Wie lernende Systeme die Produktion effizienter machen

Schweinfurt, 16. November 2019
Wo kann KI in kleinen und mittelständischen Unternehmen zum Einsatz kommen – und wie lässt sich dadurch die Produktivität steigern? Bei der Premiere von „acatech am Dienstag“ in Schweinfurt beleuchteten am 12. November Expertinnen und Experten anhand von konkreten Beispielen die Chancen und Herausforderungen von KI in der Produktion und in der Fabrik. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Verband deutscher Unternehmerinnen (VDU) ausgerichtet.
Die Erwartungshaltung der Menschen gegenüber KI seien zu hoch, warnte Johannes Kröckel von Schaeffler Technologies AG & Co. KG. Es gebe gute und weniger gute Anwendungsbeispiele für KI in der Produktion – man müsse sich an den guten orientieren und die richtigen Fälle auszusuchen. Jedes Unternehmen müsse dabei aber zunächst die individuellen Möglichkeiten für den Einsatz von KI ausloten – indem es kläre, welche Daten zur Verfügung stünden, wie sie genutzt werden könnten und welche Daten durch Kombination einen Mehrwert im Unternehmen etablieren könnten. Neue Anwendungsgebiete für KI sieht Johannes Kröckel in einer agilen Arbeitsweise und der Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit verschiedener Arbeitsbereiche.
Potenziale der KI in der Produktion
Egal ob Gesichtserkennung, autonomes Fahren oder Robotik: Für Andreas Mayr vom Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eröffnen die Methoden der KI gänzlich neue Möglichkeiten bei der Entwicklung intelligenter Systeme. Beim aktuellen KI-Hype, so erklärte er in seinem Impuls, gehe es vor allem um die sogenannten Maschinellen Lernverfahren (ML), bei denen vorwiegend mathematische, statistische Verfahren zum Einsatz kämen. In der Produktion seien Maschinelle Lernverfahren in der Instandhaltung einsetzbar, zum Beispiel um den aktuellen Verschleißzustand einer Anlagenkomponente anhand von Vibrationen zu erkennen. Darauf basierend ließe sich sodann das weitere Fortschreiten des Verschleißes prognostizieren und ein optimaler Austauschzeitpunkt ermitteln. Im Qualitätsmanagement solle es zukünftig möglich sein, die Qualität eines Produkts allein auf Basis von Prozessdaten vorherzusagen, so der Experte.
Auch im Bereich der Robotik sieht Andreas Mayr großes Potenzial für Maschinelle Lernverfahren: Durch KI könnten Roboter einerseits Montagestrategien selbst erlernen, andererseits könnten die Genauigkeiten der Objekt- und Posenerkennung erhöht werden. Dazu gebe es Anwendungsfälle in der übergeordneten Produktionsplanung und -steuerung: Beispielsweise könne KI eingesetzt werden, um die Maschinenbelegung hinsichtlich aufkommender Lastspitzen zu optimieren.
Welche Rolle spiele angesichts dieser Entwicklungen überhaupt noch das produktionstechnische Know-how von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, fragte Moderatorin Ellen Bambach vom Verband deutsche Unternehmerinnen abschließend. Keine unbedeutende, erwiderte Andreas Mayr. Wenngleich sich die Berufsbilder änderten, werde Prozesswissen nach wie vor benötigt, um im Produktionsumfeld geeignete Use Cases zu identifizieren und Optimierungspotenziale abzuleiten. Nicht an jeder Anlage könne schließlich ein Vibrationssensor angebracht werden. Und nicht zuletzt seien die Beschäftigten dank ihres produktionstechnischen Know-hows in der Lage, die Leistungsfähigkeit und Robustheit eines KI-Systems zu beurteilen. Der Ingenieur spielt also auch in Zukunft eine wichtige Rolle – wenn auch eine andere.
Hubert P. Büchs, JOPP Group, prognostizierte ein weiteres Anwachsen der Ansprüche hinsichtlich der Arbeitsplätze der Zukunft. So würde die Digitalisierung und Automatisierung noch weiter zunehmen und es würde immer mehr Leistung gefordert werden. Es wäre jedoch nicht automatisch zielführend alle herkömmlichen Prozesse durch Hightech zu ersetzen, man müsse stattdessen vorab prüfen, ob der aktuelle Stand der Technik auch tatsächlich – verglichen mit klassischen mechanischen Maschinen – zu schnelleren und besseren Ergebnissen führen würde. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, riet er kleinen Betrieben dazu, stets den Markt im Auge zu behalten und erschwingliche Cloud- und Open-Source-Technologien zu nutzen und davon zu profitieren.