Holzbasierte Bioökonomie – Treiber für innovative Technologien?
München, 17. Februar 2023
Holz – seit Jahrtausenden ein wichtiger und vielseitiger Bau- und Werkstoff, der zudem der Energiegewinnung dient. Innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen auf Holzbasis können gerade heute einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem Wirtschaften leisten. Das war die Botschaft der Fachleute am 14. Februar bei „acatech am Dienstag“ zum Thema „Holzbasierte Bioökonomie“.
Nach Begrüßung der über 40 Gäste durch acatech Präsident Jan Wörner stellte acatech Mitglied André Wagenführ vom Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden die Ergebnisse des acatech Projekts „Holzbasierte Bioökonomie – Treiber innovativer Technologien“ vor. Im Fokus des hierzu erschienenen Positionspapiers steht die stoffliche Holzverwendung. Anhand von innovativen Beispielen aus verschiedenen Wirtschaftszweigen werden begünstigende Faktoren sowie Hemmnisse identifiziert und Handlungsempfehlungen für Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft abgeleitet. André Wagenführ unterstrich in seinem Vortrag die Relevanz der stofflichen Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz. Diese weise im Vergleich zur direkten energetischen Holznutzung entscheidende Vorteile auf: Eine möglichst lange und mehrfache stoffliche Verwendung (Kaskadennutzung) leiste insbesondere einen Beitrag zum Klimaschutz (CO2-Speicherleistung) sowie zur Ressourceneffizienz und sei oftmals mit höherer Wertschöpfung verbunden. Er verwies beispielhaft auf die Papierindustrie mit hohen Recyclingquoten von 76 Prozent sowie auf Innovationen im Bereich sich selbstformender Möbel oder nachhaltiger Verpackungen. Deutschland habe eine große Waldfläche, eine in Europa führende Position in der Holzindustrie und im Maschinen- und Anlagenbau sowie eine vielfältige Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Zusammen mit einer systemischen Betrachtungsweise, die auch die begrenzte Rohstoffverfügbarkeit und die vielfältigen Anforderungen an das Ökosystem Wald im Blick habe, seien dies gute Voraussetzungen, um hierzulande die holzbasierte Bioökonomie weiterzuentwickeln.
Auf die energetische Nutzung von Holz ging Daniela Thrän, Vorsitzende des Bioökonomierats der Bundesregierung und Professorin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), ein. Sie sagte, dass stoffliche und energetische Holznutzung derzeit gleich auf bei je 50 Prozent lägen und der Großteil davon mit etwa 22 Prozent in privaten Haushalten sowie rund 18 Prozent in Großfeuerungsanlagen für die Wärmebereitstellung genutzt würden. Während bei Letzteren vorwiegend Stoffströme aus der Kaskade zum Einsatz kommen – allen voran Altholz – würde in Privathaushalten meist Scheitholz, das vielfach dem Privatwald entnommen wird, verwendet. Es würden auch zunehmend Briketts und Pellets eingesetzt. Der Anteil der energetischen Holznutzung sei über die letzten Jahre nahezu konstant geblieben. Allerdings dürften die derzeit hohen Energiepreise aufgrund aktueller Krisen auch Auswirkungen auf die energetische Holznutzung haben, sagte Daniela Thrän. Eine möglichst mehrfache stoffliche Holznutzung sollte in jedem Fall Vorrang vor der direkten energetischen Nutzung haben. Daher sollten Subventionen für die energetische Nutzung sukzessiv abgebaut werden und sich die energetische Holzverwendung möglichst auf den Einsatz von Reststoffen beschränken und unbedingt mit dem Einsatz von Wärmepumpen oder Photovoltaik verbunden sein.
Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin vom Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e. V. (VHI), beschrieb, wie vielfältig sich Holz als Werkstoff einsetzen lasse. Es gelte, den Rohstoff Holz, d.h. den Primär-, als auch den Sekundärrohstoff, so effizient wie möglich zu nutzen: So sollte der ganze Baum, aber auch Durchforstungsholz sowie Holz aus landwirtschaftlicher Erzeugung und aus Landschaftspflegemaßnahmen verwendet und die Bestandteile möglichst lange stofflich genutzt werden, sagte sie. Zudem sei die mengenmäßige und qualitative Verfügbarkeit von Sekundärrohstoffen, wie beispielsweise Altholz, durch Recycling und Kaskadennutzung zu steigern – auch um durch die verlängerte CO2-Speicherung in Produkten zum Klimaschutz beizutragen. Politik, Industrie und Verbraucher seien gefragt: Es gelte, bei Regelungen auf Konsistenz und eine angemessene Balance zwischen Nutzen und Schützen zu achten. Die Industrie müsse sich auf die Verarbeitung anderer Arten aus klimaresilienteren Wäldern einstellen. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch den Kauf nachhaltiger, langlebiger auch recycelter Holzprodukte zum Klimaschutz beitragen.
Die Expertinnen und der Experte hielten abschließend fest, dass für die Zukunft eine stärkere Rolle von holzbasierten Sekundärrohstoffe in der Kreislaufwirtschaft, bei gleichzeitig minimiertem Ressourceneinsatz wünschenswert sei. Die Lebensdauer von Holz müsse verlängert, die Kreisläufe geschlossen werden. Die Wegwerfgesellschaft müsse zu einem Umdenken bewegt werden, hin zum bewussten Umgang mit Ressourcen und Produkten. Hierzu sei es nötig, bereits beim Entwerfen eines Produkts ein recyclingfreudiges Design mitzudenken.
„acatech am Dienstag“ fand am Valentinstag im Rahmen des „Flower Power Festival München“ statt. Im Festivalzeitraum bis zum 07.10.2023 finden in den nächsten Monaten weitere Veranstaltungen zu Themen wie Pflanzengesundheit, Künstliche Fotosynthese und Stickstoffnutzung statt.