Pandemiefeste Beschäftigung in Produktionsunternehmen – Wie man sich auf Infektionskrisen vorbereiten kann
München, 24. November 2021
In der Expertise des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0 untersucht das Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung (BIT e.V.) den Stand der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen des Infektions-, Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der betrieblichen Praxis. Das Institut sammelt Best-Practice-Lösungen und benennt Probleme in der Umsetzung. Aus den Erkenntnissen wird eine Handlungshilfe für betriebliche Verantwortliche in kleinen und mittelständischen Produktionsunternehmen (KMU) in Pandemien abgeleitet. Grundlage für die Analyse bildeten die Anforderungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel von August 2020.
Je größer das Unternehmen, desto weiter fortgeschritten ist die Umsetzung, da mehr personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden können. Das zeigen die Erkenntnisse aus den empirischen Daten. Die Erfüllung der Grundanforderungen des Arbeitsschutzgesetzes stellt insbesondere für Kleinstbetriebe mit unter 50 Beschäftigten eine Herausforderung dar. Sie können die zusätzlichen Herausforderungen im Rahmen der pandemischen Lage ohne konkrete Handlungshilfe in Pandemien kaum erfüllen.
Die Einhaltung der Abstandsregelungen sowie die Kontaktvermeidung am Arbeitsplatz erfordern innovative Lösungen. Best-Practice-Beispiele zeigen veränderte Arbeitszeit- und Pausenregelungen, Minimierung der Arbeitsplatzdichte, technische Schutzmaßnahmen und Hygieneregelungen auf. Homeoffice ist in fast allen Unternehmen geübte Praxis, allerdings beklagen die Beschäftigten das Fehlen von sozialen Kontakten zum fachlichen und persönlichen Austausch. Zudem besteht Nachholbedarf bei der Regelung der betrieblichen Arbeitsorganisation und -gestaltung durch den Abschluss von entsprechenden Betriebsvereinbarungen.
Prävention durch Information und Kommunikation
Die Unternehmen sind meist gut gerüstet. Die
Führung muss aber getroffene Schutzmaßnahmen
nicht nur an die Belegschaft kommunizieren,
sondern sie aktiv vorleben.
Thomas Bauernhansl,
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Mitglied des
Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0
Die Beispiele aus der betrieblichen Praxis zeigen, dass ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Präventionsarbeit die Sicherstellung der innerbetrieblichen Information und Kommunikation durch die Einbindung der obersten Leitungsebene, der betrieblichen Interessenvertretung und die Besetzung der Arbeitsgruppen mit Verantwortlichen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist.
Einsatz von Industrie 4.0-Technologien
Handlungsoptionen im Bereich von Industrie 4.0-Technologien werden dagegen nur vereinzelt genutzt, wie beispielsweise der Einsatz von Remote-Assistenz im Rahmen von Homeoffice. Die Betriebe stehen bei der Einführung dieser Technologien vielfach noch ganz am Anfang. Es bedarf weiterhin der Unterstützung und Anreize durch Ministerien, Verbände und Beratungsinstitutionen, damit Industrie 4.0-Technologien vermehrt in die betriebliche Praxis integriert werden.
Handlungshilfe in Pandemien für kleine und mittelständische Produktionsunternehmen
Die im Rahmen der Expertise entwickelten webbasierten aktuellen Handlungshilfen in Pandemien bieten einen schnellen Überblick über die gesetzlichen Anforderungen des Infektions-, Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Sie beschreiben konkrete Handlungsmöglichkeiten und Best-Practice-Lösungen. Zudem erlauben sie systematisch sowie zügig den Zugriff zu weiteren nützlichen Informationen und Werkzeugen, um eine präventive Wirkung entfalten zu können.
Auch in Zukunft muss mit globalen Gesundheitskrisen durch Infektionskrankheiten gerechnet werden. Daher besteht die Herausforderung darin, Strukturen und Prozesse von Industrieunternehmen insgesamt widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse wie Pandemien zu machen und damit die organisatorische und individuelle Resilienz zu stärken.
Die Expertise steht auf der acatech Webseite zum kostenlosen Download zur Verfügung.