinen Einstellung zu Technik fragt die Studie in diesem Jahr ab, wie die Deutschen zu den Zielen und möglichen Auswirkungen der Bioökonomie stehen. Am 26. Mai stellte die wissenschaftliche Projektleiterin des TechnikRadars, Cordula Kropp von der Universität Stuttgart, die Befragungsergebnisse bei „acatech am Dienstag“ vor. Volker Sieber, TU München und Rektor TUM Campus Straubing, ging bei der erstmals digital via Zoom stattfindenden Veranstaltung auf die aktuellen Herausforderungen der Bioökonomie ein.
Volker Sieber, TU München und Rektor TUM Campus Straubing, beschrieb im Auftaktimpuls Ziele und Inhalte der Bioökonomie. Die Bioökonomie beschrieb er als eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, die stark auf Nachhaltigkeit setzt, mit Fokus auf die Nutzung von nachhaltigen Ressourcen und erneuerbaren Technologien durch moderne Technologien. Als Beispiele nannte er im Baugewerbe die Nutzung biobasierter Produkte, wie beispielsweise Holz, und Materialien und Chemikalien basierend auf nachwachsenden Rohstoffen. In der Landwirtschaft liege der Fokus auf ertragreichen Pflanzen, so Volker Sieber. Im Sinne der Bioökonomie sollen hier Verfahren entwickelt werden, die mit verschiedenen Biomassen wie etwa Mais oder Weizen zurechtkommen und letztlich zu den gleichen Produkten führen. Ziel sei die Verlagerung der Produktion hin zu den Flächen wo die Rohstoffe wachsen. Durch COVID-19 und die damit verbundene Unterbrechung globaler Lieferketten, sei das Bewusstsein in der Bevölkerung gewachsen und hätte zu einer Favorisierung der lokalen Produktion geführt, resümierte Volker Sieber.
Einen Einblick, wie die Deutschen zu den Zielen und möglichen Auswirkungen der Bioökonomie stehen, gab anschließend Cordula Kropp, vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart. Als wissenschaftliche Projektleiterin des TechnikRadars fasste sie wichtige Ergebnisse der Umfrage zusammen. Sie begann dabei mit der Meinung der Deutschen zu den Zielen der Bioökonomie, die von der Mehrheit der Befragten begrüßt werden: 70 Prozent meinen, Deutschland sollte beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen (70,2 %), nur 11 Prozent wollen das nicht. Entsprechend stößt auch die Nutzung nachwachsender Rohstoffe für die industrielle Produktion auf sehr hohe Zustimmung: drei Viertel der Befragten (76,2 %) halten dies für wichtig und bestätigen damit das Grundprinzip der Bioökonomie, nur eine Minderheit (18,5 %) hält demgegenüber die Umstellung auf nachwachsende Rohstoffe für riskant. Allerdings zeichnen sich die Deutschen auch durch ihre starke Präferenz für ursprüngliche Natur aus. Das führt dazu, dass nur 41 Prozent große Teile der landwirtschaftlichen Fläche für die Gewinnung nachwachsender Rohstoffe nutzen möchten, ebenso viele stehen dem ambivalent gegenüber und knapp 20 Prozent lehnen es ab. Im Zusammenhang mit der Bioökonomie werde auch über verschiedene Verfahren der Pflanzenzüchtung diskutiert, so Cordula Kropp. Mit grüner Gentechnik lassen sich Pflanzen widerstandsfähiger machen und Erträge verbessern. Dieses Verfahren lehnten 57,5 Prozent der Deutschen ab. Den Nutzen von gentechnischen Züchtungsverfahren sähen nur 20,9 Prozent der Befragten, 66,4 Prozent bewerteten die dadurch entstehenden Risiken als hoch oder eher hoch.
Blicke man auf die Umfrageergebnisse des TechnikRadars aus den letzten drei Jahren, werde nach Matthias Mayer, Leiter des Bereichs Wissenschaft bei der Körper-Stiftung, deutlich, dass die Deutschen ambivalent in ihrer Haltung und Einschätzung zu Technologien sind. So betrachteten sie Technik und Technologien nicht isoliert, sondern als Optionen in Anwendungsszenarien, bei denen es schlussendlich darauf ankomme, was man daraus macht!